Gesundheit: Insolvenzwelle bei Krankenhäusern - Existenzangst in ländlichen Regionen
Autor: Agentur dpa
Lichtenfels, Mittwoch, 11. Oktober 2023
In vielen Krankenhäusern geht die Existenzangst um. Müssen Kliniken schließen, wird das voraussichtlich vor allem ländliche Regionen treffen.
Unter Deutschlands Krankenhäusern zeichnet sich die befürchtete Insolvenzwelle ab: Seit November 2022 haben nach Zahlen der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) innerhalb eines knappen Jahres 26 Träger mit insgesamt 34 Krankenhäusern Insolvenz angemeldet. Weitere Pleiten sind in mehreren Fällen dadurch abgewendet worden, dass die örtlichen Kommunen als Retter einspringen.
"Die eine Frage ist, überleben die Krankenhäuser die nächste Zeit, bis eine Reform in Kraft tritt? Da hat sich die Lage weiter verschlechtert, weil die Kosten-Erlös-Schere weiter auseinandergegangen ist", sagt DKG-Vizepräsident Thomas Lemke, im Hauptberuf Vorstandsvorsitzender der Sana-Kliniken in Ismaning bei München. Am 25. Oktober werden Lemke und eine ganze Reihe Fachleute bei einem Expertenforum der Unternehmensberatung RS Medical Consult in Berlin die angespannte Lage diskutieren.
Insolvenzwelle bei Krankenhäusern - Örtliche Kommunen als Retter
Die Insolvenzen bedeuten bislang in der großen Mehrheit der Fälle nicht die Schließung, aber sehr viele Häuser sind in Not. Nach einer Umfrage der Unternehmensberatung Roland Berger unter den 600 größten deutschen Kliniken aus dem Sommer schreibt über die Hälfte rote Zahlen.
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Ein Beispiel: Der Klinikverbund Regiomed mit sieben Krankenhäusern in Oberfranken und Thüringen. Wegen Insolvenzgefahr haben die Gesellschafter jüngst entschieden, die Kliniken an die jeweiligen Kommunen zu übertragen. "Mit allen Folgen gerade finanzieller Art, denn jeder Euro der Kommunen kann - wie bei jedem Privaten auch - nur einmal ausgegeben werden", sagt Christian Meißner (CSU), Landrat des Kreises Lichtenfels und Vorsitzender der Gesellschafterversammlung. Geld, welches an die Krankenhäuser gegeben werden müsse, fehle in anderen Bereichen wie Schulen oder Straßen.
"Im schlimmsten Fall findet eine Privatisierung der Krankenhauslandschaft durch Insolvenzen statt, wo sich die privaten Krankenhausbetreiber die Filetstücke, die Geld bringen, heraussuchen", sagt der Kommunalpolitiker. "Der Rest - vermutlich hauptsächlich im ländlichen Raum - müsste dann abgewickelt werden."
Geld für Krankenhäuser fehlt in anderen Bereichen
Das Bundesgesundheitsministerium verweist darauf, dass kein Land in Europa außer Österreich pro Kopf mehr für Krankenhäuser ausgebe als Deutschland. Und mit mehr als 1700 Kliniken ist die Krankenhausdichte demnach größer als in jedem anderen Land Europas.
"Da sich viele Krankenhäuser nicht mehr wirtschaftlich betreiben lassen, gehen viele Experten davon aus, dass ohne die Krankenhausreform bis zum Jahr 2030 25 Prozent der Kliniken in Insolvenz gehen würden", heißt es in einer Stellungnahme des Ministeriums.