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Der Rießner-Bau in Michelau wird abgerissen


Autor: Ramona Popp

Michelau, Dienstag, 28. Mai 2013

Das Rießner-Gebäude in Michelau wird abgerissen. Einst wurde sein Bild sogar auf Ansichtskarten gedruckt. Es stand für wirtschaftlichen Aufschwung.
Postkartenmotiv von 1960


Erst waren es die dunklen Feuchtigkeitsflecken an der cremefarbenen Fassade, die vom Ende kündeten. Dann fiel ein dauerhaft offen stehendes Fenster ins Auge - und wenig später waren da gar keine Fenster mehr. Der Beschluss zum Abbruch des Rießner-Verwaltungsgebäudes in der Bahnhofstraße hat sich leise angekündigt, er wurde nicht groß publik gemacht. Die Gemeindeverwaltung war vom Landratsamt da rüber informiert worden, dass das Verwaltungsgebäude mit Funktionsraumbüros und das kleine, nebenstehende Wohnhaus zum Abriss freigegeben sind; einer Genehmigung bedurfte es nicht.

Inzwischen sind die Abbrucharbeiten in vollem Gange. Man kann dabei zusehen, wie ein Symbol für wirtschaftlichen Aufschwung von der Bildfläche verschwindet.

Die Einweihung der Rießner-Werke im Januar 1955 war eine große Sache für Michelau und ein großes Thema in der regionalen Presse.

Der damalige Bürgermeister Johann Nemmert schrieb im Nachrichtenblatt der Gemeinde von einem Werk, "das in seiner Gestaltung und seinen Ausmaßen etwas vollkommen Neues" sei. Die Möbelfabrikation erstreckte sich über zehn große Hallen auf dem rund 60.000 Quadratmeter umfassenden Gelände, das erst durch die Errichtung des zweiten Hochwasserschutzdammes als Industriefläche nutzbar geworden war.
Damals verließ laut Schilderung des Firmenchefs Christel Rießner alle 58 Sekunden ein Möbelstück das Werk, täglich wurden 18 bis 20 Waggons verladen. Hunderte fanden dort Arbeit.

Bemerkenswert auch, dass der damalige Landrat Jüngling bei der Einweihungsfeier den Wunsch äußerte, das Werk möge nicht Grenzlandbetrieb bleiben, sondern seinen Platz "in der Mitte des deutschen Vaterlandes haben". Bis zur Wiedervereinigung sollte es noch 35 Jahre dauern.

Nach über 50 Jahren meldete der traditionsreiche Möbelhersteller im Jahr 2006 Insolvenz an. Zuletzt waren noch 110 Mitarbeiter dort beschäftigt. Im Jahr darauf gründete Firmenchef Hans-Georg Rießner mit einer Belegschaft von 20 Mitarbeitern die "Möbel Manufaktur Rießner GmbH", um im kleinen Stil in einer der Hallen einen Teil der Kollektion weiterzuproduzieren. Das große Verwaltungsgebäude wurde da natürlich nicht mehr benötigt. Es zogen aber bald schon neue Nachbarn auf dem Grundstück ein.

Keine Folgenutzung

"Nach der Stilllegung des Unternehmens Rießner-Wohnen in den Jahren 2006/2007 ist es uns gelungen, das Anwesen in einen Gewerbepark umzuwandeln", sagt Hans-Georg Rießner seitens der Immobilienvermietung und -verwaltung Dr. Rießner GmbH & Co. KG. Eine Ansiedelung verschiedenster Unternehmen auf dem Gelände habe über 100 neue Arbeitsplätze geschaffen und erfülle das Areal mit Leben.

Der nun begonnene Abriss des alten Verwaltungsgebäudes sei dem Umstand geschuldet, dass dieses nur mit einer sehr aufwendigen Sanierung wieder in einen nutzbaren Zustand zu versetzen gewesen wäre. Da das Gebäude auf Grund seines Zuschnitts aus den 50er Jahren jedoch heute so gut wie nicht zu vermieten sei, sei eine derartige Investition unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten wenig sinnvoll. Daher habe man sich für den Abriss entschieden. Pläne für die Nutzung der frei werdenden Grundstücksfläche gebe es aktuell nicht.