Jürgen Raab bleibt Chef der Backstube

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Jürgen Raab an der Baumkuchenmaschine, die noch sein Vater angeschafft hat. Der Backvorgang der Biskuit-Sand-Masse in dünnen Schichten auf dem Stab vor den glühend heißen Grillstäben erfordert viel Gespür für den richtigen Moment. Auch für den Lichtenfelser Konditormeister ist diese Spezialität etwas nicht Alltägliches. Foto: Ramona Popp
Jürgen Raab an der Baumkuchenmaschine, die noch sein Vater angeschafft hat. Der Backvorgang der Biskuit-Sand-Masse in dünnen Schichten auf dem Stab vor den glühend heißen Grillstäben erfordert viel Gespür für den richtigen Moment. Auch für den Lichtenfelser Konditormeister ist diese Spezialität etwas nicht Alltägliches. Foto: Ramona Popp
Der ehemalige Lichtenfelser Ratskeller
Der ehemalige Lichtenfelser Ratskeller
 
Zeitungsbericht zur Eröffnung aus dem Jahr 1981
Zeitungsbericht zur Eröffnung aus dem Jahr 1981
 

Der Lichtenfelser Konditormeister Jürgen Raab steht als Geschäftsführer weiter in der Verantwortung, wenn es zum Jahreswechsel Veränderungen in dem traditionsreichen Haus gibt. Und er hat einige Ideen für das künftige Korbstadtcafé.

Zu unserem Gespräch kommt Jürgen Raab aus der Backstube. Es ist später Nachmittag, um diese Zeit kann er sich die Pause am ehesten erlauben. Sein Arbeitstag hat um 4 Uhr begonnen, wie jeden Tag. Mit den Vorbereitungen für frische Brötchen fängt der Konditormeister am Morgen als Erster im Untergeschoss des Cafés am Marktplatz an. Die beiden Kollegen kommen um 6.

Viel Raum für Freizeitaktivitäten bleibt einem nicht in diesem Beruf, wenn man sein eigenes Geschäft führt. Jürgen Raab kennt es seit Jahrzehnten nicht mehr anders. Und er will es im Grunde auch nicht anders, denn er ist gern Konditor. Umso mehr missfielen ihm die Behauptungen, mit einem Verkauf des Gebäudes sei das Ende der handgemachten Backwaren am Marktplatz 9 eingeläutet. Leute wollten sogar schon Anlieferungen von Großbäckereien dort beobachtet haben. Raab schüttelt darüber den Kopf.
Lieber will er selbst erklären, was seine Pläne sind, als weiter den Spekulationen ausgesetzt zu sein.

Es stimmt: Das Gebäude ist verkauft. Das habe der "Familienrat" einvernehmlich entschieden, berichtet Jürgen Raab. Er hat noch zwei Schwestern, aber keinen Nachfolger. Seine Mutter Ingeborg, vielen ein vertrautes Gesicht hinter der Kuchentheke, hat sich mit jetzt 74, nach über 50 Jahren im Geschäft, einen Rückzug redlich verdient. Modernisierungen stehen an. Die will Jürgen Raab nun mit zwei Partnern in der gemeinsam gegründeten GmbH stemmen. "Ich bleibe Geschäftsführer", betont er. Damit steht er auch weiterhin persönlich für die Qualität der Backwaren. "Das war mir sehr wichtig, meinen Kunden gegenüber", sagt der 51-Jährige, der seit seinem 22. Lebensjahr in dem Familienbetrieb in der Verantwortung steht.


Anfänge in den 50er Jahren

Vor dem Ausblick auf das Neue soll ein Rückblick auf die Vergangenheit des traditionsreichen Hauses stehen. Die Anfänge des Konditorei-Cafés gehen bis in die späten 50er Jahre zurück. Damals übernahm Hans Raab, der aus einer Lichtenfelser Familie stammte und sein Handwerk in Bad Reichenhall erlernt hatte, das Café Bosch/Müller in der Coburger Straße. Es war dort, wo heute Frisör Kurt Germis seine Kunden bedient, mit Platz für zirka 40 Gäste.

Ende der 70er Jahre fassten die Eheleute Raab den Entschluss, ein neues, größeres Café direkt am Marktplatz zu bauen. Es sollte an der Stelle des baufällig gewordenen Ratskellers, Geburtshaus des Politikers Thomas Dehler, entstehen - gemäß der Vorgabe der Denkmalschutzbehörde mit einer ähnlichen Fassade. Der Entwurf des heimischen Architekten Erich Meyer kam gut an - und das Café mit dann rund 150 Plätzen auf zwei Etagen auch.

Die Zeitungsausschnitte, die Planungs- und Bauphase und schließlich die Eröffnung im Sommer 1981 dokumentieren, hat Jürgen Raab aufgehoben. "In einer Blechdose", wie er schmunzelnd einräumt. Wie die Geschichte weiterging, erzählen die Berichte über das stattliche Gebäude aber nicht. Ein Jahr nach der Eröffnung starb Hans Raab. "Das war eine harte Zeit damals", erinnert sich der Sohn nachdenklich. Es war für die ganze Familie ein Schicksalsschlag. Für ihn bedeutete es neben dem Verlust des Vaters die sofortige Verantwortung.

Jürgen Raab wollte damals gerne noch ein weiteres Jahr andernorts tätig sein, um Erfahrungen zu sammeln - nach seiner Ausbildung in Nürnberg und einer ersten Anstellung als Geselle in Garmisch. Doch diese Pläne wurden jäh durchkreuzt. Der Junior sollte sofort in den elterlichen Betrieb zurück. Die Meis terschule absolvierte er in Teilzeit, nach den normalen Arbeitstagen, über zwei Jahre hinweg.

Jürgen Raab, der schon als Kind in der Backstube mitgeholfen hat, kam der familiären Verpflichtung in jungen Jahren nach. Da wundert es nicht, dass er sich heute, nach rund drei Jahrzehnten, eine Weichenstellung wünschte, die der Tradition des Hauses gerecht würde.


Neuer Name

Der neue Name ist gesetzt: "Korbstadtcafé" wird ab Januar an der Fassade stehen, innen will man schrittweise für ein zeitgemäßeres Ambiente sorgen. Unten in der gewohnten Kaffeehaus-Atmosphäre, aber heller, im Obergeschoss im Lounge-Charakter.

Raabs Ideen beschränken sich nicht auf die Optik. Er möchte ausprobieren, ob eine Ausweitung der Öffnungszeiten in die Abendstunden mit einem zusätzlichen Speisenangebot im Bistro-Stil in Lichtenfels funktioniert. Nach seinen Überlegungen könnte man dann an einem Sommerabend draußen sitzen, auf dem Marktplatz, und ein Steak essen. Oder Sonntagvormittag zum Brunch kommen.

Eine Entlastung verspricht sich Raab von der neuen GmbH - ein bisschen weniger Verwaltungsaufgaben, das wäre ihm Recht. Was die Konditorei angeht, da setzt Jürgen Raab auf Bewährtes. Die "Mandeltreppen", die schon sein Vater einst aus Plunderteig herstellte, sind heute noch beliebt und werden, das versichert er, weiterhin in der Kuchentheke zu finden sein. In der Backstube sieht er nämlich auch in Zukunft seinen Platz.