Ein Whirlpool zum Anziehen
Autor: Andreas Schmitt
Horb am Main, Donnerstag, 18. Februar 2016
Harald Werner wollte ursprünglich nur seinem gehandicapten Sohn Tim helfen. Mittlerweile hat das von ihm erfundene Massagegerät ein Patent erhalten.
Harald Werner weiß nicht mehr, welcher Tag es genau war. "Irgendwann im Sommer 2007", sagt er. Die Reaktion seines Sohnes aber, der an diesem Tag in der heimischen Wohnung erstmals den Prototyp des Vaters testete - die wird er wahrscheinlich nie vergessen: "Tim wollte gar nicht mehr raus", erinnert sich der 48-Jährige gerne an den ersten Härtetest seines seit 2014 patentierten Massagegeräts.
"Ich wollte ihm einfach nur helfen", sagt der Horber über den tragischen Hintergrund seiner Erfindung. Sohn Tim, heute 14, hatte zwei Tage nach seiner Geburt eine Hirneinblutung. Ohne die Sorgen von Mutter Peggy, die es nachts noch einmal zu ihrem Sohn zog und der dabei auffiel, dass etwas nicht stimmt, wäre Tim vielleicht gestorben. Eine sofortige Verlegung zunächst nach Coburg, dann nach Schweinfurt inklusive intensiver Maßnahmen verhinderte das. Tim hat aber Entwicklungsdefizite und ist in seinem Bewegungsablauf eingeschränkt.
Das Massagegerät hilft Tim sehr
Das Leben der Familie wird davon maßgeblich beeinflusst, die Lebensfreude ist den Werners und insbesondere Tim aber nicht abhanden gekommen. "Er kann Dinge, die andere mit der Krankheit nicht können", sagt Peggy Werner (45). Zum Beispiel ist er mit der vierjährigen Schwester Lena und seinen Eltern regelmäßig mit dem Fahrrad auf den Flurbereinigungswegen rund um Horb unterwegs und er hat sein "Seepferdchen" gemacht. Dabei hat ihm das von seinem Vater gebaute Massagegerät, das die Muskulatur zusätzlich stimuliert und entspannend wirkt, sehr geholfen."Wenn seine Beine gut durchblutet sind, dann fällt ihm vieles leichter", sagt Harald Werner, dem die Idee zu seiner Erfindung während einem der vielen Aufenthalte in einem Rehazentrum kam. "Beim Anblick eines Sprudelbeckens habe ich mir überlegt, so eine Massagevorrichtung zuhause zu bauen." Sozusagen einen eigenen Whirlpool zum Anziehen. 2007 begann der gelernte Kfz-Mechaniker damit. Ein Kunststoff-Flex-Rohr brachte er mit Bindedraht und Klebefolie in Form und fertigte es anhand eines Gipsabdrucks seiner Beine und Arme individuell für Tim an.
Stetige Weiterentwicklung
Über die Jahre entwickelte Harald Werner Verarbeitung und Materialien immer wieder weiter. Heute nimmt er ein verschweißtes Mehrschichtverbundrohr, in das Löcher gebohrt werden. Anschließend wird es an Druckluft angeschlossen. Steigt man ins Wasser, tritt der gewünschte Massageeffekt ein. Das Motto von Harald Werner dabei: so einfach und so hygienisch wie möglich. "Man kann es leicht reinigen und individuell anfertigen", sagt der Horber, der nie gedacht hätte, dass sein noch namenloses Massagegerät den Werner'schen Haushalt jemals verlässt. Tim sollte sich für eine gewisse Zeit besser fühlen - das war eigentlich das einzige Ziel.Ein Orthopädie-Experte, welcher der Entwicklung größeres Potenzial bescheinigte, brachte die Werners nach einiger Zeit aber zum Umdenken. Der lange Weg zum Patent begann; er war gespickt mit Widersprüchen wegen Formmängeln und insgesamt rund 2000 Euro teuer (siehe Infokasten). Im August 2014 kam dann die Anerkennung, im Juni 2015 ist die Einspruchsfrist abgelaufen. "Jetzt ist es keine Spinnerei mehr", sagt Harald Werner beim Anblick der deutschlandweit geltenden Patent-Urkunde, die über Tims Bett hängt. "Jetzt wollen wir herausfinden, ob ich mit meiner Erfindung, die Wärme und Massage kombiniert, auch anderen Menschen helfen kann."
Einen Kundenkreis aufbauen
Rehakliniken, Schwimmbäder, Krankengymnastikpraxen oder Thermen zählt Harald Werner zu seinem potenziellen Kundenkreis. "Man braucht nur warmes Wasser und Druckluft." Er kann sich vorstellen, regelmäßig Massagegeräte individuell für Kunden herzustellen und zusätzlich zur Anwendung für Arme und Beine noch ein Gerät für Bauch und Hüfte zu entwickeln.
Gibt es dafür Interesse? "Ich hoffe es", sagt der Familienvater, der seine Entwicklung nun bei mehreren Einrichtungen vorstellen möchte.
Der lange Weg zum Patent
Recherche Das oft Teuerste kommt zu Beginn: Der Anmelder muss prüfen, ob es sein Patent nicht schon gibt. Das ist komplex und ohne spezialisierten Anwalt kaum zu schaffen.
Prüfverfahren Der Antrag geht an das Patentamt in München, das die Thematik bis ins kleinste Detail prüft. Oft dauert das einige Jahre.
Einspruchsfrist Nach der Anerkennung und der Veröffentlichung im Patent- und Markenblatt kann neun Monate lang noch geklagt werden.
Beratung Regina Bühl vom Patentzentrum Hof informiert kostenlos (Telefon: 09281 / 7375 52). Die nächste Sprechstunde vor Ort ist am 8. März im Landratsamt Lichtenfels.