Hilfe zur Erziehung in Vierzehnheiligen
Autor: Andreas Welz
Vierzehnheiligen, Mittwoch, 03. Juli 2013
Klosterleben ist modern und vielseitig. Da hat sich bei den Franziskusschwestern in Vierzehnheiligen in 100 Jahren einiges geändert. Diesmal geht es um den Konradshof. Hier wird Eltern geholfen, die auf Grund ihrer Lebenssituation Unterstützung benötigen.
Die Mutter-Vater-Kind-Einrichtung Konradshof in Vierzehnheiligen bietet neuen Lebensraum für Familien. Mütter und Väter, die auf Grund ihrer persönlichen Lebenssituation Unterstützung benötigen, finden hier ein Hilfeangebot. Trägerin der Einrichtung ist die Kongregation der Franziskusschwestern von Vierzehnheiligen. Auf der Grundlage ihres christlichen Menschenbildes ist es den Franziskanerinnen wichtig, dass die Menschen, die bei ihnen leben, auf der Suche nach Sinn und Hoffnung begleitet werden. Im Rahmen unserer Serie "100 Jahre Franziskus schwestern in Vierzehnheiligen" stellen wir den Konradshof vor.
Die Tür zum Leben öffnen
Der Name Konradshof geht zurück auf den Bauernhof, der 50 Jahre an diesem Ort stand. Der heilige Konrad war Pförtner im Kapuzinerkloster St. Anna in Altötting und wirkte dort 42 Jahre segensreich bis zu seinem Tod 1894.
Die Schwestern haben den Namen nicht geändert, hoffen sie doch, dass auch den hier lebenden Müttern; Vätern und Kindern die Türen zum Leben geöffnet werden. Die Leiterin des Hauses, Schwester Dorothea Köhler, wünscht sich, "dass in der Gesellschaft ein Bewusstsein wächst, dass die Unterstützung von sozial benachteiligten Familien wichtig und notwendig ist. Dadurch bekommen die Kinder eine Chance, aus der Armutsspirale auszusteigen".
Im Mutter-Vater-Kind-Haus soll die Persönlichkeit der Mütter und Väter gestärkt werden, um sie zu einem selbstständigen Leben zu befähigen. "Viele der bei uns lebenden Frauen haben in der Vergangenheit Erfahrungen gemacht, die sie in ihrem Selbstbewusstsein nicht gestärkt haben", sagt Schwester Dorothea. Der Konradshof bietet neben dem Angebot an professioneller Hilfe auch einen Lebensraum an, in dem die Bewohnerinnen sich angenommen und wertgeschätzt fühlen.
Das Unterstützungsangebot ist individuell auf die Bedürfnisse und jeweilige Lebenslage der Mütter, Väter und Kinder zugeschnitten. "Wir versuchen in unserer Arbeit an den vorhandenen Stärken der Bewohner anzusetzen und diese auszubauen. Fehlt es den Frauen und Männern an konkreten Kompetenzen, werden sie angeleitet und unterstützt", berichtet die Leiterin.
Das vorrangige Ziel ist die gemeinsame Zukunft für Mutter und Kind. In manchen Fällen schaffen es die Mütter nicht, oft aufgrund ihrer eigenen schwierigen Biografien, eine tragfähige Mutter-Kind-Beziehung aufzubauen. "Dann begleiten wir sie auf dem Weg, das Kind in eine Pflegefamilie zu geben und unterstützen sie, eine Zukunftsperspektive für sich selbst zu finden."
Eigenverantwortung lernen
Ein eigenverantwortliches Leben und eine erfolgreiche Integration in die Gesellschaft werden entscheidend bestimmt durch die Möglichkeit einer eigenständigen Sicherung des Lebensunterhaltes. Um eine Berufsausbildung zu erreichen, bietet sich für einige Frauen die Berufsfachschule St. Kunigund an. Hier können junge Frauen eine Ausbildung zur Hauswirtschaftshelferin oder zur Kinderpflegerin absolvieren.
"Fast in jedem Jahr schließt eine Bewohnerin in der Schule ihre Ausbildung ab. Das ist eine große Leistung für unsere Mütter, denn sie müssen neben der Ganztagsschule ihren Haushalt organisieren und ihr Kind versorgen und wer das geschafft hat, kann wirklich stolz auf sich sein", sagt Schwester Dorothea.
Das pädagogische Team im Konradshof besteht aus sechs sozialpädagogischen Fachkräften. Die hauswirtschaftliche Leitung hat Schwester Eliana Rattler, Lehrerin für Kinderpflege und Hauswirtschaft, übernommen.
Das oberste Ziel der Arbeit im Konradshof ist es, die Eltern darin zu unterstützen, dass sie eine stabile, tragfähige und liebevolle Eltern-Kind-Beziehung aufbauen können. Es ist das Fundament und die Voraussetzung für eine gemeinsame Zukunft von Mutter und Kind. Hierfür gibt es, neben der täglichen Betreuungsarbeit,besondere Förderangebote. "Pekip" als ein bekanntes Entwicklungsförderungsprogramm und Entwicklungspsychologische Beratung anhand von Videoaufzeichnungen werden in der Einrichtung angeboten. Viele, gerade sehr junge Eltern, brauchen eine Unterstützung, um die "Sprache" ihres Kindes verstehen zu lernen und angemessen reagieren zu können.
Um später eigenständig in einer eigenen Wohnung mit Kind leben zu können, ist es wichtig, den Alltag gut bewältigen zu können. Für dieses Ziel gibt es viel praktische Unterstützung im hauswirtschaftlichen Bereich.
Schwester Eliana als Hauswirtschaftslehrerin weiß, wie man putzt, wäscht und kocht. Gerne wird auch das Angebot angenommen, im Garten Gemüse und Kräuter selbst anzubauen. Hinzu kommt eine fachliche Unterstützung beim Umgang mit Ämtern und Behörden. Finanzielle Angelegenheiten werden geregelt und ein wirtschaftlicher Umgang mit Geld wird eingeübt.
Wichtige Kontakte pflegen
Partner und wichtige Bezugspersonen aus der Herkunftsfamilie und dem sozialen Umfeld werden in die Arbeit einbezogen. So haben die Bewohner die Möglichkeit, diese für sie wichtigen Kontakte weiter zu pflegen. Bei Konflikten, zum Beispiel mit dem Partner oder den Eltern, besteht das Angebot zu klärenden Gesprächen mit den Sozialpädagoginnen.
Jede Familie bewohnt eine eigene, modern ausgestattete Wohnung. Es stehen vier Zwei-Zimmer-Wohnungen und vier Drei-Zimmer-Wohnungen zur Verfügung. Sie sind teilmöbliert und können von den Müttern nach ihren Wünschen mit eigenen Möbeln gestaltet werden.
"Es ist uns wichtig, dass der Konradshof nicht den äußeren Eindruck eines Heimes macht, sondern wie ein Wohnhaus aussieht", betont Schwester Dorothea. "Somit ist der Wohnraum lebensnah, ähnlich einer eigenen Wohnung." Der Spielplatz hinterm Haus, die vielen Grünanlagen und der Streichelzoo mit Ziegen, Hasen und Enten ist ein kleines Paradies für Kinder. Die Landschaft und die Nähe zur Natur unterstützen eine ganzheitliche Entwicklung der Bewohnerinnen und ihrer Kinder.
Neben der Unterstützung der Mütter und Väter ist die Förderung der Kinder besonders wichtig. Eine besondere Betreuungsleistung ist die einrichtungsinterne Kinderbetreuung. Hier werden die Kinder im Alter von sechs Monaten bis drei Jahren von Montag bis Mittwoch von 8.30 bis 12 Uhr betreut.
Aufgabe der Kinderbetreuung ist, die Kinder gezielt zu fördern und den Müttern oder Vätern einen Freiraum zu geben, um ein berufliches Praktikum ausüben zu können. Da das Konzept des Konradshofs kein Ganztagskinderbetreuungsangebot bereithält, wird den Bewohnern bei der Organisation eines Krippen- oder Kindergartenplatzes oder einer geeigneten Tagesmutter geholfen.
Die Dauer des Aufenthaltes richtet sich nach dem individuellen Unterstützungsbedarf. Es wird versucht, die Aufenthaltsdauer möglichst kurz zu halten. Die Hilfe wird beendet, sobald die Ziele soweit erreicht sind, dass der Grad der erreichten Selbstständigkeit einen Auszug möglich macht. So wird etwa in diesem Herbst eine Mutter mit ihrem fünfjährigen Sohn ausziehen, die während ihres dreijährigen Aufenthaltes im Konradshof die Ausbildung zur Kinderpflegerin geschafft hat.
Die Bewohner werden auch bei der Planung des Auszuges begleitet: Sie bekommen Unterstützung bei der Wohnungs-, Arbeitsplatz- und Kindergartensuche sowie bei Antragstellungen und Behördengängen. Sollte eine ambulante Betreuungsform notwendig sein, motiviert das Team die Eltern, eine Sozialpädagogische Familienhilfe beim zuständigen Jugendamt zu beantragen.
40 Mütter seit Bestehen
Schwester Dorothea ist mit dem Erfolg der Arbeit zufrieden. Seit Bestehen des Konradshofs im November 2001 konnten 40 Mütter nach dem Aufenthalt im Konradshof in eigene Wohnung ziehen. Sie führen heute mit ihren Kindern ein selbstständiges und eigenverantwortliches Leben.