Druckartikel: Ein Amerikaner auf den Spuren seines Vaters

Ein Amerikaner auf den Spuren seines Vaters


Autor: Matthias Einwag

Bad Staffelstein, Freitag, 16. Juni 2017

John L. Withers, der Sohn eines US-Offiziers, der nach dem Krieg in Staffelstein stationiert war, besuchte die Stadt.
John L. Withers und seine Frau Maryruth Coleman beim Besuch im Staffelsteiner Rathaus. Der ehemalige Diplomat gab Bürgermeister Jürgen Kohmann und Stadtarchivarin Adelheid Waschka kleine Einblicke in das von ihm verfasste Manuskript der Lebensgeschichte seines Vater John Withers, der 1945 als First Lieutenant in Staffelstein stationiert war. Foto: Matthias Einwag


Für John L. Withers ist es etwas ganz Besonders, nach Bad Staffelstein zu reisen. Zum vierten Mal besucht der 68-jährige US-Amerikaner nun schon die Stadt, in der sein Vater John Withers von Januar bis Dezember 1946 als US-Offizier stationiert gewesen ist. Über das bewegte Leben seines Vaters schreibt der Sohn gerade ein Buch. Zehn bis zwölf Kapitel wird es haben, eines davon ist Staffelstein gewidmet.

Eine Woche reisen John L. Withers und seine Frau Maryruth Coleman durch Deutschland. Der pensionierte Diplomat, der unweit von Washington am Potomac lebt, ist viel auf der Welt herumgekommen. Unter anderem war er drei Jahre US-Botschafter in Albanien. Der Besuch in Bad Staffelstein ist ihm wichtig, denn die Stadt nahm immer wieder einen zentralen Punkt in den Erzählungen seines Vaters ein, der im Alter von 91 vor wenigen Jahren gestorben ist.

Ins Staffelsteiner Rathaus hat John L. Withers das mehrere hundert Seiten starke Manuskript über das Leben seines Vaters mitgebracht. John Withers Senior gehörte 1946 der "Quartermaster Truck Company 3512" an, die im Gasthof "Grüner Baum" untergebracht war. Diese Kompanie war keine Kampftruppe, sie hatte logistische Aufgaben und bestand aus farbigen GIs. Selbst im hohen Alter habe sich sein Vater noch gern an Staffelstein erinnert. "People are people - you've good one's and you've bad one's - that's the lesson, he learned here in Staffelstein" (Die Menschen sind wie sie sind - es gibt gute und schlechte, diese Lektion lernte er hier in Staffelstein).


GIs spenden Kaffee fürs Kloster

Im Rathaus erzählt John L. Withers Bürgermeister Jürgen Kohmann (CSU) mit viel Humor etliche Anekdoten aus dem Jahr 1946, die er von seinem Vater erfahren hatte. Von Kaffee- und Milchspenden an die Schwestern in Vierzehnheiligen spricht er und über Basketballturniere der US-Einheiten untereinander - aber auch über zwei jüdische Jungen, die damals der Obhut der US-Soldaten anvertraut waren. "It happens here", sagt er immer wieder, "das passierte hier". Es sei wichtig, all diese Erinnerungen festzuhalten für die Kinder und Enkel, bekräftigt er. Dieses Wissen dürfe nicht verloren gehen, denn wir lernen viel aus der Geschichte ("we learn so much from history").


Veröffentlichung nicht geplant

Und immer wieder spricht er über Alfred Meixner, den ehemaligen Rektor der Adam-Riese-Schule und Museumsleiter, den er zusammen mit Stadtarchivarin Adelheid Waschka in Romansthal besuchte. Alfred Meixner sei einer von jenen gewesen, die ihn darin bestärkten, dieses Buch über das Leben des Vaters zu schreiben. Im Sommer werde das Buch fertig, doch veröffentlichen möchte er es nicht. "It's only a draft" (Es ist nur ein Entwurf), sagt er bescheiden.

"He had been happy here in Staffelstein" (Er war glücklich hier in Staffelstein), beschreibt er diesen Abschnitt im turbulenten Leben seines Vater. "Hier fand er einen schönen Ort, wie er ihn nicht mehr fand" - die Worte des Diplomaten klingen aufrichtig und authentisch. Von Staffelstein habe sein Vater immer wieder erzählt, als er älter wurde und nicht mehr auf der ganzen Welt umher reiste: "He talked about this place - again and aga in and again" (Er sprach über diesen Ort, wieder und wieder und wieder).

Doch John L. Withers blickt nicht nur zurück. Er interessiert sich sehr für die Gegenwart. Im Museum besuchte er die Ausstellung über Staffelstein in der Zeit des Nationalsozialismus und vom Bürgermeister will er wissen, ob der Bad-Titel der Stadt wirtschaftliche Vorteile bei der Vermarktung bringe. Auch wann die nächsten Bürgermeisterwahlen sind, interessiert ihn. Nächstes Jahr, sagt Jürgen Kohmann, werde gewählt. Maryruth Coleman scherzt: "Can we vote?" (Dürfen wir wählen?).

Und als der Bürgermeister bedauert, dass sein Englisch nicht das beste sei, ist John L. Withers ganz Diplomat: "Your English is better than my German" (Ihr Englisch ist besser als mein Deutsch).