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Staffelsteiner Spitalhaus: Ein Treffpunkt der Generationen


Autor: Matthias Einwag

Bad Staffelstein, Dienstag, 15. November 2016

Die Riemer-Brüder renovieren das Spitalhaus am Lauterbach. Ein Lokal soll in dem Gebäude entstehen mit angrenzendem Biergarten.
Das renovierte Spitalhaus fügt sich gut in das Ensemble am aufgeweiteten Lauterbach ein. Links neben dem Gebäude liegt der künftige Biergarten. Foto: Harald Riemer


Lange steht das alte Spitalhaus zum Verkauf. Niemand will es. Bis es die Brüder Ralf, Harald und Jo Riemer 2013 von der Stadt kaufen. Sie machen sich ans Planen und seit Juli 2014 intensiv ans Renovieren. Fertig sind sie damit noch nicht, doch die ockerfarbene Fassade und das Fachwerk in Frankenrot strahlen bereits an prominenter Stelle am Ufer des Lauterbachs. Ein kleines Lokal soll in dem renovierten Gebäude entstehen und nebendran ein Biergarten.

Viel Zeit haben Ralf (Immobilienkaufmann), Harald (Marketingmanager) und Jo (Zahntechniker) ins Renovieren investiert. Harald Riemer: "Handwerklich sind wir nicht unbegabt." Weil jedoch alle drei nicht vom Fach sind, konsultieren sie Handwerker, Statiker und Baubiologen für all die Dinge, die sie nicht selbst machen können.
Mit der Zeit ändern sich ihre Ideen. "Anfangs war geplant, das Haus zu verputzen", sagt Harald Riemer, "dann haben wir gesehen, dass gutes Fachwerk unter dem Putz ist". Ein Prozess kommt in Gang. Zusammen mit der Denkmalpflege entschließen sich die Brüder, die Balken freizulegen, obwohl es eigentlich kein Schmuckfachwerk ist. Ein halbes Jahr sind sie und ihre Helfer damit beschäftigt, den Putz abzuklopfen. Dass die Entscheidung richtig war, sehen sie, nachdem das Gerüst entfernt ist.

"Diese Arbeit darfst du nicht als Pflicht ansehen, es muss Spaß machen", sagt Harald Riemer. Und alleine könne man so ein Werk sowieso nicht schultern, das gehe nur gemeinsam. "Synergien zu dritt" nennt Harald Riemer das. Übers jetzige Aussehen des Hauses hätten sie zahllose positive Rückmeldungen bekommen: "Viele fahren vorüber und halten den Daumen hoch." Der anfängliche Skeptizismus der Staffelsteiner habe sich in Zuspruch verwandelt: "Die Kopfschüttler sind zu Kopfnickern geworden."

"Für mich war es erstaunlich, dass so ein Rieseninteresse an dem Haus besteht", fährt er fort. Vor allem ältere Staffelsteiner reagieren positiv: "Jeder von ihnen hat ja schon mal mit diesem Haus zu tun gehabt - entweder wohnte eine Oma drin oder man hat als Kind drin gespielt." Natürlich kostet das Zeit, weil viele Vorübergehende die arbeitenden Brüder fragen, was mit dem Haus geschehe. Fürs Erklären sind schnell zehn Minuten weg - etwa wenn Kurgäste vorbei flanieren und das Gespräch suchen: "Seit 20 Jahren kommen wir hier her, endlich wird an diesem Haus was gemacht."

Ideal ist die Lage des Hauses an der renaturierten Lauterinsel, einem sich anbietenden innerstädtischer Ort der Kommunikation. Hier treffen sich die Leute, junge und alte. Die einen ruhen auf einer Bank, andere chillen mit dem Smartphone, wieder andere jagen auf der Insel im Bach nach virtuellen Monstern, denn dort befindet sich eine Pokémon-Arena. Die perfekte Lage für den Biergarten.






Renovierung und Geschichte des Spitalhauses

Chronologie 2010: Die Riemer-Brüder nehmen erste Kontakte zur Stadt auf und signalisieren ihr Kaufinteresse. 2013: Die Riemers kaufen das Haus, roden Sträucher im Garten und räumen nebenstehende Holzhütten weg; gleichzeitig laufen die Planung und das Ausloten der Möglichkeiten sowie die Abstimmungen mit Behörden. 2014: Wichtige Maßnahme zur Sicherung erfolgen, zum Beispiel das Unterfangen und der Neuaufbau der unteren Fassade auf der Westseite. 2015 bis 2016: Renovierung und Sanierung der Fundamente und der Fassade sowie des Mauerwerks, Einbau neuer Fenster und Dach-Ausbesserungen. Im Speziellen: Die Fassade wird zunächst freigelegt und verfestigt; die Ausfachungen werden mit Lehm verschlämmt und Holzelemente mit natürlichen Grundstoffen ausgebessert; dann wird die
Fassade verputzt und gestrichen; der
Garten wird angelegt und die Freiflächen werden instand gesetzt. Derzeit machen sich die Bauherren an den Innenausbau mit der Sanitär- und Elektroinstallation.

Geschichte Der wahrscheinlich mehrere Hundert Jahre bestehende Pfaltzgrafenhof umfasste ein großes Areal vor der Staffelsteiner Stadtmauer - das Grundstück reichte wohl bis zur Kreuzkapelle in der Bamberger Straße. Aus dem Jahr 1562 stammt die Urkunde mit Rückkaufoption von den Eheleuten Pfaltzgraf an die Spitalstiftung;
1596 Erwerb des Pfaltzgrafen hofes durch die Spitalstiftung (gegründet 1445). 1646 wird der Hof "zertrümmert" nach mehreren Verlehnungen. Vermutlich wurde das heutige Gebäude im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts errichtet. Nach dem Stadtbrand 1684 werden hier mehrerer obdachlos gewordene Bürger untergebracht. Vielen Generationen bot das Spitalhaus Wohn- und Lebensraum. 1910 bis 1921 beherbergte das Gebäude das Viktor-von-Scheffel-Museum.

Wortbedeutung Hospital oder Spital (vom lateinischen hospitalis) bedeutet so viel wie "gastfreundlich", "zum Gastwirt gehörend", dies ist abgeleitet von hospes, "Gastfreund, Gastwirt". Ursprünglich war ein Spital unter anderem Pilgerherberge, Museum, Sozialwohnung und Gesellschaftsbüro; dem Sinne nach für karitative Bedürfnisse. Pfründner nannte man die Pensionäre in Spitälern, die sich durch Einbringen eines Legats (Erbe) eine dauernde Unterkunft und Pflege sicherten.