Downhill ins Event-Management
Autor: Markus Häggberg
Michelau, Dienstag, 29. Oktober 2013
Ihre Vorliebe für rasante Bergabfahrten hat Sabrina Ungemach in ein neues berufliches Tätigkeitsfeld geführt. Sie organisiert Festivals, zu denen Tausende von Gleichgesinnten aus vielen Ländern kommen.
"Angefixt" worden sei sie durch ihren Ex-Freund, sagt Sabrina Ungemach. Die junge Frau spricht nicht von Drogen, sondern von der Faszination Mountainbike, der sie vor Jahren erlag. Eine Liebe auf den erst soundsovielten Blick, die ihr ein Berufsleben abseits der schon eingefahrenen Gleise eröffnete. Die 29-jährige Michelauerin ist Ideengeberin des größten europäischen Mountainbike-Festivals.
Sabrina Ungemach lacht. Schon komisch, wie das Leben so spielt. Als sie vor acht Jahren ein Konzept entwarf und das "Dirt-Master-Festival" mit seinen geschätzten 15 000 Besuchern schon lange in Gang war, fragte sie sich, wie sie jetzt eigentlich bezahlt würde. "Ich habe überhaupt nicht über Geld nachgedacht. In der Fahrradbranche ist man da ziemlich locker", sagt die junge Frau.
Wie alles anfing
Winterberg im Hochsauerland.
Aus Begeisterung he raus las sie damals Mountainbike-Magazine. Eines Tages fiel ihr eine Anzeige im Mountainbike-Rider-Magazine auf, wonach dieses eine Redaktionsassistenz in Solingen suchte. Womit die damals 20-Jährige nicht rechnete, war die baldige Zusage. Jetzt stellte sie sich eine neue Frage: Was willst du eigentlich in Solingen? Aus der Assistenz wurde mehr, denn bald schrieb die junge Frau Storys und Interviews. Auch in dieser Szene gibt es Stars und Werksfahrer, gibt es Veranstaltungen und berichtenswerte Events. Irgendwann 2004 habe sie in der Redaktion den Satz fallen lassen: "Ein Event kann man eigentlich auch selbst machen." Die Antwort: "Ja, mach mal."
Das Magazin mietete 2005 schließlich Skater-Hallen an, um dort Mountainbiker vor Publikum Tricks vorführen zu lassen. Eine ganze Serie an Hallenvorführungen, vorrangig in Mitteldeutschland, entstand und dauerte sogar noch an. Zeit, in der die Michelauerin Erfahrungen im Aufziehen von Veranstaltungen sammelte, die Annäherung an und den Umgang mit Sponsoren einübte und die Szene besser kennen lernte. "Ich habe am meisten durchs Tun gelernt", lautet ihre Erkenntnis.
Arbeiten von zuhause aus
Sabrina Ungemach hat sich ein Haus in Michelau gebaut, eine kleine, auf sie zugeschnittene, einstöckige Komfortzone für sich, ihren Hund und ihre Katze. Die Räume sind hell und verraten etwas über die Bewohnerin: Strukturiert wird sie wohl sein, auch neugierig. Unkonventionell eben. Wert auf "Designer-Schnickschnack" legt die Frau offensichtlich nicht, aber arbeiten kann sie dank Laptop und Handy in allen Räumen. "Die ganze Wohnung ist ein Büro", sagt sie am Tisch ihrer Wohnküche sitzend.
Während des Interviews ruft der Einsatzleiter eines Festivals an" um etwas für den nächsten Mai" zu besprechen. Koordination, Rettungspläne, Sponsoren, Aufbau der Messestände, Versicherungen, Pressearbeit - bei Sabrina Ungemach laufen alle Fäden in der Organisation zusammen.
Das gilt besonders für das Festival, das sie ins Leben rief, das Dirt-Master-Festival. Es entstand als Weiterentwicklung der Hallenserie in Winterberg und lockte nach der Bewerbung spontan 15 000 Besucher an. "Ich war komplett über den Haufen gerannt, ich habe am Festivaleingang gestanden und geheult", erinnert sie sich.
Heute kommen sogar Mountainbike-Fahrer aus den USA, Israel, Italien, Frankreich und Spanien zu Europas größtem Mountainbike-Festival nach Winterberg. Das Geschäftsmodell der vier bis fünf Events, die Sabrina Ungemach pro Jahr veranstaltet, ist einfach, aber smart. Sie bringt viele Menschen dort zusammen, wo Sponsoren ihre Werbung unters Volk bringen. Mittlerweile, im siebenten Jahr des Winterberger Festivals, sind es knapp 35 000 bei Rockmusik und Messeveranstaltung, Fahrerschau und Expo.
Storys für ihr Magazin schreibt sie immer noch. Nicht mehr so viele wie damals, und jetzt auch von zuhause aus. Auf die Frage nach ihrem Beruf hat Sabrina Ungemach erst einmal keine Antwort. Das Event-Management stehe im Mittelpunkt. Und in dieser Branche gilt: "Nach dem Event ist vor dem Event."