Der Auftakt des Verfahrens gegen einen 39-Jährigen, der im März vergangenen Jahres in Schönbrunn seine Lebensgefährtin mit mindestens 35 Messerstichen getötet haben soll, war ein Vernehmungsmarathon. Der Angeklagte blendete dabei das eigentliche Tatgeschehen völlig aus.
Der angeklagte 39-Jährige schilderte am ersten Verhandlungstag dem Gericht ausführlich die Ereignisse vor und nach der Tat am 7. März 2013, dass sich seine Lebensgefährtin von ihm trennen wollte, dass an jenem Tag ein Gerichtstermin anstand, und dass er Angst hatte, alles zu verlieren. Auch dass es kurz vor der geplanten Abfahrt zu diesem Termin in der Garage des Schönbrunner Mehrfamilienwohnhauses, das ihnen gehörte, zu einem Streit kam. Den eigentlichen Tathergang blendete er dabei jedoch völlig aus. Dann habe er, die Hände voller Blut, seinen Augen nicht trauen können.
Dem Mann wird vorgeworfen, seine Partnerin, mit der er seit zehn Jahren zusammenlebte, mit mindestens 35 Messerstichen getötet zu haben; zusätzlich wurden der Frau noch Verletzungen mit größeren Holzstücken zugefügt.
Erinnerungslücken Solche Erinnerungslücken kennt man von Menschen, die bei ihrem Tun außer sich waren. Dass Oberstaatsanwältin Ursula Haderlein dennoch starke Zweifel daran hegte, dass der Angeklagte keinerlei Angaben zum Tatgeschehen machen konnte, lag an dem Ergebnis der polizeilichen Vernehmung seines Bruders. Der hatte nämlich detailliert den Tathergang geschildert und angegeben, dies habe ihm sein Bruder bei einem Besuch in der Justizvollzugsanstalt erzählt. Die Zeugenaussage des Bruders gestaltete sich dann am Abend des ersten Verhandlungstages als besonders intensiv.
Um sprachliche Missverständnisse auszuschließen, wurde mit den beiden in Griechenland aufgewachsenen Männern stets unter Assistenz eines Dolmetschers gesprochen. Und bei dem Bruder im Zeugenstand gipfelte dies darin, dass die Staatsanwältin ihm das gesamte Protokoll seiner Aussage bei der Polizei ins Griechische übersetzt vorlesen ließ, um ihm die Widersprüchlichkeit vor Augen zu führen, wenn er nun behaupte, der Bruder wisse nicht um das eigentliche Geschehen. Der Zeuge behauptete schließlich, die Schilderungen bei der Polizei basierten auf Albträumen des 39-Jährigen über die Tat, und dass dieser "mal so und mal so" gesprochen habe. Eindringlich auf seine Verpflichtung zur Wahrheit vor Gericht hingewiesen, stoppte der Bruder schließlich seine Aussage und machte - obwohl er dies zuvor anders halten wollte - von seinem Zeugnisverweigerungsrecht als naher Verwandter Gebrauch. Die Staatsanwältin meinte, daraus könne man Schlüsse ziehen.
Holger Baumgartl, der Rechtsanwalt des Angeklagten, erklärte die widersprüchlichen Angaben mit dem Versuch des 39-Jährigen, aus den Informationen, die dieser über die Tat erhalten hat, eine Geschichte zu konstruieren - eben weil er sich nicht erinnern könne.
Nachbarn schilderten den Angeklagten übereinstimmend als sehr ruhigen, freundlichen Typen. Er habe sich um die Kinder (ein gemeinsames und eines, das die Frau mit in die Beziehung brachte) gekümmert, gekocht und geputzt. Eltern und Schwester der Getöteten behaupteten allerdings, die Kinder hätten Angst vor ihm gezeigt, und erweckten den Eindruck, er habe diese misshandelt.
Von Bedrohung gesprochen Sie merkten an, dass er auch seine Lebensgefährtin einmal bedroht habe und diese unzufrieden mit seiner Arbeitsleistung gewesen sei. Während sie selbst zusätzlich zu ihrer Arbeit in der Altenpflege noch einem Nebenjob nachging, war der Mann als Koch in einer Gaststätte 20 Stunden die Woche beschäftigt. Ihren Äußerungen, es sei nie Geld da gewesen, widersprach der Bruder des Angeklagten. Den Nachbarn kamen Probleme des Paares erst wenige Monate vor der Tat zu Ohren. Offenkundig wurden sie Ende Februar 2013, als nämlich die als impulsiv beschriebene Frau die Tür zerschlug, weil der Mann das Schloss hatte wechseln lassen, nachdem wiederum sie zuvor ihn aus der Wohnung ausgesperrt haben soll.
Ob man den beiden Kindern ein Erscheinen im Zeugenstand ersparen kann, war am Montagabend noch nicht sicher. Am Dienstag sollen weitere Zeugen vernommen und die Sachverständigen, darunter der Gerichtsmediziner, gehört werden. Es sind noch zwei weitere Verhandlungstage angesetzt.