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Die fünfjährige Lena aus Neuensee will leben


Autor: Klaus Gagel

Neuensee, Mittwoch, 18. November 2015

Ein Neuenseer Mädchen braucht einen geeigneten Stammzellen-Spender, um eine schwere Krankheit zu besiegen.
Die fünfjährige Lena möchte unbedingt wieder gesund werden. Ihre Eltern und Freunde suchen dringend einen geeigneten Stammzellenspender. Am Nikolaustag kann man sich in Michelau typisieren lassen. Foto: privat


Die fünfjährige Lena Schardt aus Neuensee liebt Puzzeln, Puppenspielen, Turnen und Basteln. Sie ist ein sehr naturverbundenes Kind mit einem ansteckenden Lachen. Noch im Sommer war Lena so lebenslustig. Doch seit dem 5. Oktober liegt das Vorschulkind auf der Station für Kinderonkologie der Uniklinik Würzburg, der Station für Kinder mit einer Krebserkrankung. Nur eine Stammzellentransplantation kann ihr Leben retten.


Von anderen Kindern isoliert

Inzwischen hat das Mädchen spürbar abgenommen, sie wurde auch schon operiert und an Schläuche angeschlossen. Aktuell muss Lena aufgrund einer Infektion auch noch von anderen Kindern isoliert werden. Trotzdem ist die Kleine ganz mutig und tapfer. Auch ihre geliebten Haare wird sie durch die Chemotherapie verlieren. Doch sie hofft: "Die wachsen wieder."

Für die Eltern war die Diagnose ein unvorstellbarer Schock. Lena war ein ganz normales Vorschulkind, bis sie plötzlich viele blaue Flecken bekam. Eine Blutuntersuchung sorgte für den ersten schlimmen Verdacht. Das Mädchen kam sofort in die Kinderklinik nach Coburg und von dort direkt nach Würzburg. Für die Eltern war es innerhalb weniger Monate die zweite Belastungsprobe. Im Juli kam Lenas kleine Schwester Emilia als Frühchen zur Welt. Bereits damals hieß es für die Eltern hoffen und bangen. Alles ging gut.

Lena war die stolze große Schwester, doch jetzt bangt die Familie um ihr Leben. Es muss ein geeigneter Stammzellenspender gefunden werden. Die Suche nach einem geeigneten Spender gestaltet sich extrem schwierig. Es ist die Suche nach der berühmten Stecknadel im Heuhaufen. Bislang wurde weltweit noch kein passender Spender für das lebensfrohe Vorschulkind gefunden. Doch ihre Eltern und ihre Patin Christina Baumann geben die Hoffnung nicht auf.

Damit Lena irgendwann in die Schule gehen kann organisieren sie und ihre Freunde gemeinsam mit der DKMS, der Deutschen Knochenmarkspenderdatei, für das Mädchen eine Aktion zur Gewinnung neuer potenzieller Stammzellenspender. Jeder, der sich daran beteiligt, kann mit etwas Glück das Leben des fünfjährigen Mädchens oder eines anderen Blutkrebspatienten retten. Fakt ist: Lena kann nur überleben wenn es - irgendwo auf der Welt - einen Menschen mit nahezu gleichen Gewebemerkmalen im Blut gibt, der zur Stammzellenspende bereit ist. Im günstigsten Fall liegt die Wahrscheinlichkeit bei 1:20.000. Bei seltenen Gewebemerkmalen findet sich eventuell unter mehreren Millionen kein "genetischer Zwilling".

Aber es wie beim Lottospiel. Wenn Millionen Menschen weltweit mitmachen, hat irgendwann einer den berühmten "Sechser." Doch dazu bedarf es eben Menschen die sich typisieren lassen. Jeder, der teilnimmt, kann zum Lebensretter werden. Die Aktion findet am Sonntag, 6. Dezember, von 11 bis 16 Uhr in der Angerturnhalle in Michelau statt. Der Michelauer Bürgermeister Helmut Fischer (CSU) hat die Schirmherrschaft übernommen.

Die Typisierung selbst ist eine relativ harmlose Angelegenheit. Registrieren lassen kann man sich ab 17 Jahren, Stammzellen spenden kann man erst ab 18 Jahren. Die obere Grenze liegt bei 55 Jahren. Die 55-Jährigen bleiben in der Datei, bis sie das 63. Lebensjahr erreicht haben. Die Spender müssen mindestens 50 Kilogramm wiegen und dürfen einen Body-Maß-Index von 40 nicht überschreiten.


Nur ein kleiner Pieks

Die Typisierung dauert etwa 15 Minuten. "Es ist ein kleiner Pieks, der tut nicht weh." Nach dem Ausfüllen einer Einverständniserklärung werden dem Spender fünf Milliliter Blut aus der Armvene abgenommen. Spender, die sich bereits registrieren ließen, müssen nicht erneut an der Aktion teilnehmen.

Die fünf Milliliter Blut werden auf die Gewebemerkmale hin getestet, um zu prüfen, ob Spender und Patient zusammenpassen. Mit diesem Befund wird dann auch die Suche koordiniert.

Etwas aufwendiger ist dann schon die Knochenmarkstransplantation. Dabei hat das Knochenmark nichts mit dem Rückenmark zu tun, was ja oft zu falschen Vorstellungen führt. Zunächst wird der Spender nochmals einem Gesundheitscheck unterzogen. Im Anschluss daran unterscheidet man zwei Entnahmearten. Bei der peripheren Stammzellenentnahme werden die Stammzellen aus dem fließenden Blut gefiltert. Dazu spritzt sich der Spender fünf Tage vor der Entnahme einen hormonähnlichen Stoff (GCSF) in die Bauchdecke. Dieser Stoff lässt die Stammzellen aus dem flachen Knochen in die Blutbahn auswandern. Am Entnahmetag selbst wird dem Spender an der einen Seite ein Zugang gelegt, Blut wird entnom-men und die Stammzellen werden herausgefiltert.
Das Blut wird auf der anderen Körperseite wieder zugeführt. Das kann durchaus vier bis acht Stunden dauern.

In den restlichen 20 Prozent aller Fälle kommt es zu einer direkten Entnahme aus dem Beckenknochen. Dazu werden unter Vollnarkose zwei kleine Einstiche am Beckenkamm gemacht, um das Knochenmark-Blutgemisch zu entnehmen. Der Spender bleibt einen Tag in der Klinik. Prellungsartige Schmerzen können an den Tagen danach auftreten aber das ist kein Vergleich zu dem, was der Patient durchmacht. Spender und Empfänger können sich nach zwei Jahren kennenlernen, wenn beide einverstanden sind. Für Lena ist eine solche Stammzellentransplantation die einzige Heilungschance. Die Heilung wäre dann zu 100 Prozent. Allerdings hat sie dann die Blutgruppe des Spenders übernommen.

Jede Typisierung kostet 40 Euro. Als gemeinnützige Gesellschaft ist die DKMS bei der Spenderneugewinnung allein auf Geldspenden angewiesen. Um die Registrierungsaktionen überhaupt durchführen zu können, zählt jeder Euro. Firmen und Kreditinstitute, Geschäftsleute und Privatpersonen sind aufgerufen die Aktion für die kleine Lena zumindest finanziell zu unterstützen: DKMS Spendenkonto, Kreissparkasse Tübingen, IBAN DE65 6415 0020 0003 3363 55 BIC SOLADES1TUB Stichwort: Lena will gesund werden!

Was versteht man unter MDS, dem Myelodysplastisches Syndrom? Es handelt sich um eine Erkrankung des Knochenmarks. Die Blutbildung ist gestört, weil die blutbildenden Stammzellen genetisch verändert sind. Das Knochenmark ist nicht mehr in der Lage, aus diesen Stammzellen vollständig funktionstüchtige Blutzellen zu bilden. Im fortgeschrittenen Stadium werden immer mehr unreife Blutzellen produziert. Die Patienten verlieren immer mehr an Kraft. Betroffen sind die roten Blutkörperchen, die für den Sauerstofftransport im Blut verantwort-lich sind, ebenso die für die Blutgerinnung wichtigen Blutplättchen und die für die Immunabwehr zuständigen weißen Blutkörperchen.

Es kommt immer öfter zu plötzlichen Blutungen und am ganzen Körper entstehen blaue Flecken (Hämatome). Darüberhinaus sind die Patienten anfällig für Infektionen. In einigen Fällen entsteht eine akute Leukämie. Nur eine Stammzellentransplantation kann das Leben retten. Alle 16 Minuten erkrankt in Deutschland ein Mensch an Blutkrebs, darunter viele Kinder und Jugendliche. Für viele Patienten ist, so wie für Lena, die Übertragung gesunder Stammzellen die einzige Überlebenschance.

Die DKMS-Familie ist mit über 5.498.000 registrierten Stammzellenspendern der weltweit größte Dateienverbund. Täglich spenden mindestens 18 DKMS-Spender Stammzellen. Dennoch kann für zahlreiche Patienten kein geeigneter Spender gefunden werden. "Deshalb ist es wichtig, dass sich möglichst viele Menschen typisieren lassen," betont Yvonne Renz von der Deutschen Knochenmarkspenderdatei.

Wichtige Informationen zur Registrierung und zur Stammzellenspende findet man unter www.dkms.de.