Druckartikel: Ella forever in Lichtenfels

Ella forever in Lichtenfels


Autor: Birgit Kunig

Lichtenfels, Dienstag, 02. Mai 2017

Die Legende Ella Fitzgerald lebt weiter in Lichtenfels. Laura Mann und Florian Berndt haben sie wachgeküsst.
Laura Mann und Florian Berndt alias Ella und Chick Foto: Birgit Kunig


Es ist nicht nur eine Hommage an Ella Fitzgerald - Laura Mann personifiziert die begnadete Jazz-Sängerin Ella Fitzgerald in der alten Synagoge auf wunderbare Weise. Zwei Menschen und eine Gitarre reichen völlig aus, um 80 Leute in Schwingung zu versetzen. Unterstützt wird Mann vom Gitarristen Florian Berndt.

Man spürt die Vorfreude und erregte Anspannung, wer da wohl kommen mag, um Mama Jazz nachzuzeichnen. Nachdem sich Florian eingestimmt hat, spielt er Geräusche der Stadt ein und imitiert gleichzeitig eine stampfende Dampflok. Und da kommt sie angerannt, die junge Ella (Laura) beschwingt und abgehetzt in ihrem schwarzen Kleidchen. " in Ticket nach Harlem bitte - One Way" ruft sie und schon ist man mittendrin in den Geschichten, die das bewegte Leben der Ausnahme-Künstlerin umranken.

Ella, wie sie leibt und lebt, scheint vor uns zu stehen und singt ihr erstes Lied: "Take The A Train" und man kann es kaum glauben: Auf der Bühne steht ein Persönchen mit weißer Hautfarbe und rötlichen Haaren und imitiert eine schwarze Sängerin, mit völlig anderen Voraussetzungen, was die Stimmbänder betrifft. Und man ist völlig fasziniert vom Volumen und Klangfarbe ihrer Stimme. Sie singt in Tonlagen, dass einem der Atem stockt, die mit Sicherheit drei Oktaven umfassen.


Nichts Vergeleichbares

Die Musik von Ella Fitzgerald hört man immer mit der Erkenntnis, dass es nichts Vergleichbares in ihrer Zeit gegeben hat und doch bekommt man heute vor Augen geführt, dass es sein kann. Auch wer Ellas Stimme noch nie gehört hat, bekommt heute eine außergewöhnliche fast originalgetreue Darbietung. Cover oder Nachahmung ist hier irgendwie der falsche Begriff. Wild, warm, wunderbar, wonnig - so könnte man das Phänomen Laura/Ella beschreiben.

"Die ganze Stadt swingt, der Jazz ist hier zu Haus und es kribbelt ..." Es ist Amatrician Wednesday, der Tag, an dem im Apollotheater von Harlem jeden Mittwoch ein Tanzwettbewerb stattfindet. "Das Publikum ist gnadenlos ehrlich" und nun hat sie Lampenfieber, die junge Ella 1934, als sie vortanzen soll.

Die Beine versagen ihr und sie fragt, ob sie nicht einfach ein Lied singen darf. Sie schmettert ihren Song "Judy" mit einer Hingabe, dass sie zumindest den ersten Preis und einige Zeit später ein Engagement in Chick Webbs Band erhält. Der macht sie zum Weltstar, erzählt Laura/Ella, und sie fühlt sich so gut wie bei"Fly Into the Moon" ihrem nächsten Song, gesungen in extrem hohen Sphären ziemlich schnell und lasziv gipfelnd in einem ganz langsamen Schluss "I Love You".

Es ist wie bei einem Geschenk, wenn Laura und Florian Ellas Geschichte einfühlsam und geschickt verpacken und der Zuhörer darf auspacken - das tut er äußerst dankbar: die Erzählungen und das Schauspiel der beiden im Zusammenspiel mit der einzigartigen Stimme Lauras und Florians harmonischer Untermalung auf der Gitarre. Sie ergänzen sich nicht nur großartig, sondern leben die Geschichte der Queen of Jazz auf der Bühne. Das Publikum ist jetzt schon hingerissen.


Abschiede

Mit der traurigen Ballade "Autumn Leaves" erzählt sie von ihrer liebevollen Mutter, die bei einem Autounfall umgekommen ist, um einen Nachbarsjungen zu retten. Mit dem berühmten "A Tisket, A Tasket", das eigentlich ein Kinderlied ist, schafft sie endgültig den Einstieg in Chicks Band unter folgender Voraussetzung "nur wenn du bei den Studenten von Yale gut ankommst" und die beiden Musiker liefern sich ein hübsches Wortgefecht, wenn Ella/Laura von Chick/Florian - der ihr Mentor wird - lernt, wie sie sich richtig präsentieren muss.

Es ist ein witziges Schauspiel, als Florian ihr Lippenstift aufmalt und das Kleid zurechtmacht, wie sie von der ungepflegten Kindfrau zum Star wird, während er dabei einen Whisky nach dem anderen kippt.



Harter Lebensweg

Mit jedem weiteren Lied bekommt man einen Vorgeschmack auf das, was Ella Fitzgerald wirklich war: Eine dunkelhäutige Vollwaise, aufgewachsen in einem Heim für Schwererziehbare, die sich zur Zeit der Rassentrennung hinaus in die Welt gesungen hat und sich nicht hat beirren lassen auf ihrem Weg.

"Ich werde etwas aus mir machen ... egal woher du kommst, entscheidend ist, wer du sein möchtest", ruft Laura/Ella. Sie konnte keine Noten lesen, war mehrmals verheiratet unter anderem mit einem Hafenarbeiter und einem Heiratsschwindler aus Norwegen.

Ella hat es trotz allem geschafft, in die Geschichte einzugehen mit ihrem einzigartigen Scatgesang - ein Gesangsstil entstanden aus dem Gospel, ein improvisiertes Singen von rhythmisch und melodisch aneinandergereihten Silbenfolgen wie "ba, ba ba, bi, bob": Die Stimme wird als Instrument benutzt. Und das setzt Laura genauso um - absolut grandios, wenn sie die Stimme "Satchmos" Louis Armstrong und dessen Trompete im allertiefsten Bass nachahmt in "If It Aint Got That Swing" - man kann man kaum glauben, dass da vorne eine zarte junge Frau steht. Bei diesem absoluten Highlight johlt nun das ganze Publikum.

Erst nach etlichen Zugaben und unter Jubelrufen darf das Duo Mann/Berndt von der Bühne abtreten.