Ein Blick in die Vergangenheit
Autor: Ingrid Kohles
Mainroth, Donnerstag, 29. Oktober 2015
Bei der Sanierung der Kirche St. Michael sind Maurreste des Vorgängerbaus zum Vorschein gekommen.
Bei der Innensanierung der Pfarrkirche St. Michael in Mainroth kamen überraschend in den freigeräumten Vierecken unter den ausgebauten Bankpodesten behauene Sandsteinmauerreste zum Vorschein. Andreas Büttner vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege bestätigte nach einer ersten Besichtigung, dass es sich dabei um Mauerreste einer Vorgängerkirche handeln muss.
Inzwischen hat Archäologe Andreas Pross mit seinem Team die Mauerteile in einem ersten Arbeitsschritt genau vermessen und kartografiert. Die Kirchenverwaltung hat dann gemeinsam mit Pfarrer Kosma Rejmer beschlossen, das aufgestoßene Fenster in die Vergangenheit noch ein wenig weiter zu öffnen und die Archäologen beauftragt, weitere Untersuchungen vorzunehmen.
Gemeinsam mit Pross' Kollegen Roman Schöpplein führten Kirchenpfleger Karlheinz Kohles, Kirchenrat Dietmar Foltes und Peter Bornschlegel Nachgrabungen an den Mauerresten Richtung Westen und in den beiden südlichen Ge-vierten vor. An den Außenmauern konnte der Bereich bis zur Fundamenttiefe der Vorgängerkirche freigelegt werden. Hier ist mit bloßem Auge gut zu erkennen, dass bei der ersten Kirche eine Fundament aus aufrechtstehenden Sandsteinbrocken in den gewachsenen Boden verbaut wurde. Darauf sitzt die fast 130 Zentimeter breite Außenmauer der ursprünglichen Kirche. Ja, Kirche, denn die in alten Unterlagen immer vermutete Vorgängerkapelle war von den Ausmaßen her schon immer eine Kirche, die schätzungsweise Platz für etwa 60 Personen bot.
Außenmauern komplett erhalten
Laut Archäologe Pross sind die Außenmauern des kompletten Vorgängerbaus
erhalten. Er datiert die Bauzeit auf Mitte des 12. Jahrhunderts. "Wir haben hier ein typisches romanisches Bauwerk vorgefunden, was auch durch den gut erhaltenen romanischen Fußboden im vorderen nördlichen Geviert bewiesen wird." Auch die Tonscherben, die gefunden wurden, stammen eindeutig aus dem 11. bis 12. Jahrhundert. Typisch für jene Zeitepoche sind Bestattungen von angesehenen Personen im Kircheninnern. Diese wurden immer im südlichen Bereich vorgenommen. Auch in der Mainrother Kirche fanden die Archäologen Grabgruben vor, die genau katalogisiert und in spezielle Grabungsskizzen eingetragen wurden. Nach der Auswertung aller Funde werden diese im Landesamt für Denkmalpflege katalogisiert und aufbewahrt. Die Knochenfunde werden in einer stillen Zeremonie wieder beigesetzt.
Kirchenpfleger Karlheinz Kohles ist dankbar, dass der Blick in die Entstehungsgeschichte des Kirchenbaus und damit die Gründerzeit einer selbstständigen Pfarrei in Mainroth möglich wurde. "Während wir gebuddelt haben, konnten die Kirchenmaler ihre Arbeit ohne Einschränkungen fortführen. So ist es uns gelungen, die offenen Fragen zur Kirchenhistorie ohne Zeitverzögerungen für die laufende Innensanierung zu klären", stellt er zufrieden fest. Jetzt kann das Fenster in die Vergangenheit wieder geschlossen, die Gevierte also wieder verfüllt und danach die neuen Bankpodeste eingebaut werden.
Die Kirchensanierung schreitet indes voran. In der nächsten Woche wird das Innengerüst abgebaut, dann ist auch die Restauration der Kirchendecke und des Stucks abgeschlossen. Der Kirchenpfleger ist zuversichtlich, dass jetzt keine weiteren Überraschungen auf ihn und seine Helfer warten.