Druckartikel: In Kösten entsteht eine WG für alle Generationen

In Kösten entsteht eine WG für alle Generationen


Autor: Christian Bauriedel

Kösten, Dienstag, 29. Januar 2013

Helmut Wesolek will sich in Kösten eine leerstehende Scheune als Altersruhesitz ausbauen. Doch er möchte nicht alleine wohnen: Eine Mischung aus Alt und Jung soll sich in einem Mehrgenerationenhaus gegenseitig unterstützen.
Der 62-jährige Helmut Wesolek hat die nötige Fantasie: Er möchte die denkmalgeschützte Scheune in Kösten zu einer Wohngemeinschaft ausbauen, in der bis zu zwölf junge und alte Menschen zusammen leben sollen. Foto: Christian Bauriedel


Bauherren brauchen viel Fantasie. Egal ob sie sich ein Grundstück kaufen und einen Neubau planen, oder ob sie ein vorhandenes Gebäude modernisieren wollen: Wer baut, muss sich bildlich vorstellen können, wie etwas in Zukunft aussehen wird. Beim Bauprojekt von Helmut Wesolek geht es in zweierlei Hinsicht um die Zukunft: Zum einen muss er bei seinem Vorhaben an die ganz normalen Fragen denken, die beim Bauen anstehen. Baustoffe, Statik und die Finanzierung. Auf der anderen Seite ist das, was der 62-Jährige in Kösten plant, auch in ganz anderer Hinsicht ein zukunftsweisendes Modell.

Wesolek will eine leerstehende, denkmalgeschützte Scheune in der Alten Dorfstraße des Lichtenfelser Ortsteils als Alterswohnsitz ausbauen. Allerdings möchte er dort nicht nur mit seiner Familie einziehen, sondern er plant ein Mehrgenerationenhaus, also eine Wohngemeinschaft, in der Menschen in ganz unterschiedlichem Alter miteinander leben sollen.



Platz für acht bis zwölf Personen

Acht bis zwölf Personen sollen hier in sieben Wohneinheiten einmal wohnen. Zwar habe dann jeder in seinem Bereich eine kleine Kochnische und ein Bad, aber der zentrale Ort soll der Gemeinschaftsraum mit der großen Küche werden. "Natürlich kann jeder seine Tür hinter sich zumachen, wenn er seine Ruhe haben möchte. Das Konzept sieht aber vor, dass man sich gegenseitig unterstützt", betont der Bauherr bei einem Rundgang über das Anwesen. Die jüngeren Mitbewohner könnten sich um die Alten kümmern. Im Gegenzug könnten diese hin und wieder auf die Kinder aufpassen und in Haushalt und Garten mithelfen. Einige Interessenten für das Mehrgenerationenhaus gebe es schon, aber es seien noch Plätze frei: "Ich kann mir vorstellen, dass alleinerziehende Mütter mir ihren Kindern genauso von der WG profitieren können wie pflegebedürftige Senioren." Der Großteil der Wohnbereiche, die ein bis drei Zimmer haben sollen, seien alle behindertenfreundlich ausgelegt. Und auch ein Aufzug sei eingeplant.

Im Alter nicht alleine sein

Erfahrung mit alternativen Wohnprojekten hat Helmut Wesolek, der ursprünglich aus Berlin stammt und seit gut 15 Jahren in Kronach lebt, schon länger. Als Sproß der 68er-Generation habe er in den Siebzigern mit zu den Ersten gehört, die im Berliner Stadtteil Kreuzberg Wohngemeinschaften gründeten. Die Idee, sein Alter in einem Mehrgenerationenhaus zu verbringen, hatte er schon länger. Von seiner Mutter kenne er das Konzept der Alten-WG bereits. Dabei handelte es sich allerdings um demenzkranke Menschen, die sich ihre Mitbewohner nicht aussuchen konnten. "Es geht mir einfach darum, im Alter nicht alleine zu sein. Und da ich meine Zukunft selbst bestimmen will, fange ich lieber früher an, bevor es zu spät ist."

Im Jahr 2011 hat er den Bauernhof in Kösten gekauft. "Meine Frau und ich sind gerne am Main. Im Sommer sind wir oft auf dem Campingplatz in Ebensfeld. Die Menschen hier sind einfach warmherzig", schwärmt Helmut Wesolek von seinem zukünftigen Zuhause am Obermain.

Im Februar möchte er mit dem Abriss des alten Schweinestalls beginnen. Auch das ehemalige Wohnhaus soll weichen. Die Substanz sei einfach marode, und auch das Dach sei nicht mehr zu retten. Ausgebaut werde nur die Scheune und ein Teil des Kuhstalls. Insgesamt rechnet Wesolek mit Kosten von 600 000 bis 800 000 Euro. Aber die Finanzierung sei momentan so günstig wie nie, betont Wesolek, der auch mit KfW-Zuschüssen für Denkmalschutz, energetisches Bauen und Mehrgenerationen-Projekte kalkuliert.

Bauausschuss ist einverstanden

Das Alter des Sandsteinbaus schätzt er auf etwas mehr als 100 Jahre. Aus Sicht des Denkmalschutzes spreche absolut nichts gegen das Vorhaben, so Wesolek. Im Gegenteil: Der zuständige Denkmalschützer freue sich sogar darüber, dass das alte Gebäude eine neue Nutzung bekommt. Der Antrag auf Umbau der Scheune ist am Dienstag, im Bauauschuss der Stadt Lichtenfels befürwortet worden.

Im Sommer soll es losgehen. Zu tun gibt es sehr viel, zumal Helmut Wesolek so viel wie möglich von der alten Substanz erhalten will. "Der Dachstuhl ist noch in Ordnung. Die alten Balken möchte ich auch belassen, wenn es möglich ist", erklärt Wesolek und blickt in der dusteren Scheune nach oben.
Damit das momentan noch relativ zugige Gemäuer bewohnbar wird, wolle er als Wärmedämmung ganz traditionell ein Lehm-Stroh-Gemisch verwenden und das Innere mit Lehm verputzen.

Allgemein legt Helmut Wesolek, der bei den Grünen aktiv ist, Wert auf Ökologie. Das Haus soll daher mit regenerativer Energie versorgt werden. Neben Photovoltaik möchte Wesolek eine thermische Anlage einbauen, mit einem alten Güllebehälter als Wärmespeicher.

Im Garten soll es später einen Schwimmteich geben, in dem die Bewohner ihre Bahnen ziehen können. Ob das bei ihm im Alter noch geht, das müsse sich zeigen, sagt der zukunftsweisende Bauherr und schmunzelt.