Der Ort verändert sein Gesicht
Autor: Tobias Kindermann
Unterleiterbach, Montag, 28. Januar 2019
Vor rund einem Jahr wurde die Gaststätte Hennemann in Unterleiterbach abgerissen. Nun entsteht auf dem Areal das erste neue Gebäude.
Rund ein Jahr ist es her, da begannen Bagger mit den Abrissarbeiten an der ehemaligen Gaststätte Hennemann in Unterleiterbach. Im März waren alle Spuren des Gebäudes beseitigt, das war Gelände eingeebnet. Es sollte der Abschluss eines ungewöhnlichen Kapitels im der Dorfgeschichte sein und gleichzeitig der Beginn eines neuen.
Erst vor kurzem wurde eine alte Scheune auf dem Areal zerlegt, die Sandsteine warten noch sauber verpackt auf den Abtransport. "Etwas Geld bekommt man doch noch dafür", sagt Gemeinderat Dietmar Brückner, der zusammen mit einer Gruppe von anderen Unterleiterbachern das Areal im Herbst 2014 gekauft hat.
Nun ist der Weg frei für einen Neuanfang auf dem prominent gelegenen, rund 3800 Quadratmeter großem Areal mitten in Unterleiterbach. Was dort entstehen wird, zeichnet sich langsam ab. Inzwischen haben die Bauarbeiten für ein Mehrfamilienwohnhaus begonnen, das sechs Drei-Zimmer-Wohnungen mit jeweils 100 Quadratmetern Flache und drei Zwei-Zimmer-Wohnungen mit je 60 Quadratmetern Fläche umfassen wird. Im November könnten die ersten Mieter einziehen, sagt Brückner, der das Haus zusammen mit einem Kollegen errichtet. Daneben bleibt noch Platz für weitere drei Grundstücke, die mit Einfamilienwohnhäusern bebaut werden. "Zwei Grundstücke sind schon fest verkauft, das dritte praktisch auch." Brückner geht davon aus, dass noch in diesem Jahr mit dem Bau von mindestens zwei Häusern begonnen wird.
Dann wird an der Stelle nichts mehr daran erinnern, was sich hier einst abspielte. Das Gasthaus war am Schluss eine Asylbewerberunterkunft auf Zeit, Brückner und die Kollegen hatten das Areal gekauft und das Gebäude vermietet, um auch die Kosten für einen Abriss hereinzuwirtschaften.
Es wurde Schauplatz für zwei Ereignisse, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Im Februar 2018 ging ein Prozess gegen zwei Syrer zu Ende, die in dem Haus Anfang 2017 einen Landsmann aus Habgier mit 167 Messerstichen umbrachten. Der 23-Jährige bekam vor dem Landgericht Bamberg eine lebenslange Haftstrafe, sein drei Jahre jüngerer Mittäter eine Haftstrafe von zwölf Jahren.
Doch bekannt geworden war das Asylbewerberheim mit einer anderen Begebenheit, die sich bereits im Dezember 2015 ereignet hatte. Zwei Touristen aus Karlsruhe, die mit dem Kanu auf dem Main unterwegs waren, hatten sich dorthin verirrt und ließen sich von der immer noch gut sichtbaren Aufschrift "Brauerei-Gasthaus Hennemann" täuschen und wollten dort essen. Die Bewohner verstanden zwar nicht, was die beiden Gäste von ihnen wollten, verstanden aber, dass sie Hunger hatten und gaben ihnen zu Essen. Erst als sie zahlen wollten merkten sie, dass sie in einer Asylbewerberunterkunft gelandet waren, denn man wollte kein Geld von ihnen annehmen. Diese Episode lieferte auch die Vorlage für zwei Kurzfilme. Auch Dieter Brückner verbindet das abgerissene Haus eher mit solchen Geschichten. Es sei ein Miteinander im Dorfleben gewesen, kein Nebeneinander.