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ICE-Halt Lichtenfels: Kritik an der Bahnpolitik


Autor: Andreas Welz

Lichtenfels, Mittwoch, 14. August 2013

Bei einer Begehung des Lichtenfelser Bahnhofs sprachen SPD-Politiker mit Bürgern über die Zukunft der ICE-Strecke und den Halt der Züge in der Kreisstadt.
Wie lange werden wohl noch ICEs in Lichtenfels halten? Foto: Andreas Welz


Mit dem Wegfall des ICE-Halts in Lichtenfels 2017 beschäftigten sich Abgeordnete und Wahlkandidaten der SPD zusammen mit Bürgern aus Lichtenfels und Ebensfeld bei einem Ortstermin im Bahnhof Lichtenfels. Eingeladen hatte der SPD-Bundestagskandidat Simon Moritz, der für den Wahlkreis Lichtenfels-Kulmbach antritt. Ein Patentrezept für den Erhalt der ICE-Strecke von Lichtenfels über Saalfeld nach Erfurt konnte er nicht vorlegen, genauso wenig wie der Bundestagsabgeordnete Martin Burkert, der Landesgruppenchef der bayerischen SPD und Mitglied im Verkehrsausschuss ist.


"Halt in Coburg reicht nicht"

Susann Biedefeld pochte darauf, dass die Region nach der Inbetriebnahme der Neubaustrecke Ebensfeld-Erfurt nicht schlechter als vorher gestellt werden dürfe. Mit dem Halt in Coburg in Tagesrandzeiten sei es nicht getan und zudem sei dies mit einem großen Fragezeichen versehen. Ralf Pohl, Landtagskandidat, sah Lichtenfels zukünftig von den Bahnfernstrecken abgehängt. Er favorisierte eine IC-Linie Leipzig-Nürnberg ab 2017 mit Halt in Kronach und Lichtenfels. Hier müssten bereits jetzt die Weichen gestellt werden. Er forderte eine Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs unter Berücksichtigung des demographischen Wandels. Er sah den Freistaat Bayern beim Regionalverkehr in der Pflicht.

Der ehemalige Landtagsabgeordnete Otto Schuhmann erinnerte an den Strukturwandeln in Lichtenfels, der durch die von Jahr zu Jahr geringere Bedeutung des Bahnhofs bedingt sei. Früher sei der Bahnhof der größte Arbeitgeber und ein Magnet in Lichtenfels gewesen. Die Eisenbahngewerkschaft hatte dort ihren Sitz. Er verglich den schleichenden Prozess der Bedeutungslosigkeit des Bahnhofs mit dem Abstieg der einstmals mächtigen Schuhindustrie in Burgkunstadt.


Moritz will Elektrifizierung

"Schienenverkehr ist Daseinsvorsorge", machte Bundestagskandidat Simon Moritz deutlich. Er betonte die volkswirtschaftliche Bedeutung der Bahn, die nicht nur betriebswirtschaftlich ausgerichtet sein dürfe. Er machte sich stark für die Elektrifizierung der Bahnstrecke von Lichtenfels nach Kulmbach. Moritz forderte auch die Liberalisierung des Bus-Fernreiseverkehrs. Er bedauerte, dass der Bundestag den Vorschlag der SPD abgelehnt habe, eine Maut für Fernreisebusse einzuführen, um damit die Infrastruktur an den Haltestellen zu verbessern. Die Bahn und auch der Bund sähen sich nicht in der Pflicht - die Kommunen müssten jetzt die Kosten tragen.
Einige ältere Teilnehmer und Mitglieder der Eisenbahngewerkschaft stellten eine Talfahrt der Bahn fest, die durch die Privatisierung unter Bahnchef Mehdorn ausgelöst worden sei. Die weitere Privatisierung, zum Beispiel durch den dieselbetriebenen Schienenverkehr, müsste unterbunden werden. Stadtrat Roland Lowig von der Wählervereinigung Leuchsental-Jura machte sich für den Personennahverkehr stark und pochte auf die Aufnahme in den Verkehrsverbund Großraum Nürnberg.

Die Inhaberin des Bahnhofskiosks, Gertraud Dorsch, zog nach fünf Jahren der Schließung der Bahnhofstoilette eine vernichtende Bilanz. Die Situation habe sich verschlimmert. Bahnreisende, die nicht Gäste ihres Bistros seien, wünschten mit Nachdruck die Benutzung ihrer Gaststättentoilette. Auch Behinderten müsse sie den Zutritt verweigern, da die Toilette nicht behindertengerecht sei.


Uneinigkeit bei Bahnhofstoilette

Stadt- und Kreisrat Winfred Bogdahn forderte den Gesetzgeber auf, für öffentliche Toiletten in Bahnhöfen zu sorgen. Er schob die Schuld an der geschlossenen Toilette nicht nur der Bahn zu. Sie habe sich bereit erklärt, für den Unterhalt zu sorgen, falls die Stadt Lichtenfels die Sanierung übernehme. Dies sei im Stadtrat mehrheitlich nicht durchzusetzen gewesen. Er betonte, dass hier noch nicht das letzte Wort gesprochen sei.

Nicht gerade optimistisch blickte Bundestagsabgeordneter Martin Burkert in die Zukunft des Schienenverkehrs. Er wolle die Anregungen aus der Gesprächsrunde mit nach Berlin nehmen und dem Verkehrsausschuss vorlegen, sagte er. Die schleppende Entwicklung im Schienenverkehr in Deutschland lastete er der Regierung an. Sie gebe in den Ausschreibungen für die Fahrpläne vor, wann und wo ein Zug halte oder in welcher Zeit ein Bahnhof geöffnet oder geschlossen werde. Außerdem würden die zur Verfügung stehenden Mittel zur Sanierung oder den Ausbau des Schienennetzes und der Bahnhöfe nicht ausgegeben, kritisierte er. "Alles was mit der Bahn zu tun hat, schiebt die Regierung vor sich her."