Flossen machten ihn zum Lebensretter
Autor: Matthias Einwag
Bad Staffelstein, Donnerstag, 05. Oktober 2017
Der Staffelsteiner Adolf Geuß rettete vor über 50 Jahren zwei Buben vor dem Ertrinken. Dafür wurde er unlängst von der Wasserwacht geehrt.
Es muss irgendwann im Sommer 1964 oder 1965 gewesen sein. Weder ans Jahr noch an das genaue Datum erinnern sich die Beteiligten heute mit Sicherheit: Die Brüder Stefan und Ulrich Völker - beide damals um die zehn Jahre alt - sind mit ihrem Vater zum Baden an einem der Staffelsteiner Baggerseen. Plötzlich gerät Stefan ins tiefere Wasser und geht vor Schreck unter. Sein Vater und sein 13 Monate älterer Bruder Ulrich wollen ihm helfen, doch ihnen fehlen die Kräfte. Die beiden Jungen gehen unter und strampeln im Wasser.
Das bekommt Adolf Geuß mit, der als Badeaufsicht am See eingeteilt ist. Er ist bereits im Wasser, hat seine Schwimmflossen an den Füßen. Er reagiert sofort, schwimmt zu den in Not Geratenen und zieht Stefan aus dem Wasser. Ob sein Bruder selbst ans Ufer schwimmen kann, woran sich Stefan Völker heute erinnert, oder ob Adolf Geuß auch ihn am Schopf packte und aus dem Wasser zieht, an was sich der Lebensretter erinnert, das lässt sich heute nicht mehr mit Sicherheit sagen.
"Ich war damals vielleicht 1,40 Meter groß und hatte mich wohl in den Algen verfangen", erzählt Stefan Völker, der heute Schulleiter des Lichtenfelser Meranier-Gymnasiums ist. Für das beherzte Eingreifen ist er Adolf Geuß (heute 83) dankbar. Und auch die Wasserwacht ehrte den Lebensretter unlängst für seine Tat.
Adolf Geuß tat damals an der hölzernen Wasserwachthütte Dienst. Der Kiesabbau im Maintal war zu dieser Zeit noch nicht abgeschlossen. Der Badesee und sein Strandbereich befanden an der Stelle, an der sich heute der Mittel- und Ostsee befinden.
Adolf Geuß, der zeitlebens sportlich sehr aktiv gewesen ist, sagt: "Ich war ein guter Flossenschwimmer, sonst wäre ich nicht so schnell zu den Buben gekommen." Der 83-Jährige erinnert sich, dass der Vater der beiden Jungen um Hilfe rief. Die Kinder seien zu diesem Zeitpunkt in der Nähe des Vaters gewesen und hätten im wild gestrampelt. "Ich war schon im Wasser", erzählt Adolf Geuß, "und bin mit den Flossen rausgeschwommen - mit Flossen hat man eine unheimliche Kraft, ohne die Flossen hätte ich keine Chance gehabt".
Als der Rettungsschwimmer die Kinder erreichte, packte er die beiden und zog sie hoch: "Der eine hat sich an meinen Hals gehängt, den anderen habe ich auch irgendwie mit rausgezogen."
Alfred Hornung, der damals seitens der Wasserwacht den Dienst der Badeaufsichten der Wachstation organisierte, erzählt, dass bis zu zehn Personen zum harten Kern der ehrenamtlichen Retter zählten, die im Schichtdienst am See eingesetzt waren. Das Schwimmen im Baggersee sei damals neu für die Staffelsteiner gewesen: "Wir sind ja vorher nur im Main geschwommen." Der Strand und das saubere Seewasser lockten im Sommer viele Menschen an, so dass eine Badeaufsicht organisiert werden musste.
An den Dank des Vaters erinnert sich Adolf Geuß noch sehr genau. Mit breitem Grinsen erzählt er: "Der Vater ist abends zu mir nach Hause gekommen und brachte mir zum Dank eine Flasche Schnaps."