Die Justiz und der Sternenstaub auf dem Lichtenfelser Schützenfest
Autor: Markus Häggberg
Lichtenfels, Donnerstag, 18. Juli 2019
Der Tag der Betriebe scheint ein rentables Geschäft zu sein. Ohne Reservierung läuft nichts.
Der Tag der Betriebe ist eine feste Einrichtung auf dem Lichtenfelser Schützenfest. Die Schützen und der Festwirt halten dafür Firmen Platz frei. Und wie immer ist alles ein wenig komplexer, als man denkt.
Vor sechs Wochen hörte Markus Matejka Autoradio. Eine Radiowerbung ging über den Äther und in ihr hieß es wohl, dass man doch reservieren möge. Der Chef einer Michelauer Handelsagentur handelte und reservierte. "Jetzt oder nie", so der Mann. Manch einer könnte es aber versäumt haben, rechtzeitig zu reservieren.
250 Tische im Biergarten
Tatsächlich, so Festwirt Daniel Ivanscenko, empfehle es sich. Zwar fänden an den insgesamt 250 Tischen im Biergarten 2000 Personen Platz (bei Zusammenrücken wohl auch 2500), aber wer zu spät kommt, malt bzw. isst und trinkt zuletzt oder gar nicht. Denn: "Der Tag der Betriebe ist immer ausverkauft", so Dieter Brandmeier. Dabei bezieht sich der Platzmeister der königlich privilegierten Schützengesellschaft auf die Jahre, als es während der Schützenfestdauer nur einen Tag der Betriebe gab. Doch seit vergangenem Jahr gibt es zwei Tage der Betriebe. Nur da ist es auch nicht viel anders, erklärt Ivanscenko. Die Nachfrage sei da und es gab bei ihm "so ein unternehmerisches Gefühl", dass das geht.
Zurück zu Markus Matejka. Mit seinen Mitarbeitern ist er am Mittwochabend vor Ort, an Tisch 211 und überdacht. Aber warum, was verbindet er mit dem Tag der Betriebe? "Na ja, ich war selber lange Arbeitnehmer und fand's immer schön." Er freut sich, dass seine Mitarbeiter vollzählig gekommen sind und das noch einhellig gewandet, quasi als Zeichen der Verbundenheit mit dem Betrieb. "Ich hab' der Bande a Runde T-Shirts spendiert", sagt er launig und wird dann ernst: "Es ist für mich (als Chef) ein Kompliment, wenn meine Leute auch in ihrem Privatleben etwas mit mir und uns unternehmen. Im Grunde könnte ja jeder leicht vorgeben, etwas anderes vorzuhaben. Aber wir sind zusammen." Ein Satz von ihm zu seinen Mitarbeitern ist besonders bewegend: "Es sind Menschen, das darf man im Geschäftstrubel nicht vergessen, sie haben Sorgen und wollen auch mal abschalten." Dann berührt er freundschaftlich den Oberarm des Mitarbeiters vor ihm, der einen Pflegefall in der Familie hat.
Matejka ist mit seiner Firma nicht erstmalig hier, es ist Gepflogenheit. Doch wie steht es mit Gepflogenheiten zur Gepflogenheit? Gibt es am Tag der Betriebe ein Ritual, eine wiederkehrende Besonderheit? "Ich gebe jedem einen Betrag X in die Hand", sagt der Chef, der nicht findet, dass so ein verbrüdernder Abend einen Chef vom Sockel holt. Man kann über die Firma reden, man braucht es an solchem Tag aber wirklich nicht.
Aber als die Frage darauf kommt, wie viele Tage der Betriebe seine Mitarbeiter schon in ihrem Berufsleben mitgenommen haben, herrscht Verblüffung. Eine Dame sagt, sie arbeite nun schon seit 45 Jahren und im Leben habe sie nur vier Mal das Angebot auf einen Tag der Betriebe erhalten. Alle vier Mal bei Markus Matejka. Die Frau arbeitete früher im Coburgischen und "da hat's das net gegeben".
Man schlendert durch die Reihen, entlang der guten Stimmung und der Band, die die Bühne so stehen hat, dass sie mit Blickrichtung aufs Schützenhaus spielt, mit Blickrichtung auf die meisten der 250 Tische. Offene Handelsgesellschaften sind hier vertreten, Gesellschaften mit beschränkter Haftung gleichfalls, auch Kommanditgesellschaften sowie produzierendes Gewerbe nebst Dienstleistern und selbst das Amtsgericht ist da. Wie es heißt, sei ein vormaliger Richter am Amtsgericht gar aus Bamberg angereist, um beim Tag der Betriebe seine alten Kollegen zu sehen. Auch ein Eismacher aus Lichtenfels ist hier, auch er rät dringend, so bald wie möglich zu reservieren, am besten schon am Tag der Verlautbarung des Termins für den Tag der Betriebe. Die Rechnung scheint aufzugehen.