Gefahrgut und Funk sind sein Metier

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Ottmar Jahn in der Uniform eines Kreisbrandinspektors. Mit Erreichen des 63. Lebensjahres geben die Mitglieder der Kreisbrandinspektion des Kreises Lichtenfels ihre Dienstgrade zurück.Matthias Einwag
Ottmar Jahn in der Uniform eines Kreisbrandinspektors. Mit Erreichen des 63. Lebensjahres geben die Mitglieder der Kreisbrandinspektion des Kreises Lichtenfels ihre Dienstgrade zurück.Matthias Einwag

Mit Erreichen der Altersgrenze von 63 Jahren machte Kreisbrandinspektor Ottmar Jahn seine Führungsposition für einen Jüngeren frei. Als Atemschutzgeräteträger der Feuerwehr Altenkunstadt ist er aber noch zwei weitere Jahre im Einsatz.

Wenn ein Atemschutzgeräteträger im Einsatz ein Haus zum Innenangriff betritt, ahnt er nur, was ihn erwartet. Er weiß nicht, ob er noch Personen antrifft. Und wenn er welche findet, dann muss er gewärtig sein, dass sie erstickt oder verbrannt sind. Solche Gedanken gehen Atemschutzgeräteträgern vor dem Einsatz durch den Kopf - auch Ottmar Jahn. Er ist mit 63 Jahren wohl der älteste Feuerwehrmann im Landkreis, der diesen Dienst versieht.

Bis zum 65. Lebensjahr darf Ottmar Jahn diesen Dienst tun, den die meisten anderen Feuerwehrleute im Alter um die 50 quittieren. Ottmar Jahn hält sich durch Sport fit - Radfahren, Bergtouren über Klettersteige und ausgedehnte Wanderungen zählen zu seinen Hobbys. Ab dem 50. Lebensjahr ist jährlich eine medizinische Untersuchung zu absolvieren sowie ein Durchgang der Atemschutzstrecke Burgkunstadt und eine Übung unter einsatzmäßigen Bedingungen.

Sache ist wichtiger als der Titel

Dass Ottmar Jahn nach 45 Jahren im Feuerwehrdienst nun sein Amt als Kreisbrandinspektor zur Verfügung stellen musste, wirft ihn nicht aus der Bahn: "Man muss jungen Leuten die Chance geben, dass sie nachrücken können", sagt er. Außerdem stehe er weiter gern mit Rat und Tat zur Verfügung, denn "der Titel spielt nicht die große Rolle, es geht um die Sache".

1974 war Ottmar Jahn in die Feuerwehr Strössendorf eingetreten und wenig später zur Altenkunstadter Wehr gewechselt. Im selben Jahr trat er der Wasserwacht bei und wurde Rettungstaucher. Weil das Tauchen und der Atemschutz der Feuerwehrleute eng beieinanderliegen, war ihm stets wichtig, für gute Atemschutzgeräte zu sorgen. Zunächst hatten nur wenige Stützpunktwehren Atemschutzgeräte, die Ortswehren waren kaum damit ausgerüstet. Ihm war es wichtig, die Ausstattung der Wehren zu verbessern und eine professionellere Ausbildung einzuführen.

"Atemschutz war für mich der wichtigste Faktor", sagt er rückblickend. Nach und nach wurde Ottmar Jahn, der gelernter Radio- und Fernsehtechniker ist und der sich bei der Firma Baur um die IT kümmerte, mit neuen Aufgaben betraut. Er kümmerte sich um den Strahlenschutz, gefährliche Stoffe und den Funk. 1992 wurde für ihn erstmals die Stelle eines Fach-Kreisbrandmeisters ABC und Funk geschaffen.

Ausbilderleitfaden Funk erarbeitet

"Mir waren spezielle Herausforderungen wichtig", sagt Ottmar Jahn, der für den Kreis Lichtenfels den ersten umfassenden Ausbilderleitfaden Sprechfunk in Anlehnung an den Leitfaden Atemschutz der Feuerwehrschulen erarbeitet hat. Als Kreisbrandinspektor war er verantwortlich für die Funk- und Gefahrgut-Ausbildung im Landkreis. Bei der Einführung des Digitalfunks im Bereich der Integrierten Leitstelle (ILS) Coburg fungierte er als Projektleiter. Von der Beschaffung der Geräte über den Einbau in die Fahrzeuge bis zur Ausbildung und taktischen Anwendung kümmerte er sich. Auch wie der Parallelbetrieb gewährleistet werden kann, war seine Aufgabe, denn die Alarmierung erfolgt bis heute auf analogem Weg.

In den vergangenen viereinhalb Jahrzehnten erlebte Ottmar Jahn so manchen Einsatz, dessen Bilder ihm nicht sofort aus dem Kopf gingen. Bei der Feuerwehr Altenkunstadt sei ein wichtiger Grundsatz, nach dem Einsatz nicht gleich auseinanderzulaufen, sondern das Geschehene gemeinsam aufzuarbeiten. "Die heutige Psychosoziale Notfallversorgung macht das freilich noch professioneller", fügt er hinzu.

Er erinnert sich an Einsätze, die schnell und effektiv abgearbeitet wurden, von denen jedoch einige auch psychisch belastend waren. Zu den größten Einsätzen, zu denen er gerufen wurde, zählten der Vollbrand des Baur-Gartencenters in Altenkunstadt 1993 und der Katastrophenalarm 2012 bei der Firma Metob in Michelau. Beim letztgenannten Einsatz sei er "physisch und fachlich an die Leistungsgrenze gekommen", trotz der großen Unterstützung von vielen Seiten. Der Schwerpunkt bei diesem Einsatz lag in der Bekämpfung gefährlicher Substanzen - und da war er als Gefahrgut-Fachkraft zwei Tage von früh bis spät gefordert: "Das war für einen Ehrenamtlichen schon sehr anspruchsvoll."

Die Stabsarbeit geleitet

Eine Herausforderung war für ihn das Organisieren der ICE-Tunnel-Übung im September 2017. Neben den 650 Einsatzkräften galt es zudem, die Statisten und Besucher zu verköstigen - unterm Strich rund 1100 Personen. Als Krönung seiner Arbeit als KBI sieht er selbst eine Katastrophenschutzübung des Landkreises an, die im vergangenen Oktober bei der Lichtenfelser Firma Rießner-Gase stattfand. Ottmar Jahn war dabei als Leiter des Stabes der Örtlichen Einsatzleitung dabei - eine Aufgabe, die ihn forderte und der er sich gerne stellte.

Wo die beste Arbeit Grenzen hat

Dass selbst die beste Feuerwehrarbeit manchmal an Grenzen stößt, gehört zu den bitteren Erkenntnissen. In einem brennenden Haus in Weismain konnten die Feuerwehrleute einmal ein Kind nicht finden, das sich aus Angst vor den Flammen zu gut versteckt hatte. Ottmar Jahn fragt selbstkritisch: "Warum haben wir's nicht gefunden? Dafür sind wir doch da."