Druckartikel: Die Schwester mit dem Schuhlöffel verdroschen

Die Schwester mit dem Schuhlöffel verdroschen


Autor: Markus Häggberg

Lichtenfels, Mittwoch, 27. August 2014

Um gefährliche Körperverletzung, begangen an der eigenen, pflegebedürftigen Schwester, ging es In einem Verfahrens vor dem Amtsgericht in Lichtenfels. Die 52-Jährige wurde zu einer Geldstrafe von 1200 Euro verurteilt. Wenigstens ersparte sie ihrer Schwester eine Zeugenaussage.
Das Amtsgericht verhandelte einen speziellen Fall von Körperverletzung.


"Nach Startschwierigkeiten im ersten Verfahren, haben Sie heute das einzig Richtige getan und die Tat eingeräumt", so Richter Christoph Lehmann am Ende eines Verfahrens um gefährliche Körperverletzung an die Angeklagte gewandt. Die ist nun erstmalig zu einer Geldstrafe von 1200 Euro verurteilt worden. Ihrer Schwester, der sie zugesetzt hatte, ersparte die Frau durch ihr Eingeständnis die Peinlichkeit einer Aussage.
Zwei Anklagepunkte machte Staatsanwältin Susanne Heppel gegen der 52-Jährige aus dem östlichen Landkreis Lichtenfels zum Vorwurf. Mal wieder, denn das Verfahren war schon einmal eröffnet worden. Damals wie am Mittwoch drehte es sich um zwei Vorfälle im Juni und Dezember 2013. Die ihr zur Pflege anvertraute Schwester habe ihr Nervenkostüm so strapaziert, dass ihr die Hand ausgerutscht sei, so erklärte die Beschuldigte.


Einmal aber hielt diese Hand auch einen 45 Zentimeter langen Schuhlöffel, was die Staatsanwaltschaft zur Annahme einer gefährlichen Körperverletzung zwang.

Ins Gewissen geredet

Noch vor Prozessbeginn sprach Lehmann der 52-Jährigen ins Gewissen. Das Opfer, das aus den damaligen Vorfällen Prellungen am Gesäß davongetragen hatte, befand sich in einem Nebenraum und hoffte auf das Einsehen ihrer Schwester. "Eine Aussage würde die (...) völlig fertig machen, es droht ihr ein epileptischer Anfall", so Lehmann. Und er ließ keinen Zweifel daran, dass er gewillt war, bei Einsicht "extrem zugunsten" der Burgkunstadterin zu bewerten.

20-mal am Tag auf die Toilette

Die Einsicht kam, und mit ihr kamen eine Menge Schilderungen zu den Begleitumständen der Tat. "Sie hat uns drei Wochen lang beleidigt: Ich soll mein Zeug selber fressen, ich bin a blöda Sau", so die Angeklagte rückblickend.
Besonders die Gänge zur Toilette seien aufreibend gewesen, da die zu pflegende Schwester aus Schikane 20-mal am Tag den begleitenden Gang gefordert habe. Und das, obwohl sie kaum getrunken habe.
"Was würden Sie machen?", fragte die Angeklagte den Richter. "Das ist eine Herausforderung - ich weiß", lautete die Antwort. Versehen mit dem Hinweis, dass bei Pflegefällen das Notwehrrecht eingeschränkt ist.
Zum Aufruf kam im Anschluss ein Zeuge, dem sich die Geschlagene damals anvertraut hatte. Der Sozialpädagoge erinnerte sich daran, dass ihm vom Opfer gesagt worden sei, es habe nicht auf die Toilette gehen dürfen und es sei zu massiven Schlägen gekommen. Die waren durch mehrere Prellmarken amtlich dokumentiert. Das Geschehene aber sei von der Frau "gut verarbeitet" worden.
Von Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung rückte Staatsanwältin Susanne Heppel nach dem Gehörten ab. Jedoch: "Nähe zur gefährlichen Körperverletzung beim Opfer, das sich kaum wehren konnte", stellte sie fest. Susanne Heppel forderte eine Geldstrafe in Höhe von 2400 Euro.
Beim letzten Wort, das Angeklagten vor Gericht immer eingeräumt wird, musste Lehmann zweimal nachfragen. Beim ersten Anlauf drehte sich das letzte Wort der Burgkunstadterin nur darum, wie sie die geforderte Summe aufbringen solle. Das war nicht das, was der Richter hören wollte.

Späte Reue im letzten Wort

Das von Reue getragene letzte Wort folgte im Anschluss. "Sie glauben gar nicht, wie oft ich meinem Mann sage, ich hätte anders reagieren sollen."
In seinem Urteil war Lehmann nachsichtiger als Staatsanwältin Heppel, denn er entschied wegen Körperverletzung auf eine Geldstrafe in Höhe von 1200 Euro.