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Haariger Samstag für Club-Fans aus Wiesen


Autor: Markus Häggberg

Bad Staffelstein, Freitag, 09. Mai 2014

Anhänger des 1. FC Nürnberg zu sein, erfordert hohe Leidensfähigkeit. Vier von ihnen, die im Fanclub Wiesen aktiv sind, haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Ein namhafter Trainer hingegen schon.
Die Hoffnung stirbt zuletzt: die vier treuen Club-Fans aus Wiesen  Fotos: Markus Häggberg


Franken leidet. Am Samstag, um 17.15 Uhr wird sich weisen, ob der Club aus der 1. Fußball-Bundesliga abgestiegen ist oder auf Schalke das Wunder von Gelsenkirchen geschafft hat. Der Obermain fiebert mit, denn der 1. FC Nürnberg hat hier besonders viele Fanklubs. Vier Leidende des Fanclub Wiesen und Umgebung hoffen und bangen und üben sich in Zweckoptimismus. Bis zum Erscheinen dieser Zeitung wissen sie nicht, was ein namhafter Trainer aus der Region darüber denkt.

Von Wallfahrt bis Geldspende

300 oder gar 450 Euro würde Ottmar Kerner spenden, wenn ihm damit gewährt würde, dass der 1. FC Nürnberg nicht absteigt.

Helena Tiebel würde gar für den guten Zweck "einen Monat ehrenamtlich arbeiten gehen". Siegfried Malz würde seinem Spezi Georg Scheer ernstlich "zwei Jahre lang Unterstützung bei der Küchenarbeit" im Vereinsheim leisten. Und Georg Scheer wiederum würde eine Wallfahrt machen. Da sitzen sie nun beisammen am Küchentisch von Ottmar Kerner, dem kommissarischen Vorsitzenden des Fanklubs. Vier Personen, die dem Samstag mulmig entgegensehen. Vier Personen nennt man mitunter ein Kleeblatt, aber das wäre hier nicht angebracht, denn die SpVgg Fürth trägt dieses im Wappen. Pikant also, denn Fürth ist bekanntlich der Erzfeind der Nürnberger. Die Spitze der Hoffnung gipfelt an diesem Tisch in der Vorstellung eines Relegationsfinales zwischen Nürnberg und Fürth.

Das ist möglich und wäre Kerners Traum. Weil man dann gewänne und dem Rivalen gleich noch einen Dämpfer dazu verpassen könnte. Aber wenn das Spiel verloren ginge, "dann wäre der Club am Ende". Ein "kleiner Weltuntergang", wie Helena Tiebel es ausdrückt. Auch sie ist leidenschaftlicher Fan der Mannschaft von der Noris. Und abstiegserfahren.

Frage in die Runde: Wenn ein Masochist zu Ihnen käme und Sie fragen würde, welchen Verein Sie ihm empfehlen würden, was würden Sie ihm raten? "Für Masochisten wäre der Club der richtige Verein", meint Kerner lachend. "FCN!", sagt auch Siegfried Malz und Georg Scheer hält sich weniger für einen Masochisten denn für einen Optimisten. Wenn da nicht die Historie wäre und das böse Omen, welches eine Duplizität der Ereignisse befürchten lässt. 2008 nämlich stieg Nürnberg am letzten Spieltag ab. Der Gegner hieß - Schalke 04.

Bei allem Optimismus haben die vier Herrschaften im vorgerückten Alter schon eine Menge Trauerarbeit wegen ihres Clubs leisten müssen. Schließlich ist der Club, der einstige Rekordmeister, auch Rekordabsteiger. Ein Blick auf die letzte Trauerarbeit am Saisonfinale 2008: "Ich konnte mich aber eine Woche lang gar nicht ablenken", sagt Helena Tiebel. Georg Scheer hat sich "hinter den Schal verkrochen", als er das Stadion verließ. "Und dann freilich ein paar getrunken." Getrunken hat auch Ottmar Kerner. "Zur Beruhigung", wie er schmunzelnd äußert. Aber Schlagseite habe er gehabt und diesmal würde er wieder etwas trinken. "Aber nicht mehr so viel."

Der Mensch verfügt über Fantasie und Realitätssinn, über Hoffnungen und Befürchtungen. Im Folgenden äußert sich das Kleeblatt zu seinen Wunschergebnissen beim Spielausgang gegen Schalke 04 und dem wohl realistischeren Ausgang (in Klammern). Helga Tiebel setzt auf ein 2:0 und kann nicht gegen ihren Club prognostizieren. Kerner hofft auf ein 2:1 (0:4), Malz auf eine 1:1 (3:3) und Georg Scheer auf ein 1:0 (0:1).

Und die Taktik? Die Dame des Kleeblatts glaubt, "die (Nürnberger) werden erst den Gegner abtasten und einschätzen versuchen". An vier Stürmer glaubt gar Malz, und Kerner tippt auf einen "verhaltenen Anfang" und ein Spiel "aus gesicherter Deckung heraus". Zumindest in der ersten Halbzeit. Georg Scheer sieht es nicht anders und ist sich des "defensiven Beginns" sicher.

Adi Pinter ist ein namhafter Trainer und mittlerweile schon lange Oberfranke. Er war Assistenz-Trainier unter dem legendären Ernst Happel, jenem Grantler, der mit dem HSV zwei Meisterschaften einfuhr. "Für das kommende Spiel sehe ich keine reelle Chance. Für Schalke geht es um sehr viel Geld.(Nürnberg) zittert wie Espenlaub und die dürfen schauen, dass sie hinten keinen reinkriegen." Aber er wird noch deutlicher: "Ihnen werden die Mittel und Möglichkeiten fehlen", und "sie werden total eingehen und können nur auf Gott vertrauen". Auf die Taktik angesprochen, meint Pinter: "Wenn sie versuchen, mit Schalke mitzuhalten, werden sie eine Abreibung kriegen, die historisch ist." Auch darum, weil er glaubt, dass "einige Spieler mental schon nicht mehr beim Club sind".