Ein Traktor auf unsichtbaren Schienen
Autor: Maximilian Glas
Neudorf bei Ebensfeld, Montag, 15. August 2016
Die Landwirte in der Region rüsten technisch auf. Georg Schauer aus Neudorf lässt seinen Traktor seit einem Jahr durch GPS-Satelliten ansteuern.
Die Lieblingssongs in einer festen Reihenfolge abspielen: seine ganz persönliche Playlist hat heute nahezu jeder auf seinem Smartphone immer dabei. Wenn Georg Schauer das Touchpad in seinem 160 PS starken Traktor bedient, sind gewisse Parallelen zu einer Playlist nicht von der Hand zu weisen. So scrollt sich der 38-jährige Landwirt bequem durch seine Liste "Gartenacker". Dieser Ordner ploppt automatisch auf dem Display auf, sobald sich Schauer auf dem entsprechenden Feld befindet.
Auf dem Touchpad kann er nun aus einem guten Dutzend "Spuren" auswählen, die der Landwirt auf diesen Feld bereits gefahren hat. Diese Spuren können gespeichert werden und selbst Jahre später genau auf diesem Feld wieder angewählt werden. Der Schlepper steuert dann die Position der Spur an und fährt gerade und mit konstanter Geschwindigkeit über den Acker. Möglich ist dies durch ein autonomes Lenksystem.
Empfang über Handynetz
Was für Außenstehende nach Hightech der Zukunft klingt, ist bei einigen Landwirten in Oberfranken bereits im alltäglichen Gebrauch. Auch Georg Schauer nutzt die autonome Steuerung bereits seit rund einem Jahr für seinen landwirtschaftlichen Betrieb in Neudorf. Zur Erkennung der Spur verwendet das Lenksystem das Globale Positionierungssystem (GPS). Mit einer großen Stabantenne und einem Empfänger im Traktor werden die Signale empfangen. Aus den GPS-Satelliten wird zuerst die Position des Traktors berechnet und dann die Fahrspur bestimmt. Während in einigen Teilen Frankens bereits separate Funknetze für diese Technik aufgebaut werden, muss Schauer mit dem herkömmlichen Mobilfunknetz vorlieb nehmen. "Bisher hatte ich keine Netzprobleme. Wo Handys keine Verbindung mehr hinbekommen, habe ich durch die Stabantenne noch immer Empfang", erklärt er.
Auf dem "Gartenacker" demonstriert der Landwirt die Technik. Auf seinem Touchpad tippt er die "Spurlinie 1" aus. Es ertönt zwar keine Entspannungsmusik, etwas zurücklehnen kann sich der Landwirt die nächsten Minuten trotzdem. Der Traktor steuert die gewählte Spur an und fährt gerade und mit konstanter Geschwindigkeit seine Bahn. Der Landwirt braucht weder Hände noch Füße einzusetzen und kann sich derweil auf andere Dinge wie Einstellungen der Maschinen oder Überwachung konzentrieren. Dass der Traktor bis auf eine Abweichung von zwei Zentimetern in der Spur bleibt, ist dem genauen Korrektursignal "Real Time Kinematik" (RTK) zu verdanken, wofür Schauer alleine rund 5000 Euro investiert hat. Erst beim Wenden muss der Landwirt wieder aktiv eingreifen, dann steuert der Satellit die nächste automatische Linie. Die autonome Lenkung funktioniert dabei nicht nur bei geraden Fahrten von A nach B, sondern auch für Kurven und Kreise.
Kreisrunde Felder? Im Mittleren Westen in den USA stark verbreitet, in Europa kaum zu sehen. Theoretisch könnte der Schlepper aber auch hierzulande seine Kreise automatisch drehen. Schauer tippt auf den roten Record-Button und fährt einen Kreis und speichert diesen auf dem Bordcomputer als eine neue Spur ab. Einige Hundert Meter weiter wählt der Landwirt diese Spur aus und der Schlepper fährt automatisch genau den identischen Kreis ab.
Was in solchen Momenten vielleicht als technische Spielerei anmutet, erweist sich auch wirtschaftlich über die Jahre als lohnenswert. "Mit der Technik kann man unheimlich viel Betriebsmittel und Diesel einsparen", so Schauer. Als Beispiel nennt er den Einsatz von Dünger. Während er früher für seine Felder vorsorglich 7,5 Tonnen Dünger bestellte, würden nun sieben Tonnen genau aufgehen, erklärt der Landwirt. Schauer schätzt, dass die Anschaffungskosten der Technik von rund 15 000 Euro durch die Einsparungen in sieben bis acht Jahren wieder eingebracht sind.