Ein Ort des lebensnahen Lernens
Autor: Bastian Girg
Lichtenfels, Donnerstag, 29. November 2012
Am Freitag, 30. November, feiert die Dr.-Roßbach-Grundschule in Lichtenfels ihr 125-jähriges Bestehen mit einem Festakt. Einer, der das Schulhaus sehr gut kennt, ist der Lehrer Willi Gutgesell.
Das gesamte Jahr stand für die Schule bereits im Zeichen des Jubiläums, sei es beim Schulfest im Sommer oder einer Schülerwallfahrt nach Vierzehnheiligen. Willi Gutgesell, seit 1978 als Lehrer an der Schule, hat sich in den vergangenen letzten Monaten besonders intensiv mit der Schulgeschichte beschäftigt. Er bereitet eine Festschrift vor, die im nächsten Jahr erscheinen soll.
"Der Blick auf die Grundschule, wenn ich am Morgen von Schney zur Schule fahre, ist immer noch etwas Besonderes", schwärmt Willi Gutgesell von "einem der schönsten Gebäude in Lichtenfels". Der Grundstein für das imposante Sandsteingebäude wurde am 22. März 1887 gelegt. 16 Monate später erfolgte die Einweihung des damals noch zweistöckigen Schulhauses. "Aber schon 1903 wurde das Gebäude aufgestockt, da Platzmangel herrschte", sagt Willi Gutgesell.
Vier Schulen unter einem Dach
Zeitweilig waren in dem Sandsteinbau vier Schulen untergebracht: Die katholische Knabenschule, die katholische Mädchenschule, die evangelische Volksschule und die Hilfsschule. Das endgültige Aus für diese Trennung kam im Jahr 1969, mit der Einführung von Grund- und Hauptschulen.
Zur reinen Grundschule wurde das Gebäude aber erst im Jahr 1974, als die Herzog-Otto-Schule den Unterricht als Hauptschule aufnahm. 2009 ging mit dem Abzug der "Armen Schulschwestern von unserer Lieben Frau" aus Lichtenfels auch eine Ära an der Dr.-Roßbach-Grundschule zu Ende. Mitunter waren bis zu fünf Schwestern als Lehrerinnen an der Schule. "Die haben alles unterrichtet, auch Sport, wenn Not am Mann war", erinnert sich Willi Gutgesell.
Besonders das Schulinnere hat sein Aussehen in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert. Klassenzimmer und Sanitäranlagen wurden renoviert, und die gesamte Inneneinrichtung wurde farbiger und kinderfreundlicher gestaltet. "Die Stadt Lichtenfels hat hier viel geleistet", lobt Willi Gutgesell. Mit einer Veränderung kann er sich allerdings nicht richtig anfreunden: "Die alten, schmiedeeisernen Geländer in den Treppenhäusern mussten entfernt werden, weil der Strebenabstand 18 Zentimeter betrug", erzählt der Lehrer. Von der Versicherung vorgeschrieben seien aber 16 Zentimeter, was das Schicksal des verschnörkelten Geländers besiegelte.
Schöne Einblicke in die Schulhistorie bietet das Museum im Keller der Grundschule. Aufräumarbeiten zu Beginn der 1990er Jahre förderten viele interessante Gegenstände zu Tage, was die Idee eines Schulmuseums Realität werden ließ.
Willi Gutgesell, der selber noch kein Museumsstück ist, sich aber augenzwinkernd als "Dinosaurier" bezeichnet, weiß zu vielen Gegenständen im Museum eine Geschichte zu erzählen. Schwere Episkope, die Vorläufer moderner Projektoren, hat er zu Beginn seiner Schullaufbahn noch selber durch das Treppenhaus ins Klassenzimmer geschleppt. "Im Geschichtsunterricht ist es gut, den Kindern die alten Dinge zeigen zu können", sagt Gutgesell. Neben alten Tafeln und Rechenschiebern finden sich auch viele Hefte und Bilder aus der Schulgeschichte.
Geschichte hautnah erfuhren Willi Gutgesell, seine Kollegen und Schüler Mitte der 1980er Jahre beim Anlegen des Schulgartens. "Beim Graben sind wir plötzlich auf Patronen aus dem Zweiten Weltkrieg gestoßen", erzählt Gutgesell. Der Vorfall habe sogar ein Räumkommando alarmiert. Erst nachdem die Spezialisten den Garten genau untersucht hatten, konnten Schüler und Lehrer die Arbeit fortsetzen.