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Fehlt den Narren das Programm?


Autor: Andreas Schmitt

LKR Lichtenfels, Mittwoch, 13. Januar 2016

Reicht Livemusik aus, um Karnevalfans in die Stadthalle zu locken? Mittlerweile veranstaltet nur noch der FV Mistelfeld eine Party- am Samstag mit mäßigem Erfolg. Allgemeine Unlust auf die fünfte Jahreszeit herrscht indes nicht.
Die Band "Fristlos" unterhielt am Samstag in der Lichtenfelser Stadthalle mit Rockmusik.  Foto: Klaus Gagel


"Wir machen das ja nicht nur zum Spaß, sondern um unsere Vereinsbelange mit den Einnahmen zu finanzieren." Bernhard Geiger redet es nicht schön. Mit dem Besucherzuspruch des FVM Hangover Faschings am vergangenen Samstag, 9. Januar, in der Stadthalle Lichtenfels war er nicht zufrieden. "Gerade noch genug, um es wirtschaftlich zu vertreten", nennt der Vorsitzende des veranstaltenden FV Mistelfeld die bei rund 650 Zuschauer erwirtschafteten Einnahmen. Schließlich habe man Auslagen für Sanitäter, Feuerwehr, Security, Parkplatzordner, Genehmigungen und die Band im mittleren vierstelligen Bereich. "Wir machen das seit 25 Jahren, werden aber 2017 umdenken müssen", lautet Geigers Fazit.


Mistelfelder als letzte Mohikaner

Die Mistelfelder sind die letzten, welche die Tradition der Faschingspartys aufrecht erhalten. Vor nicht einmal zehn Jahren war das anders. Da musste man sich untereinander gehörig absprechen, um ein freies Datum für seine Party zu finden. Turner, Athleten, FCL, SpVgg Isling oder die Lichtenfelser Bäcker. Alle wollten rein in die größte Halle der Korbstadt, alle machten gutes Geld mit starken Feiern. Doch das war einmal.

Bernhard Geiger und die anderen Mistelfelder Faschingsverantwortlichen suchen nun nach Ursachen, warum Gäste, die früher pro Faschingssession mehrmals auf den Schützenanger pilgerten, heute ganz wegbleiben. "Einen ganz konkreten Grund - zum Beispiel eine starke Konkurrenzveranstaltung - gab es nicht. An der Werbung lag es auch nicht, wir haben traditionelle und neue Medien voll bedient. "

Gibt es etwa eine sinkende Lust auf Fasching in der Region? "Bei uns nicht", sagt Petra Graß, beim Staffelsteiner Karnevals-klub (SKK) für die Organisation zuständig und gleichzeitig mit dem Präsidenten Matthias Graß verheiratet. Der 25. Große SKK-Ball am Samstag, 30. Januar, in der Adam-Riese-Halle ist seit dem Jahreswechsel restlos ausverkauft. 1200 Narren haben sich ihre Steh- (12 Euro) oder Sitzplätze (14 Euro) schon gesichert. "Wir könnten noch mehr Tickets verkaufen, die ersten Anfragen gab es schon im September", sagt Graß.


Keine generelle Faschingsunlust

Doch nicht nur diese Großveranstaltung, für die der SKK rund 60 Mann externes Personal anstellt, kommt gut beim Publikum an. Auch andere Faschingsvereine sind zufrieden. Die Ebensfelder Karnevalsgesellschaft (EKG) hat ein Drittel der Tickets für ihren Ball am Samstag, 23. Januar, in der Halle der Pater-Lunkenbein-Schule zum VVK-Preis von acht Euro bereits verkauft. "2015 waren die letzten Karten eine Woche vorher weg, ich denke das wird diesmal wieder so sein", sagt Horst Amon, der EKG-Präsident.

Und auch die Prunksitzung des Mainleuser Carnevals-Club (MCC) am vergangenen Samstag in Weismain (wir berichteten) war - so Vorsitzender Wolfgang Hartmann - "proppenvoll". Die bekannte Schlagersängerin Margit Sponheimer lockte trotz des Preises von 17,50 Euro 280 Faschingsnarren in die ehemalige Stadthalle der Jurastadt.


Neues Konzept notwendig?

Anders in Lichtenfels, wo am Samstag trotz vergleichsweise günstigem Eintrittspreis von sechs Euro noch genügend Platz für weitere Besucher gewesen wäre. "Seit drei Jahren buchen wir nun Fristlos", erzählt Geiger von der Band, welche zwar "klasse Rockmusik" biete, aber lediglich im ersten Jahr mit rund 900 so viele Gäste anlockte, wie sich der FVM erhofft hatte.

Fehlt es den Narren also an Programm? Geiger: "Denen, die traditionell Fasching feiern wollen, sicherlich. Das wollen wir aber gar nicht bieten." Vielmehr möchte der FVM junge Leute anziehen, die feiern wollen wie zu jeder Jahreszeit, nur eben verkleidet.

"Ich denke, die neue junge Generation steht einfach nicht mehr auf diese Art von Party mit Liveband", sagt Geiger über die Ursache, die seiner Meinung nach am schwersten wiegt. Das Dilemma des FVM: Die Fußballer müssen ihre Nische finden zwischen den etablierten Bällen und Prunksitzung der reinen Karnevalsvereine und den "normalen" Abendangeboten von Discos und Musikkneipen.

An der Location Stadthalle scheint es dabei nur am Rande zu liegen. Andere Veranstaltungen an gleichem Ort - beispielsweise die "Sessions" der angehenden Abiturienten oder die Partyreihe "Project X" (wieder am kommenden Samstag, 16. Januar) - locken oft weit mehr als tausend Feierwütige an.

Deshalb wollen die Mistelfelder das Konzept ihres Faschings überprüfen. Überlegungen, einen DJ statt der Liveband spielen zu lassen, habe es schon länger gegeben. "Vielleicht probieren wir das ja mal", sagt Geiger. Und hofft, dass das Publikum dann wieder strömt. So wie einst, als es als Lichtenfelser Verein einfach dazugehörte, seinen Fasching in der Stadthalle zu feiern.