Druckartikel: Ein Scherzbold narrte Staffelsteiner Eltern

Ein Scherzbold narrte Staffelsteiner Eltern


Autor: Matthias Einwag

Bad Staffelstein, Montag, 18. Februar 2019

Eine Familie aus dem Lautergrund bekam einen mysteriösen Anruf. Über Facebook und Whatsapp zog die Geschichte dann Kreise. Dabei wurden Inhalte verdreht weitergegeben. Die Polizei fand heraus, dass der Anruf über ein Scherztelefon lief.
Die Polizeibeamten Gerald Storath und Anke Hagel-Burgstaller sowie der geschäftsleitende Beamte der Stadt Bad Staffelstein, Wolfgang Hörath (von rechts), beim Recherchieren auf der Marcophono-Seite im Internet.Matthias Einwag


Ein merkwürdiger Anruf schreckte eine Familie aus dem Lautergrund auf. Ein Mann mit hochdeutscher Stimme, der sich Störfeuer nannte, hatte vor einigen Tagen bei der Mutter eines Drittklässers angerufen. Der Mann sagte, dass das Kind, dessen Namen er nannte, am nächsten Tag alleine vor dem Lehrerzimmer warten solle, wo es abgeholt werde. Näheres könne er aber nicht sagen, denn er sei Referendar und erst seit einem Tag an der Schule.

Der Mutter kam dieser Anruf seltsam vor. Sie fragte deshalb bei der Schulleiterin der Ivo-Hennemann-Schule nach und bekam von Gudrun Mackert die Auskunft: "Wir haben überhaupt keinen Referendar." Das machte die Sache noch mysteriöser. Die Schulleiterin schaltete deshalb die Polizei ein.

Nummer des Anrufers identifiziert

Weil ein ernster Hintergrund nicht auszuschließen war und weil Vorfällen mit Kindern generell eine besondere Aufmerksamkeit zukommt, nahmen die Beamten der Polizeistation Bad Staffelstein Ermittlungen auf. Schnell hatten sie den Anrufer identifiziert. Mit dem Telefon der Eltern lasen sie über den Router seine Nummer aus. Die Handynummer des Anrufers führte die Ermittler zu der Internetseite des Scherztelefons Marcophono. "Es war nachweislich diese Nummer", sagt Polizeihauptmeisterin Anke Hagel-Burgstaller

"Telefonstreiche online"

Über diese Webseite kann jeder vom Computer aus die Telefonnummer und den Namen eines beliebigen Menschen eingeben, den er foppen möchte. Ein vorher auszuwählender Scherztext wird dann telefonisch übertragen. Der Untertitel der Webseite beschreibt, worum es dabei geht: "Telefonstreiche online". Der selbsternannte Scherzbold kann sich aussuchen, mit welchem Schabernack er anonym einen ahnungslosen Zeitgenossen erschrecken möchte. Hiermit kann man seine Mitmenschen das ganze Jahr über in den April schicken: "Sie Zeitungsdieb!", "Pizzabestellung kommt später", "Graffiti an Ihrer Hauswand" oder "Läusebefall in der Schule".

Rufnummer ist nicht vergeben

Wer jedoch die Nummer des unbekannten Anrufers (0176/ 83869864) über die Anzeige auf seinem Handy anwählt, der bekommt folgende Ansage zu hören: "Die von Ihnen gewählte Rufnummer ist nicht vergeben. Bitte rufen Sie die Auskunft an."

Polizeihauptkommissar Gerald Storath, gibt Entwarnung. Dies sei eindeutig ein Dummer-Jungen-Streich gewesen, der keinen Straftatbestand erfülle und keinen bedrohlichen Hintergrund habe.

Ein virtueller Hype setzte ein

Doch dieser Streich begann weite Kreise zu ziehen. Über Facebook- und Whatsapp-Gruppen der Eltern wurde dieser Scherzanruf bei der Familie im Lautergrund mit einem anderen Vorfall in Verbindung gebracht. Der Wortlaut des Anrufes wurde verdreht und entstellt wiedergegeben, sagt Storath. Die Eltern vermischten den Anruf mit einen realen Fall: Tatsächlich hatte ein Bub in Wolfsdorf einige Tage zuvor ausgesagt, ein Mann habe ihn aus einem schwarzen Auto heraus fotografiert.

In den sozialen Medien veränderten sich schnell der Sachverhalt und der Ort. Es hieß, in Unnersdorf sei ein Bub auf dem Heimweg von einem Autofahrer angesprochen worden. Ein Hype setzte ein, der nicht nur den Lautergrund und Wolfsdorf erfasste, sondern bis in den Banzgau hineinreichte. Über ihre Netzwerke posteten Eltern, ihre Kinder seien möglicherweise nicht mehr sicher. Eine Kindergartenleitung schaltete sich beruhigend und vermittelnd ein.

Dass der Name Störfeuer des angeblichen Referendars die angerufene Mutter nicht sofort stutzig gemacht hatte - wen wundert das schon? Solche Details fallen bei einem überraschenden Anruf nicht sofort auf - erst recht nicht, wenn der Anruf abrupt endet. Herr Störfeuer legte nämlich ganz plötzlich auf, so dass es der Mutter gar nicht möglich war, weitere Fragen zu dem angeblichen Vorfall an der Schule zu stellen. Sie blieb verunsichert zurück.

Verhaltenstipps für Eltern

Misstrauen Eltern, denen ein oben geschilderter Anruf komisch vorkommt und die misstrauisch geworden sind, sollten umgehend beim Sekretariat der Schule ihres Kindes nachfragen oder um einen Rückruf des Klassenlehrers bitten.

Polizei Wenn Kinder in mysteriöse Fälle verwickelt werden, ist ein Anruf bei der Polizei ratsam. Die Beamten in Lichtenfels (09571/95200) oder Bad Staffelstein (09573/22230) kümmern sich um die Aufklärung des Sachverhaltes.

Schulweghelfer Wichtig wäre, dass sich Eltern als Schulweghelfer zur Verfügung stellen, sagt Wolfgang Hörath, der geschäftsleitende Beamte der Stadt Bad Staffelstein. Die Stadt suche dringend Personen, die diesen Dienst leisten. Wo Schulweghelfer die Wege überwachen, werde die Sicherheit der Kinder in jeder Hinsicht wesentlich verbessert.

Meinung

Nicht gleich alles in die Gruppe posten

Was verstehen Sie unter Humor? Auf diese Frage antworte ich manchmal: "Weiß nicht, ich bin nicht von hier."

Über Humor kann man verschiedener Meinung sein. Schon immer wurden ganzjährig Scherze gerissen, nicht nur am 1. April und während des Faschings. Eine neue Qualität brachte die Digitalisierung mit sich. Humor ist allgegenwärtig. Sprechende Roboter imitieren inzwischen die menschliche Stimme so gut, dass Leute leicht übertölpelt werden können.

Natürlich sollte man stets gewärtig sein, den Anruf eines grantigen Radio-Scherzbolds vom Dienst zu erhalten, der hartnäckig auf einer dummen Frage herumreitet. Die Grenze des guten Geschmacks ist aber überschritten, wenn Eltern verunsichert werden.

All jene, die Kinder haben, kennen das Phänomen, dass sie manchmal durch scheinbare Nebensächlichkeiten alarmiert werden und einer Sache auf den Grund gehen müssen, bei der sie ein ungutes Gefühl haben. Und Hand aufs Herz: Ist nicht jeder von uns anfällig, verunsichert zu werden?

Dann gilt: Ruhe bewahren, cool bleiben, nicht alles gleich in die Whatsapp-Gruppe hinausposaunen. Erst mal Fakten-Check!

Sollte Sie also der lausige Herr Störfeuer anrufen und Sie auffordern, am 1. April zu einer nahen Brauerei zu radeln, um dort Freibier zu genießen, dann behalten Sie einen kühlen Kopf. Erkundigen Sie sich bitte zuerst, ob der Gasthof nicht vielleicht Ruhetag hat.

Matthias Einwag