Druckartikel: Fortuna aus Bad Staffelstein baut den "VW-Käfer der Backstuben"

Fortuna aus Bad Staffelstein baut den "VW-Käfer der Backstuben"


Autor: Thomas Heuchling

Bad Staffelstein, Donnerstag, 08. Januar 2015

Technik und Design aus den 50er Jahren sind in der Backindustrie gefragt. Nach Australien oder auf Kreuzfahrtschiffe verkauft die Firma Fortuna seinen Automaten-Klassiker. In diesen Tagen verlässt der 25.000. Halbautomat das Werk in Bad Staffelstein.
Stefan Gunzelmann (links) baut seit 30 Jahren die Fortuna-Automaten.   Fotos: Thomas Heuchling


Er ist ein Klassiker wie der VW-Käfer. "Er geht einfach nicht kaputt", sagt Wolfgang Schröder und fügt scherzend hinzu: "Das ist das Drama." Schröder ist pensionierter Geschäftsführer der Firma Fortuna, die seit 1887 Maschinen für die Backindustrie herstellt. Ihr Klassiker hat die Größe eines Kühlschranks, bringt rund 330 Kilogramm Stahl und Aluminium auf die Wage und hat das charmante Design der 50er Jahre.

Seine offizielle Bezeichnung "Teigteil- und Wirkmaschine" klingt etwas klobig. Aber als Herbert Schröder den Fortuna Halbautomaten 1928 beim Patentamt anmeldete, war es eine Weltneuheit, sagt Wolfgang Schröder, der Sohn des Erfinders. An der Technik und auch am Design habe sich seit den 50er Jahren fast nichts verändert. Der Halbautomat wird mit drei Hebeln bedient und macht aus einem Teigklumpen gleichförmige Brötchen oder andere Backwaren, die danach in den Ofen kommen.

"Er vereint zwei Arbeitsschritte. Das Teilen und Formen des Teigs", erklärt Schröder.1952 kam noch ein Automat hinzu, an dem der Bäcker nur noch einen Hebel bedienen muss.

25 000. Gerät verlässt Werk
In diesen Tagen verlässt der 25.000. Halbautomat das Werk in Bad Staffelstein. "Den liefern wir nach Australien", sagt Schröder. Das sei nichts ungewöhnliches: In über 70 Ländern der Welt habe Fortuna seine Automaten bereits geliefert. Australien sei eben ein sehr dünn besiedeltes Land. Da dauere es auch für Bäcker zu lange, bei Problemen mit ihren Geräten einen Monteur zu rufen. Der Fortuna sei robust, zuverlässig und funktioniere hauptsächlich mechanisch. So könne auch mal ein Schlosser das Gerät reparieren, erklärt der 69-jährige Schröder.

Auch auf zahlreichen Kreuzfahrtschiffen, von denen viele eine eigene kleine Bäckerei besitzen, stehe ein Fortuna-Automat. Auch in Großbetrieben, die mit hochtechnisierten vollautomatischen Fertigungsstrecken arbeiten, die Fortuna ebenfalls produziert, kommen die Geräte mit der 50er-Jahre Technik bei bestimmten Backwaren zum Einsatz, die in kleinen Mengen hergestellt werden. Früher habe man bis zu 500 Automaten pro Jahr hergestellt. Heute seien es noch rund 100. Ein Halbautomat kostet zirka 15.000 Euro, sagt Schröder. Vorstand Marc Kneiphoff ergänzt: "Bis zum Herbst sind unsere Auftragsbücher für diese Produkte schon voll. Wir haben eine Auftrag für eine große Supermarktkette."

Geld durch Großmaschinen
Im Gesamtumsatz der Firma spielen die beiden mechanischen Geräte kaum noch eine Rolle. Der wird inzwischen mit computergesteuerten Großmaschinen verdient, von denen demnächst eine nach Peru geliefert werde. Aber Wolfgang Schröder ist immer noch stolz auf die Fortuna, die wie Tempo bei den Papiertaschentüchern schon als Name für eine ganze Produktgruppe stehe. Zahlreiche Anekdoten kann er von den Geräten erzählen. Einmal traf er auf einer Messe in Las Vegas einen Bäcker aus Alaska und einen aus Neuseeland. Beide hatten einen Fortuna-Automaten.


Firmengeschichte

Gründung 1887 gründete Edmund Schröder das Unternehmen im thüringischen Langenwetzendorf. In dem kleinen Handwerksbetrieb wurden Backöfen entwickelt, hergestellt und an Bäckereien in der Region verkauft.

Neuanfang 1950 wurde der komplette Betrieb in Lichtenfels neu aufgebaut. Wegen stetigem Wachstum wurden die Räumlichkeiten zu klein. So siedelte das Unternehmen 1951 nach Staffelstein über. Dort hat es immer noch seinen Sitz.

Entwicklung 1967 Inbetriebnahme einer eigenen Eisengießerei. Anstich des Schmelzofens unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit.

Jubiläum 2012 feierte das Unternehmen 125-jähriges Bestehen.