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Energiesparen: Geld verschwindet durch Ritzen


Autor: Markus Häggberg

Lichtenfels, Freitag, 22. November 2013

Energieberaterin Marlene Diller spürt in Häusern Energiesparmöglichkeiten auf und gibt Empfehlungen, welche Sanierungsmaßnahmen Vorrang haben könnten. Und sie hilft den Eigentümern bei der Beschaffung von Fördermitteln.
Marlene Diller ist oft dort zu finden, wo es zu dämmen gilt. Das Metermaß ist dabei ein hilfreiches Arbeitsgerät. Foto: Markus Häggberg


So weit sie weiß, sagt Marlene Diller, sei sie in Lichtenfels die Einzige ihrer Art - als Energieberaterin. Im Landkreis gebe es noch vier, fünf andere. Berater wie sie helfen sparen. Weil Energie und Geld zusammenhängen.
20 Kilometer rauf oder runter, also auch in andere Landkreise hinein, wird sie tätig.

Man muss sie eben anrufen und einen Termin vereinbaren. Ihr Fachgebiet ist die Gebäudesanierung und was damit so zusammenhängt. "Meistens ist es so: Die Leute wollen sanieren, gehen auf die Web-Seite der KFW (Kreditanstalt für Wiederaufbau, gegründet 1948; Anm. d. Red.) und stoßen dort auf mich", so die Lichtenfelserin, die sich im Spaß "ein begnadetes Halbwissen" attestiert, aber ziemlich genau weiß, wie Energie und Gelder durch Ritzen und unzureichende Dämmung verschwinden.

Alle zwei Jahre muss Marlene Diller die Teilnahme an einer Fortbildungsmaßnahme nachweisen. Die letzte handelte von Wärmepumpen. Vor fünf Jahren wechselte die Innenarchitektin in ihren neuen Beruf. Sie lächelt, wenn sie darauf zu sprechen kommt, dass sie bei Lokalterminen auch architektonisch interessante Häuser kennenlernen darf. Sie habe sich einen "professionellen selektiven Blick angewöhnt, der ausklammert, wenn die Betten mal nicht gemacht sind oder die Küche nicht aufgeräumt ist".

Vom Dachboden bis zum Keller geht sie in Häusern auf die Pirsch, auf der Suche nach Energiesparmöglichkeiten. Ein bis zwei Stunden nimmt das jeweils in Anspruch, und dabei stößt sie auch auf abschreckende Beispiele. So wie die Häuser, die in den 50er Jahren gebaut wurden, zu einer Zeit, als das Wort Energiesparen am Bau weit weniger im Bewusstsein war. Mit der Ölkrise in den 70er Jahren kam es dann zur ersten Wärmeschutzverordnung. Ab da wurde Energiesparen populär. Sie selbst habe auch einmal in einem schlecht gedämmten Haus aus jener Zeit gewohnt. Da "lief im Winter das Wasser von der Decke".

Kalter Keller saugt Wärme auf

Marlene Dillers Wort hat Gewicht bei der KFW: Was sie abzeichnet und für förderwürdig erklärt, das gilt. Die KFW stellt Kredite, öffentliche Gelder, für Energie einsparende Sanierungsmaßnahmen wie beispielsweise Dämmung bereit, und Marlene Diller muss bestätigen, dass die verwendeten Materialien technischen Mindestanforderungen genügen.

Aber was hat der Staat eigentlich davon, wenn seine Bürger Energie sparen? Immerhin ist er es, der Fördergelder bereitstellt. Die Energieberaterin verweist auf politische Zusammenhänge, darauf, dass Deutschland dem Kyoto-Abkommen beigetreten ist und sich somit verpflichtet hat, den Klimaschutz voranzutreiben. Dieser kann auch im Kleinen verbessert werden, denn nicht jeder Hausbesitzer hat das nötige Kleingeld zu einem kostenaufwendigen Vollwärmeschutz neuesten Standards.

Manchmal kann es schon helfen, die Kellerdecke zu dämmen. Dorthin, nach unten also, kann Wärme auch abziehen. "Wenn Wärme Material durchwandert, ist ihr die Richtung egal", sagt Marlene Diller. Drei Arten der Wärme-Übertragung nennt sie: Strahlung, Transmission und Konvektion. So simpel, dass warme Luft nur aufsteigt, verhält es sich nicht, es wirken noch andere Zusammenhänge. So kann ein kalter Keller die über ihm liegende Wärme "aufsaugen", und manchmal liegt es am falschen Lüften.

Zu diesem Thema hat sie schon Fortbildungskurse belegt, so wie zur Anlagentechnik oder zur Wärmebrücken-Berechnung. Mit Maßstab und Laser-Abstandsmesser ist die Lichtenfelserin bei jährlich zirka 100 Außenterminen in Häusern, in Kellern und auf Dachböden, besieht sich Plätze und Orte im Haus, an denen Wärme verloren geht, zieht bei ihren Überlegungen die Bausubstanz in Betracht und stimmt so gedanklich ab, welche Sanierungsmaßnahmen Vorrang haben könnten. Und sie kann Berechnungen anstellen, in welcher Größenordnung sich das finanzielle Einsparpotenzial bewegt. Sie wird auch konsultiert, wenn Antragsteller nicht mehr durch den Dschungel der Bürokratie blicken.