Der genetische Nachweis ist eindeutig. An zwei Stellen im Landkreis wurden zweifelsfrei Haare einer Wildkatze festgestellt, und zwar nahe Unterbrunn (Markt Ebensfeld) sowie zwischen Obristfeld und Redwitz.
Für die zwölf Männer und Frauen, die bei der bundesweiten "Wildkatzen-Inventur" des Bundes Naturschutz (BN) tatkräftig mitgeholfen haben, ist das der schönste Lohn. Viel länger als erwartet hatte sich ihr Einsatz hingezogen, weil der Winter die Region zum Jahresanfang heuer lange im Griff hatte. BN-Kreisvorsitzender Anton Reinhardt, selbst einer der Aktiven, erinnert sich an viele Stunden, in denen man durch Schnee zu den 55 im Kreisgebiet verteilten Lockstöcken stapfte. Deren Standorte im Wald waren bis auf einen halben Meter genau per GPS kartiert. Fred Goller beispielsweise betreute zehn dieser regelmäßig mit Baldrianlösung zu besprühenden Holzlatten, und für die vorgeschriebene wöchentliche Runde benötigte er drei Stunden (mit dem Auto, soweit die Anfahrt möglich war). Ute Hauptfleisch schmunzelt, als sie daran denkt, wie ihr Auto manchmal nach ihrer Tour aussah.
Auch ließ es sich nicht ganz vermeiden, dass ihm der Geruch von Baldrian noch eine gewisse Zeit anhaftete, was ihr einmal auf einem Parkplatz zwei Hauskatzen im Kofferraum bescherte.
Die Lichtenfelser Helfer hatten an "ihren" Lockstöcken über die Monate von Januar bis Ende April kein einziges Haar finden können. Trotzdem freuen sie sich mit, als Anton Reinhardt im Umweltbüro in der Kreisstadt noch einmal Rückschau hält und das Ergebnis der Aktion offiziell verkündet. Ulrich Völker und Michael Bäumler (Loffeld, Horsdorf) können dabei aus erster Hand schildern, wie sie die kurzen, hellen Härchen an dem Holz wahrgenommen und dann jedes einzelne davon vor einem dunklen Hintergrund aus Tonpapier mit der Pinzette abgenommen hatten. Damals war ihnen natürlich noch nicht klar, dass hier tatsächlich eine Wildkatze ihre Spuren hinterlassen hatte. Es hätte ja auch ein anderes Tier sein können.
Erst die genetische Untersuchung im Labor brachte Gewissheit. In jedem Fall war es für sie eine "spannende Sache"; ihre Freizeit sehen sie darin sinnvoll investiert.
Beide Haarfund-Orte bestätigen die bekannten Bedürfnisse der scheuen Waldbewohnerin, für die ein Übergangsbereich an den Waldrändern besonders wichtig ist, wie Anton Reinhardt erklärt; Siedlungen oder Ackerbau direkt bis an den Wald seien nicht gut. Außerdem gibt es von den Haßbergen und vom Frankenwald her, wo bereits Wildkatzen nachgewiesen wurden, zu jenen Stellen eine Anbindung. Es zeigt sich damit auch, dass Warnungen vor einer Zersiedelung und Zerschneidung der Landschaft ihre Berechtigung haben.
Der Fund ist Lohn für die Arbeit und Ansporn zugleich.
Im Januar wollen alle Beteiligten bei einer erneuten Aktion wieder mithelfen und das Raster aus Lockstöcken durch das gewonnene Wissen noch gezielter setzen, um vielleicht weitere Erkenntnisse über ein geschütztes Wildtier zu erlangen, das hier als ausgestorben galt. Anton Reinhardt freut sich über das Engagement der Leute, von denen die meisten Mitglieder der Kreisgruppe sind. Die Anwesenheit der Wildkatze im Landkreis ist für ihn ein Beweis dafür, dass "wir noch eine arten- und strukturreiche Heimat haben". Das "noch" unterstreicht er, verbindet mit der Wildkatzen-Aktion auch einen Auftrag: "Wir dürfen mit dem Flächenverbrauch nicht mehr so weitermachen."
Über die Wildkatze und die Aktion des Bundes Naturschutz:Scheue Waldbewohnerin: Sie durchstreifte unsere Wälder schon lange bevor die Römer die Hauskatze aus Afrika mitbrachten, aber kaum einer hat
sie je zu Gesicht bekommen: die europäische Wildkatze (Felis silvestris). Deutschlandweit wurde sie durch intensive Bejagung fast ausgerottet. Heute ist sie streng geschützt und kehrt langsam zurück. Jetzt gilt es, ihre Lebensräume zu schützen.
Wiedereinbürgerung: In den 1980er Jahren setzte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in mehreren Waldgebieten Wildkatzen aus Wildparks aus.
Lockstöcke: Der Geruch von Baldrian lockt Katzen an, sie reiben sich an der duftenden Stelle. Diese Vorliebe macht man sich bei der bundesweiten Wildkatzen-Inventur zunutze: Eingekerbte Holzstäbe werden an geeigneten Stellen in den Waldboden gesteckt und mit Baldrian-Lösung besprüht. Reiben sich Wildkatzen daran, so bleiben einige Haare haften. Diese werden mit Pinzetten abgesammelt und im Labor genetisch untersucht.
Auf diese Weise gelingt der genetische Nachweis der Wildkatze.
Projekt: Mit dem Projekt "Wildkatzensprung" setzt der BUND die Vision eines deutschlandweiten Waldverbundes zum Schutz von in Wäldern lebenden bedrohten Tierarten weiter um. Seit 2012 bis 2014 entstehen deutschlandweit fünf grüne Korridorverbindungen und eine Waldaufwertung, die Wildkatze & Co Schutz bei der Wanderung bieten und ihre Populationen sichern. Parallel wird bis 2017 eine deutschlandweite Gendatenbank aufgebaut. Der Wildkatzenbestand in Deutschland wird heute auf 5000 bis 7000 Tiere geschätzt, in Bayern auf 100 bis 150.
Förderung: Das Bundesamt für Naturschutz fördert das Projekt mit 3,8 Millionen Euro. In Bayern wurde die Erfassung auch mit Mitteln aus der Jagdabgabe unterstützt.
(Quelle: Bund Naturschutz)