Jugendheim in Ebensfeld: Wer sind die neuen Nachbarn?
Autor: Lisa Kieslinger
Ebensfeld, Donnerstag, 21. Januar 2016
Viele Ebensfelder zieht es am Abend in das Pfarr- und Jugendheim. Jeder der gut 80 Gäste will wissen, wer in ein paar Wochen in den ehemaligen Gasthof Neuner ziehen wird. Die Verantwortlichen stehen Rede und Antwort.
Kurz vor sieben im Ebensfelder Pfarr- und Jugendheim: Die meisten Stühle sind bereits besetzt, trotzdem kommen immer noch viele Ebensfelder zur Tür rein. Bernhard Storath (CSU), Bürgermeister von Ebensfeld, rückt noch einige Stühle nach, damit jeder Interessierte einen Platz findet: Die Marktgemeinde Ebensfeld hat an diesem Abend zu einer Informationsveranstaltung für das Jugendheim für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, das im Gasthof Neuner entstehen wird, geladen.
Seit Mitte Dezember ist der ehemalige Gasthof im Herzen von Ebensfeld an die Mobilie Betreuung Bamberg, kurz Mobam, vermietet. Dass das Thema Flüchtlinge sehr umstritten ist, ist Bürgermeister Storath bewusst. "Logischerweise gibt es auch viele, die dagegen sind. Deswegen der Infoabend, um das etwas zu entschärfen."
Platz für zwölf junge Flüchtlinge
Im Kreis Lichtenfels leben aktuell laut Lydia Büttner vom Jugendamt des Landratsamtes Lichtenfels zwischen 45 und 50 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. In Burgkunstadt gibt es bereits eine ähnliche Einrichtung, wie die, die in Ebensfeld entstehen wird. Im Gasthof Neuner sollen bereits im Februar zwölf junge Flüchtlinge einziehen. Die Mobam, Träger des Jugendheimes und zuständig für die Betreuung, könnte bereits ab nächster Woche anfangen. Doch noch fehle die Betriebsgenehmigung der Regierung. "Für Ebensfeld haben wir sechs neue Mitarbeiter eingestellt, die die jungen Leute rund um die Uhr betreuen werden", sagt Ralph Wnendt, Bereichsleiter der Mobam. Die jungen Flüchtlinge, die nach Ebensfeld kommen, sind im Alter von 14 bis 17 Jahren. Voraussetzung dafür ist, dass sie bereits vorher in einer anderen Einrichtung waren, die geschaut hat, wie es den jungen Leuten geht. "Nach Ebensfeld kommen sie nur, wenn es ihnen gut geht und wenn sie voll motiviert sind", sagt Wnendt.
Regeln wie in einer Familie
Die Mobam hat vorerst einen Mietvertrag für drei Jahre abgeschlossen. Dann müsse man sehen wie es weiter geht. "Ich glaube nicht, dass die Flüchtlingswelle noch so lange anhalten wird. Deutschland wird es Österreich wahrscheinlich bald nach machen mit der Obergrenze", meint Wnendt. Ob das Jugendheim in drei Jahren noch gebraucht wird, ist offen. Die Familie Neuner hätte aber laut Wnendt immer noch die Vision, dass der Gasthof irgendwann wieder zur Gaststätte wird. Der Heimalltag ist genauso geregelt wie das Familienleben: Es gibt Medienzeiten, Regeln zum Umgang mit Alkohol und Ausgehzeiten. "Als aller wichtigstes ist uns aber der Erwerb der deutschen Sprache. Integration kann nur über Sprache gehen", sagt Wnendt.
Doch die Jugendlichen zu integrieren sei für einen Träger unmöglich. "Dafür brauchen wir euch. Vereine oder Familien, die den ein oder anderen mal am Sonntag zum Essen einladen." Kontaktmöglichkeiten zu den Bereichsleitern werden laut Storath im nächsten Gemeindeblatt stehen. Diskussionen gab es keine. Die meisten Ebensfelder wollten einfach wissen, wer bei ihnen bald in der Nachbarschaft wohnen wird und wie das Jugendheim finanziert wird. Irma Lang aus Ebensfeld fragte, ob nicht eine kleine Willkommensfeier organisiert werden könne, wenn die Flüchtlinge einziehen.
Sie kam vor acht Jahren von Peru nach Deutschland. "Das hätte ich mir damals auch gewünscht", sagt sie. Nach mehreren Stationen in Großstädten kam die Peruanerin nach Ebensfeld. Den Unterschied merkte sie deutlich: "In Ebensfeld kennen sich alle schon sehr lange. Wenn man neu dazu kommt, ist das schwierig. Für die Flüchtlinge wünsche ich mir, dass es für sie anders wird und sie gut integriert werden."
Die häufigsten Fragen in der Informationsveranstaltung
Nationalitäten Aus welchen Ländern die Jugendlichen kommen, können die Verantwortlichen noch nicht sagen. "Aber bei der Gruppenzusammenstellung werden wir darauf achten, dass es nicht zu viele verschiedene Nationalitäten werden, um Konfliktpotenzial vorzubeugen", erklärt Martin Gernlein vom Jugendamt des Landratsamtes Lichtenfels.
Flüchtlinge Die genauen Kosten für die Unterbringung im Jugendheim sind laut Bereichsgruppenleiter der Mobam, Ralph Wnendt, schwer genau zu bestimmen. "Die Kosten für einen Heimplatz eines deutschen Jungen belaufen sich zwischen 3000 und 5000 Euro", sagt Gernlein. Für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge liegt der Aufwand eher am unteren Satz, ergänzt Wnendt.
Kosten Als erstes kommt der Landkreis Lichtenfels für die Kosten auf. "Doch der bekommt die Kosten vom Bezirk refinanziert und dieser wiederum vom Freistaat Bayern", erklärt Lydia Büttner vom Jugendamt.
Mädchen Im Jugendheim, das in Ebensfeld entstehen wird, werden nur junge Männer untergebracht. Allgemein sind laut Wnendt 90 Prozent der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge männlich. Der Grund ist für ihn nahe liegend: "Als Familienvater würde ich meine Tochter auch nicht mit fremden Schleppern gehen lassen. Meinem Sohn würde ich das schon eher zu trauen", sagt er.
Brandschutz Das Brandschutzkonzept, das die Mobam erarbeitet hat, wurde vor kurzem genehmigt. "In jedem Zimmer muss ein Feuermelder sein, der Schrank im Treppenhaus muss abgebaut werden und den Teppich müssen wir gegen einen nicht entflammbaren austauschen", sagt Wnendt. Die Mobam kümmert sich in Zusammenarbeit mit dem Landratsamt um den Umbau. lk