Druckartikel: Details über das Leben im Banzgau

Details über das Leben im Banzgau


Autor: Matthias Einwag

Bad Staffelstein, Donnerstag, 20. Dezember 2018

Norbert Moschall und Bernhard Hübner übergaben dem Staffelsteiner Stadtarchiv zahlreiche Aktenordner mit Schriftstücken zur Ortsgeschichte von Unnersdorf. Die Dokumente können nun von Interessierten eingesehen werden.
Bei der Übergabe der Aktenordner blättern (von links) Bernhard Hübner, Rosemarie Herr, Norbert Moschall, Adelheid Waschka und Heinz Pfuhlmann in den Archivalien.Matthias Einwag


Wie spannend es war, in Unnersdorf aufzuwachsen, daran erinnerte sich Bernhard Hübner am Donnerstag im Staffelsteiner Stadtmuseum. Als Kind seien er und andere am Ende der 1940-er Jahre liebend gern in den unterirdischen Gängen von Kloster Banz auf Entdeckungstour gegangen, erzählte er. Manchmal hatten sie Kerzen dabei, die nicht nur Licht spenden sollten, sondern als Indikatoren dienten, falls zu wenig Sauerstoff in der Atemluft wäre.

Anlass des Unnersdorfer Zeitzeugentreffens war die Übergabe von 29 Aktenordnern zur Dorfgeschichte an Stadtarchivarin Adelheid Waschka. Norbert Moschall hatte die Unterlagen mitgebracht, die sein Vater einst für die Erstellung der Ortschronik "Im Schatten der Banzer Türme" anlegte. Rektor Richard Moschall (1924 - 2002) hatte dafür alles zusammengetragen, was er über Unnersdorf finden konnte. Er ergänzte die von Lehrer Georg Gunreben begonnene Arbeit, indem er nicht nur passiv sammelte, sondern aktiv in Archiven forschte.

Die jetzt übergebenen Dokumente können von jedem Interessierten eingesehen werden. "Für die wissenschaftliche Erschließung und für die Familienforschung ist das nun zugänglich", sagt Stadtarchivarin Adelheid Waschka. Um den Anforderungen der modernen Datenschutzrichtlinien zu genügen, prüft die Archivarin die angeforderten Schriftstücke jedoch vor der Herausgabe, um notfalls die Namen Dritter zu anonymisieren.

"Für unser Banz-Projekt sind die Akten sehr interessant", erklärt Norbert Moschall. Gemeinsam mit Heinz Pfuhlmann arbeitet er seit etlichen Jahren daran, die jüngste Geschichte von Banz zu erforschen. Zahlreiche Zeitzeugen befragten die beiden pensionierten Gymnasiallehrer bereits. Besonders authentisch wird ihre Arbeit durch das Aufzeichnen der Erzählungen vor einer Videokamera.

Nach Abschluss des ersten Teils ("Banz '45"), sagt Heinz Pfuhlmann, gehe es nun um die Zeit von 1945 bis 1964, also bis zur Auflösung des Banzer Altenheims. Um möglichst viele Details aus dieser Zeit festhalten und überliefern zu können, seien die Erinnerungen von Zeitzeugen sehr wertvoll.

Einer dieser Zeitzeugen ist Bernhard Hübner, der von 1969 bis 1972 der letzte Bürgermeister von Unnersdorf gewesen ist, bevor das Dorf nach Staffelstein eingemeindet wurde. Bernhard Hübner bringt an diesem Nachmittag nicht nur einige Aktenordner aus seinem Besitz ins Stadtmuseum mit, sondern steuert auch manche Anekdote aus seiner Kindheit bei.

Zwei Ordner aus dem Nachlass von Richard Moschall befinden sich aber noch bei Rosemarie Herr. Sie schreibt die Häuserchronik von Unnersdorf seit dem Jahr 2000 fort und aktualisiert die Chronik durch Zeitungsberichte und Fotos. Beim Durchsehen der Schriftstücke findet sie nicht nur Heiteres, sondern auch manchen Bericht über Unglücke, die im Lauf der Jahrzehnte in Unnersdorf passiert sind - etwa über Menschen, die in den Fluten des Mains ertranken.

Die Stadtarchivarin und ihre vier Gäste sind sich darin einig, dass die Aktenordner wertvolle Quellen für all jene sind, die über Unnersdorf und die Orte der Umgebung forschen möchten.

Dass das Dorf mit seinem Schulhaus von vielen Kindern aus den Nachbarorten besucht wurde, ist Norbert Moschall lebhaft in Erinnerung - und auch wie einfach die Lebensumstände in der Nachkriegszeit gewesen sind. Bernhard Hübner berichtet sogar von einem Mitschüler, der kaum etwas zu essen hatte, weshalb er den Jungen in sein Pausenbrot beißen ließ und ihm Äpfel schenkte: "Des war a Armetei damals."