Der Wald bei Wiesen bietet mehr als nur Bäume
Autor: Markus Häggberg
Bad Staffelstein, Montag, 30. Mai 2016
Einen Ausflug in den Wald haben Neugierige unternommen. Dabei ging es vor allem um die Besonderheiten, die in einem solchen Gebiet zu finden sind.
Am Zugang zu den Eierbergen, oberhalb von Wiesen, steht ein Schild. Auf diesem Schild wiederum steht eine Frage: Ob ein Wald wirklich nur viele Bäume, grüne Nadeln und bunte Blätter bedeute? Doch was, wenn in einem Wald auch Kulturrelikte verborgen sind?
Wer Förster und außerdem noch Vorsitzender eines Kulturvereins ist, könnte zu diesem Punkt eine Exkursion anführen. So wie Hermann Hacker dies am Sonntagnachmittag für rund 20 staunende Teilnehmer tat. Ein gemeinsames Angebot des Forstamts, der Umweltstation Weismain und der Kulturinitiative Staffelstein (KJS).
200 Höhenmeter sollen es gewesen sein, die auf der nachmittäglichen Route überwunden wurden. Hacker allen voran führte dabei durch recht unwegsames Gelände hinein in einen Wald, der als Mittelwald bezeichnet wird.
Wer sich umblickte, dem fiel sofort auf, dass hier eine andere als die übliche Waldart steht, etwas, das wie eine Mischung aus Eichenwald und Dickicht wirkt, und manchmal sogar Freiflächen bietet.
Der Wald und das Gesetz
In Nieder- und Mittelwäldern wachsen nur Bäume aus vegetativer Vermehrung, Bäume, die, wenn sie abgeschlagen werden, aus einem Stock austreiben können. Das an sich streife schon den Begriff Kulturrelikt, denn wo Bäume abgeschlagen werden, stecke Waldwirtschaft dahinter. Und hinter ihr der Mensch, sagte Hacker.Der Wald steht abseits des Ortes. Er steht für rund 100 Hektar Größe sogar abseits des Bürgerlichen Gesetzbuches, wie Hacker bei dem Ausflug weiter ausführte.
Noch aus der Zeit des preußischen Landrechts stammend, sei die Art und Weise der Bewirtschaftung dieser 10 000 Quadratmeter durch eine über hundert Jahre alte Forstkooperation schwerlich in das Gesetzbuch übertragbar gewesen.
Also habe man es dabei belassen. Nur welcher Jurist kenne sich in der heutigen Zeit noch mit dem preußischen Landrecht aus? Sollte es zu Streitigkeiten der Nutzer und Eigner kommen, müsste aber wohl dieses angewendet werden.
Doch die Nutzer seien sich wohl grün und einige aus dieser Wiesener Forstkooperation begleiteten die Führung. Ihr Wald sei ein "Energiewald", einer, aus dem man Brennholz schlägt und der einfach zu bewirtschaften ist, so der Experte. So alle 25 Jahre werde er "runtergeschlagen".
Auf dem Weg zu einzelnen Stationen gingen die Teilnehmer an Vorkommnissen vorüber, über die man sich oft keine Gedanken mache. So auch zum Beispiel an einer umgestürzten Eiche, die verrottet und aus der eben kein Brennholz gemacht wird.
Hirschkäfer fliegt vorbei
"Solche Bäume sind Biotopbäume", so drückte sich Hacker weiter aus. Sie dienen dazu, unterschiedlichsten Tierarten Unterschlupf zu bieten. Großes Staunen herrschte, als dabei das Thema auf den Hirschkäfer aufkam und ein solcher wie auf Kommando herbeiflogen kam.Er gehört zu dem "Optimum an Arten, das sich hier ansiedeln kann", betonte Hacker an anderer Stelle und riss damit das Thema an, dass in den Eierbergen rund 1000 Schmetterlingsarten nachgewiesen seien. Hacker weiß, wovon er spricht, ist er doch auch in der Lepidopterologie - also in der Schmetterlingskunde - daheim.
Warum solche Mittelwälder in dieser Art der Bewirtschaftung so ausgenommen selten geworden sind? Hermann Hacker sieht die Trends dafür verantwortlich. "Irgendwann galt es als unmodern und uncool, man sagte, das sei altmodisch und man könne es nicht mehr gebrauchen", so der Förster über die damals aufkommende Sicht, wonach Wälder strukturierter und ökonomischer zu nutzen seien.
Er wird demnächst wieder in den Wald führen. Motivation hat er genug: "Ich bin einfach Naturfreund und mir hat jemand auf dem Rückweg gesagt, für ihn sei der Gang eine tolle Sache gewesen. Weil sonst glaubt man ja immer: Wald ist halt nur Wald."