Inklusion könnte schon weiter sein
Autor: Alfred Thieret
Lichtenfels, Montag, 28. April 2014
Beim Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung fiel der Rückblick auf das bisher Erreichte durchwachsen aus. Beispielhaft sind hingegen zwei Wohnprojekte im Landkreis Lichtenfels.
Großen Widerhall fand der Europäische Protesttag für Menschen mit Behinderung auf dem Marktplatz in Lichtenfels. Dieser Aktionstag, den das Heilpädagogische Zentrum der Caritas (HPZ) unter der Federführung der Offenen Behindertenarbeit organisierte, möchte die Inklusion - die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen in der Gesellschaft - fördern. Die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderungen sollen verbessert werden.
Das Rahmenprogramm war sehr umfangreich. Ständigen Auftritte der Trommelgruppe "Feuer und Flamme" der Tagesstätte St. Anna wechselten mit Auftritten der Zumbagruppe der Außenwohngruppe des Wohnheims St. Elisabeth,. Interessenten konnten einen Flechtworkshop besuchen, bei dem unter der Anleitung von Heinrich Geßlein ein Dekorationsweidenherz entstand. Das Café der Inklusion der St. Katharina-Schule lud zum Verweilen.
Die Aktion Mensch weist heuer wieder mit dem Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung auf Grenzen und Hürden hin, die abgebaut werden müsste, betonte die HPZ-Gesamtleiterin Maria Wiehle. Seit 1992 bestehe der Aktionstag bereits, und über die Jahre habe man immer mehr die Aufmerksamkeit auf die Anliegen von Menschen mit Behinderung lenken können. Heuer wolle man unter dem Motto "Schon viel erreicht, noch viel mehr vor" eine Bilanz ziehen.
Die UN-Konvention verpflichte die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen zu treffen, um Hindernisse und Zugangsbarrieren zu beseitigen und auch das Gleichstellungsgesetz für Bayern fordere eine bessere Integrierung von Behinderten. Um den Menschen hier in Lichtenfels dies alles zu erleichtern, bat Wiehle, beim Café der Inklusion mitzumachen und die eigenen Ideen und Vorstellungen einer inklusiven Gesellschaft kundzutun.
Das HPZ möchte vor allem auf die Probleme der Menschen mit einer geistigen Behinderung hinweisen, auf die nach wie vor bestehenden Berührungsängste und auf die Schwierigkeiten, Kontakte zu knüpfen. Dazu sei aber ein Umdenken aller Menschen nötig.
"Wir wollen nicht nur über Inklusion reden, wir wollen etwas dafür tun, und wir wollen sie aber vor allen Dingen auch einfordern", unterstrich Wiehle mit Bestimmtheit. Professionelle Arbeit mit Menschen mit Behinderung werde zunehmend eine Netzarbeit im sozialen Raum, die eine bürgerschaftliche Perspektive benötige, meinte der stellvertretende Caritasdirektor Helmar Fexer.
Damit lägen noch wesentliche Entwicklungsaufgaben vor allesn beteiligten, bis aus den gemeinsam entwickelten Sondereinrichtungen für Menschen mit Behinderungen individuell passende Wohnformen mit verlässlicher Unterstützung geworden seien. Beispielgebend nannte er mit Altenkunstadt und Bad Staffelstein zwei Orte, in denen gemeinsam mit der Caritas beim Wohnmodells "In der Heimat wohnen" barrierefreier, sozialhilfefester Wohnraum für Familien, Senioren und Menschen mit Behinderung geschaffen worden sei.
Landrat Christian Meißner verwies auf eine weitere im Sinne des Inklusionsgedankens entstehende Außenwohngruppe des HPZ im Gebäude des ehemaligen Schwesternhauses neben der Lichtenfelser Stadtpfarrkirche. Der Landkreis unterstütze auch die Einrichtung einer sonderpädagogischen Stütz- und Förderklasse ab kommenden Schuljahr an der St. Katharina-Schule für Schüler mit sehr hohem Förderbedarf im Bereich emotionale und soziale Entwicklung, betonte der Landrat.
Einer der Schwerpunkte des Europäischen Protesttages war, als die Hauptorganisatorinnen des Protesttags - Ivonne Hagenbucher (Leiterin der Offenen Behindertenarbeit) und ihre Kollegin Franziska Blaut - die Netzwerkarbeit darstellten, ohne die eine funktionierende Inklusion nicht möglich wäre. Sie rief etwa 20 Vertreter von Vereinen und Organisationen auf, die die Arbeit des HPZ gerade im Hinblick auf Inklusion unterstützen, damit diese die zahlreichen auf dem Marktplatz im Kreis aufgebauten gelben Hütchen mit Seilen verbanden. So wurde das vorhandene Netzwerk, das noch weiter ausgebaut werden soll, symbolisch dargestellt.
Um vollständige Inklusion erreichen zu können, brauche es noch mehr ehrenamtliche Helfer auch aus Vereinen und Verbänden, machte Hagenbucher deutlich.