Ein merkwürdiger "Deal"
Autor: Markus Häggberg
Lichtenfels, Mittwoch, 01. Februar 2017
Ein 35-Jähriger aus dem Landkreis Lichtenfels ist des Handels mit Drogen angeklagt. Undurchsichtig bleibt im Prozess die Rolle der Hauptbelastungszeugin.
LichtenfelsBeinahe eine Stunde lang wurde die Hauptbelastungszeugin von Rechtsanwalt Marc Brab im Amtsgericht zu seinem Mandanten befragt. Ungewöhnlich in dieser Dauer. Dann stand im Dienstagsprozess um Drogenhandel für Brab fest, dass er sie nur für bedingt glaubwürdig hält und auf weitere Zeugen besteht. Die Strafsitzung gegen einen des Handels mit Betäubungsmitteln angeklagten 35-Jährigen aus dem östlichen Landkreis bot merkwürdige Einblicke, fragwürdige Aussagen und ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen einer Zeugin und einem Verteidiger.
Die Anklageverlesung durch Staatsanwältin Franziska Winkler war kurz und bündig: Zu 13 Zeitpunkten binnen zweier Wochen im April 2016 soll der 35-Jährige zwischen zwei und fünf Gramm Crystal Speed gekauft haben. Davon aber soll der Mann stets einer jungen Frau eine Konsumeinheit abgetreten haben. Kostenlos.
Die 31-Jährige aus Kronach bestritt das nicht, sprach aber auch davon, dass der Angeklagte Anstalten gemacht habe, sie zu einer für ihn günstigen Aussage zu bewegen. 500 Euro habe der Mann sich vor rund einem dreiviertel Jahr bei ihr geliehen. "Für drei, vier Stunden auslegen" habe sie das Geld sollen. Gesehen habe sie es nie mehr wieder. "Mit zwei Kindern habe ich dagesessen und er hat keine Anstalten gemacht, mal wenigstens 20 Euro vorbeizubringen." Dann, vor drei oder vier Wochen, sei er auf sie zugekommen, mit der Idee, ihr das Geld zurückzuzahlen, so sie zu seinen Gunsten aussagen würde. "So war der Deal."
Ominöse Notizen
Merkwürdig mutete für Richter Stefan Hoffmann an, dass die junge Frau angab, sich die Grammzahlen des "guten Stoffs" aufgeschrieben zu haben, mit welchem ihr Besucher vorbeikam. Dazu soll er auch eine Waage mit Digitalanzeige dabei gehabt haben. "Warum hat er das Crystal Speed bei Ihnen abgewogen? Hatte er keine eigene Wohnung?", erkundigte sich Hoffmann. Eine Antwort blieb sie ihm schuldig.Auf seine Frage, was das mit dem Aufschreiben eigentlich gesollt habe, antwortete die Zeugin gar etwas undurchschaubar mit: "Weil ich wusste, dass es bald knallt in Kronach". Auch Fragen danach, in welchem Verhältnis die Frau zu dem 35-Jährigen stand, hatte sie zu beantworten. Immerhin habe sie nie für den "Stoff" zu zahlen gehabt. Sie distanzierte sich davon, dass der Mann ein Freund gewesen sei oder von ihr sexuelle Gefälligkeiten erhielt. Auch ein guter Bekannter sei er nicht gewesen, lediglich "ein Bekannter".
"Sie erzählen hier einen Scheiß, anders kann ich es gar nicht sagen", hielt Brab der Frau entgegen. Vor allem störte er sich an ihrer Aussage zu den Grammzahlen, die auf der Waage gestanden haben sollen. Denn aus der von ihr geschilderten Sitzposition, in der sie das Wiegen beobachtet haben wollte, hätte sie Brabs Ansicht nach nicht auf die Digitalanzeige der Waage sehen können. Zudem verfügte Brab über Ausdrucke von SMS-Nachrichten, welche die Zeugin an seinen Mandanten adressierte. Und die waren scharf, beleidigend und drohten ein "Auspacken" an. Zudem war aus ihnen sogar von 1000 Euro zu lesen, die die Zeugin vom Angeklagten einforderte. Warum 1000, wenn er ihr doch nur 500 schulde? "Ja, er schuldet meinem Freund 500 und mir 500", so die Antwort der der Frau.
Als widersprüchlich empfand Brab die von ihr gemachten Angaben. Nun möchte er einen Zeitabgleich mit der damaligen Lebensgefährtin seines Mandanten anstreben. Der soll erbringen, ob der 35-Jährige während der von der Zeugin angegebenen Besuchszeiten bei ihr nicht womöglich doch mit seiner Freundin zusammen war. Neue Zeugen, neuer Termin. Dann aber soll ein Urteil fallen.