Durchs Spielen zum Sprechen
Autor: Andreas Schmitt
Redwitz, Dienstag, 17. Mai 2016
Der Bund fördert das spielerische Erlernen der deutschen Sprache. Unter anderem fließen Gelder an die Kita "Grünschnabel" in Redwitz.
Es dauert ein wenig, bis Martha angekommen ist. Gemächlich ist sie unterwegs, die Schnecke, deren Geschichte Renate Benson gerade vorliest. Sie erzählt, wie Martha auf Paul, die Fliege, trifft und ausgelacht wird, weil sie nicht fliegen kann. "Was kannst du schon Besonderes?", ärgert er sie.
Martha, so liest die Sprachförderkraft der Redwitzer Kita "Grünschnabel" weiter, fühlt sich daraufhin einsam und verkriecht sich in ihr Schneckenhaus. "Die Arme", sagt Irem, die das aufgeweckteste unter den fünf zuhörenden Kindern ist.
Mitleid mit der Schnecke Martha
Lange muss das Mädchen aber nicht Mitleid mit der Schnecke haben. Bald schon nimmt deren Geschichte einen anderen Verlauf. Als Regen aufkommt und sich jeder nach einem Zuhause sehnt, fällt Paul auf, dass er keines hat. Das Happy End: Die Fliege klopft an das Schneckenhaus. Und merkt, dass ein trockener Unterschlupf Marthas Besonderheit ist. Mitleid haben, traurig sein, Freundschaft schließen, darum dreht sich die Geschichte inhaltlich. Den Sinn dahinter erklärt Renate Benson, die sich in Redwitz seit 2011 intensiv um diejenigen kümmert, die mit der deutschen Sprache Probleme haben: "Die Kinder sollen die Bedeutung der Worte mit solchen Geschichten spielerisch erlernen."
An der Sprachgruppe nehmen bis zu acht Kinder im Alter von vier bis sechs Jahren teil. Die meisten von ihnen wachsen mehrsprachig auf. Ihre Muttersprache ist Türkisch, Russisch oder Englisch, aber Arabisch. "Sie haben einen ganz anderen Hintergrund, auch die Kommunikation mit den Eltern ist schwierig", sagt Renate Benson.
Handpuppe Max sehr beliebt
Den Kindern wird mit Musik und Kuscheltieren ihre Angst und Schüchternheit genommen werden. "Sie fragen schon immer im Garten nach Max", erzählt Ronja Sünkel, 21, die zusammen mit Renate Benson die Sprachgruppe betreut. Die Handpuppe begrüßt die Kinder und fragt sie nach ihren Namen. "Die Kinder sollen lernen, ihre eigenen Ideen mit Hilfe der Sprache umzusetzen", sagt Renate Benson. Die 57-Jährige ist seit 1994 in Redwitz und war vor ihrer Zeit als Sprachförderkraft Gruppenerzieherin. Neben der Sprachgruppe gehören frühkindlicher Unterricht in Englisch sowie Theater und Musik zu ihrem Aufgabengebiet. Außerdem gibt es in der Kita eine in Zusammenarbeit mit den Eltern geleitete Bücherei, aus der sich die Kinder im Ausleihköfferchen Bücher mit nach Hause nehmen.
Die 20-Stunden-Stelle von Renate Benson, ihre Fortbildungen und die Materialanschaffungen werden im Rahmen des Programms "Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist" vom Bundesfamilienministerium gefördert, das dafür jährlich 100 Millionen Euro ausgibt.
Redwitz seit 2011 gefördert
Bewerben konnten sich Einrichtungen mit überdurchschnittlichem Anteil an Kindern mit besonderem sprachlichem Förderbedarf. Im Kreis erhielten die evangelischen Kitas in Burgkunstadt und Redwitz je 25 000 Euro im Jahr. Für die Kita "Grünschnabel", wo sich 29 Betreuerinnen um 111 Kinder, davon zehn Prozent mit Migrationshintergrund kümmern, ist die Förderung nichts Neues. Von 2011 bis 2015 habe man bereits gute Erfahrungen mit dem Vorgängerprogramm gemacht, sagt die stellvertretende Leiterin Daniela Günther.