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Die Rückkehr der rauen Gesellen


Autor: Andreas Welz

Schwürbitz, Donnerstag, 08. August 2013

Acht sturmerprobte harte Männer aus Schwürbitz lassen eine alte Tradition wieder aufleben. Morgen starten die Mitglieder des "Bremser"-Stammtisches ihre Fahrt an der Trebitzmühle bei Strössendorf.
Seit vielen Jahren begleitet Horst Habermann die Flößer von Schwürbitz. Am Lagerplatz am Ende des Kapellenwegs erläuterte er den Zusammenbau der beiden Flöße. Foto: Andreas Welz


Die Flößer galten als mutige Burschen, die auf riesigen Flößen bis nach Holland reisten und daher den Ruf einer gewissen Weltgewandtheit hatten. Wilhelm Hauff hat sie in dem Märchen "Das kalte Herz" beschrieben: "Die Freude der Flözer ist, auf ihrem Holz die Ströme abzufahren, ihr Leid, am Ufer wieder heraufzuwandeln." Man sagt, die Flößer waren raue Kerle mit einem weichen Herz.
Flößerzünfte im Schwarzwald oder im Frankenwald pflegen heute wieder die Tradition der bemannten Floßfahrt. Auch die Flößergemeinschaft Schwürbitz lässt eine alte Tradition wieder aufleben. Die harten Männer vom "Bremser"-Stammtisch werden am morgigen Samstag, um 10 Uhr, von der Trebitzmühle bei Strössendorf ihre beiden Flöße in Richtung Hochstadt navigieren.

Dabei unterscheiden sie sich allerdings von ihren Vorfahren, wie wir in einem zeitgenössischen Bericht nachlesen: "Den Flößern könnten Nässe und Kälte nichts anhaben. In den Monaten Februar und März, wo der Wasserstand am höchsten, und das Flößen auf den Bächen am lebhaftesten betrieben wird, sieht man oft die Bodenführer mit dem Floßhaken bis an den halben Leib im Wasser stehen, ohne dass ihre Gesundheit darunter litt."
Horst Habermann aus Lettenreuth begleitet die Stammtischler der Gastwirtschaft "Bremser" seit vielen Jahren. Er ist kein Mann für das Grobe, seine Faust umspannt nicht die Stake, sondern er führt die Kasse und übt das Amt des Schriftführers aus. Das Wort Verein hört er nicht gern, da "die rauen Gesellen in einer verschworenen Gemeinschaft auch ohne Vereinsmeierei auskommen". Bei einem Ortstermin am Lagerplatz der Flöße in Schwürbitz erläuterte er den Ablauf des großen Flößertages am morgigen Samstag.

Mit dem Traktor zur Trebitzmühle

Während die Flöße am heutigen Freitag auf ein Traktorfuhrwerk verladen werden, steht morgen, Samstag, um 8 Uhr, der Transport mit einem Traktor zur Trebitzmühle unterhalb vom Wehr an. Dort werden sie abgeladen und zusammengestellt.
Die Floßfahrt beginnt gegen 10 Uhr. Während der Floßfahrt ist vor dem Hochstadter Wehr gegen 12 Uhr eine Umladung auf dem Traktorfuhrwerk vorgesehen. Die Flöße werden nach der Hochstadter Mainbrücke wieder zu Wasser gelassen. Eine größere Haltepause wird beim Weiler Gruben gegen 13.30 Uhr eingelegt. Die Fahrt geht dann an der "Schmiedsstauden" vor den berüchtigten Felsen weiter. Gegen 16 Uhr werden die Flöße in Schwürbitz unterhalb der Mainbrücke erwartet, wo sie an der alten Floßanlegestelle "Weiher" festmachen. Anschließend ist ein gemütliches Beisammensein geplant.
Bereits 1982 hatten Stammtischler vom Gasthof "Bremser" eine erste Floßfahrt von Altenkunstadt bis nach Schwürbitz unternommen. Diese Floßfahrten wurden dann alle Jahre in den 80-er und 90-er Jahren wiederholt, bevor sie wegen Nachwuchsmangels vorerst eingestellt wurden.
Von der alten Flößer-Stammbesatzung sind nur noch "Pio" Theo Mahr und Wilfried Kraus übrig geblieben. Die Besatzung besteht heuer wieder aus acht sturmerprobten Männern.

Zur Geschichte

Waldreiche Regionen gab es viele, aber der Frankenwald bot einen entscheidenden Standortvorteil mit seinen Wasserstraßen Haßlach, Rodach und Kronach und einem dichten Netz kleinerer Bäche, die es ermöglichten, das Holz vom Einschlagort bis zum Main und von dort auf diesem nach Mainz zu flößen. Drei bis vier Wochen dauerte dieser Transport. Diese gute Infrastruktur wurde durch die Anlage von Floßteichen, die im Bedarfsfalle abgelassen wurden, um für einen ausreichenden Wasserstand zu sorgen, weiter ausgebaut.
Entsprechend der Flussbreite wurden an den verschiedenen Stationen kleinere Flöße zu immer größeren zusammengefasst, bis schließlich die großen Mainflöße - neun Meter breit und 120 Meter lang - entstanden. Bei jeder Vereinigung reduzierte sich die Zahl der benötigten Flößer. Die Überzähligen machten sich dann von Küps, Schwürbitz, Hallstadt, Bischberg und Würzburg aus auf den Heimweg. Zwei Hauptfaktoren führten zum Niedergang der Flößerei: Zum einen öffnete ab 1845 der Ludwig-Donau-Main-Kanal die Märke am Main und Rhein für das süd- und ostbayerische Holzangebot und führte zu Preisdruck. Zum anderen verteuerte der anschließende Mainausbau den Transport, denn nun waren Staustufen zu überwinden, höhere Gebühren wurden fällig, der Weg nahm mehr Zeit in Anspruch, und der Verkehr auf dem Wasser wurde dichter und für Flöße gefährlicher. Der Ersatz von Holz durch andere Materialien, moderne Transportmöglichkeiten und die Globalisierung taten ein Übriges. 1958 fand die letzte gewerbliche Floßfahrt statt.