Firma Rösler: die Kehrseite der Medaille?
Autor: Eckehard Kiesewetter
Hausen, Sonntag, 03. März 2013
Die Firma Rösler in Memmelsdorf und Hausen schreibt Erfolgsgeschichte und doch erntet die Geschäftsführung Kritik - zumindest wenn es um die Mitbestimmung geht.
Wo viel Licht ist, da ist auch viel Schatten. Das Stichwort sieht Frank Meixner vom kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt (kda) der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern auch bei der Firma Rösler bestätigt. Das Fehlen eines Betriebsrates, das beispielsweise der Eberner Firma Uniwell im vergangenen Jahr Negativschlagzeilen einbrachte, rücke die strahlende Bilanz der Gleitschlifftechnikfirma in ein weniger günstiges Licht.
Das Unternehmen in Memmelsdorf (Gemeinde Untermerzbach) und Hausen (Bad Staffelstein) hatte dieser Tage mit einer Rekordmeldung von sich reden gemacht. Demnächst endet das mit einem Umsatz von 230 Millionen Euro bislang erfolgreichste Geschäftsjahr der Firmengeschichte; die Beschäftigten erhielten eine Bonuszahlung.
Boni ungleich verteilt
Meixner, der als Seelsorger für die Betriebe im evangelischen Kirchenkreis Bayreuth arbeitet, findet es
Und hier kommt der Ummerstadter zum Kern seiner Kritik. Mit der betrieblichen Mitbestimmung bei Rösler sei es nicht gut bestellt. Trotz der inzwischen annähernd 1000 Beschäftigten kenne das Unternehmen keinen Betriebsrat. Solch ein Gremium, formuliert er gegenüber unserer Zeitung, "hätte sich sicher für eine gerechtere Verteilung eingesetzt".
Meixner weiß zu berichten, dass die Löhne bei Rösler weit vom Tarifvertrag entfernt seien. Vielleicht, so mutmaßt der kda-Mann, hätte ein Betriebsrat sich auch für eine Bezahlung nach dem Flächentarif der Metall- und Elektroindustrie stark gemacht, dann "gäbe es für die Beschäftigten jeden Monat eine gerechte Teilhabe am erwirtschafteten Erlös der Firma". Finanziell könne sich Rösler das offenbar locker leisten.
Stephan Rösler, der Geschäftsführer des Familienunternehmens mit Hauptsitz in Memmelsdorf, bestätigt in einer Stellungnahme zu Meixners Anwürfen, dass Rösler nicht tarifgebunden ist. Dennoch zahle man die marktüblichen Löhne und Gehälter. Die Entscheidung über die Ausschüttung eines Bonus treffe in einem Unternehmen "naturgemäß die Geschäftsführung", erklärt er und merkt zugleich an, dass es nur wenige Unternehmen in Deutschland gibt, die - zudem in wirtschaftlich unsicheren Zeiten - überhaupt freiwillig einen Bonus zahlen.
"Ich persönlich finde es schade, dass es immer wieder Menschen gibt, die positive Nachrichten negativ interpretieren und mit Ideologie und Polemik Konfrontation schüren", klagt der Geschäftsführer und verweist auf 57 Neueinstellungen in beiden deutschen Standorten allein in den letzten zwölf Monaten.
1000 Mitarbeiter fänden hier "hervorragende Arbeitsbedingungen und eine ausgezeichnete Arbeitswelt vor", was die Berufsgenossenschaft bei regelmäßigen Begehungen immer wieder bestätige.
Vor ein paar Jahren, so berichtet Betriebsseelsorger Meixner, habe die Gewerkschaft bei Rösler Flugblätter verteilt, um die Beschäftigten auf ihr verbrieftes Mitbestimmungsrecht aufmerksam zu machen und Probleme in der Betriebskultur anzuprangern. Doch das blieb ohne Konsequenzen. Er führt das auf die Angst vieler Mitarbeiter vor Verlust des Arbeitsplatzes zurück, denn ohne Betriebsrat gebe es auch keinen Sozialplan und keine Auffanggesellschaft.
So habe eine Rezession vor Jahren zu Entlassungen bei Rösler geführt, wobei die Kriterien nicht dem genügten, was man unter einer "Sozialauswahl" verstehe.
Stephan Rösler sieht dies anders: "Bei einem Umsatzrückgang damals von 40 Prozent wurden nur sehr geringe leistungsspezifische Personalanpassungen vorgenommen und praktisch die gesamte Belegschaft durch die Krise hindurch weiter beschäftigt." So habe man die letzte Krise gemeinsam gut gemeistert und, versichert er, "auch für den Fall, dass sich die wirtschaftliche Lage verschlechtern wird, können Sie davon ausgehen, dass meine Belegschaft gelassen damit umgehen wird."
Verstöße an der Tagesordnung
Im Gespräch mit dem FT zitiert Frank Meixner einen Kollegen, dahingehend, dass es im Land kein anderes Gesetz gebe, gegen das so oft und massiv verstoßen werde, wie das Betriebsverfassungsgesetz. "Doch wo kein Kläger, da auch kein Richter."
Meixner merkt an, dass das soziale System in Deutschland auf die gute Infrastruktur und rechtsstaatliche Prinzipien baue, und die Sozialversicherung von einer gerechten Bezahlung und vergleichbaren Tarifsystemen lebe: "Nur gute Entlohnung bringt genügend Beiträge für Krankheit, Unfall, Pflege und Rente, und gute Löhne vereinfachten die Suche nach qualifizierten Fachkräften."
Beschäftigte wollen, laut Meixner, der sich auch bei den Querelen um die Wahl eines Betriebsrates bei der Eberner Firma Uniwell für die gesetzlich verbrieften Interessen der Mitarbeiter stark machte, an Entscheidungen im Betrieb beteiligt werden. Sie wollen, wie er sagt, über Arbeitsbedingungen und Bildungsmaßnahmen mitreden, über Finanzen informiert sein und sich an personellen Maßnahmen beteiligen.
Betriebliche Mitbestimmung sei eine Säule der Demokratie. Ohne Mitbestimmung und Demokratie, so sein Fazit, "bleibt eine Bonuszahlung nur ein Almosen".
Stephan Rösler dagegen sieht die Interessen der Beschäftigten in seinem Betrieb hinreichend berücksichtigt. Er verweist auf regelmäßige Mitarbeitergespräche in den Abteilungen, und er biete jedem Mitarbeiter "jederzeit die Möglichkeit, sich direkt an mich zu wenden".
Rösler spricht zudem von regelmäßigen freiwilligen Zahlungen, wie vermögenswirksame Leistungen, Weihnachts- und Urlaubsgeld. Auch biete Rösler Sozialleistungen wie eine subventionierte Kantine, zinsgünstige Darlehen, ohne jegliche Sicherheiten einzufordern, oder die Möglichkeit einer Entgelt-umwandlung, wenn jemand den Vorruhestand oder eine Rentenaufbesserung anstrebe.
Geld für die Bildung
Auch die Aus- und Fortbildungssituation führt der Geschäftsführer als Indiz für die intakte Unternehmenskultur an: Seit Jahrzehnten biete die Firma jungen Menschen (derzeit sind es 82 Lehrlinge) die Möglichkeit einer soliden Ausbildung; die Quote der Übernahme ins Berufsleben liege bei über 95 Prozent.
In der Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiter übertreffe man den Durchschnitt deutscher Industriebetriebe deutlich. Dieser liegt, laut Stephan Rösler, bei 0.5 "Manntagen"; die Rösler-Quote dagegen erreiche rechnerisch 1,23 Tage pro Mann. Darüber hinaus bezuschusse die Firma außerbetriebliche Schulungsmaßnahmen. 27 Mitarbeiter erhielten dafür 2012 durchschnittlich 860 Euro pro Nase.