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Den Sonnenaufgang einfangen


Autor: Markus Häggberg

Bad Staffelstein, Freitag, 26. Dezember 2014

Am Morgen des Zweiten Weihnachtsfeiertages mit Kameras auf den Staffelberg zu gehen, ist für die Kultur- und Freizeitfreunde seit Jahren ein fester Termin. Auch ohne Schnee war es wieder ein stimmungsvolles Treffen.
Geselligkeit im Selbstauslöser. Kurz vor Sonnenaufgang hält man noch fest, wer alles mitgemacht hat.  Foto: Markus Häggberg


Um 7.30 Uhr ist es am Freitag noch dunkel auf dem Parkplatz. Sammelpunkt zur verabredeten Zeit. Man wandert. Hinauf zum Staffelberg geht es, hinein ins beginnende Morgengrauen. Oben angekommen wird ausgeteilt: Whisky der Marke "Jura". Wie sinnig. Die Bad Staffelsteiner Kultur- und Freizeitfreunde gehen mit ihren Kameras auf Motivsuche, zum Plateau, zur Sonne. Seit 20 Jahren schon, meint einer der 17 Hobby-Fotografen, die dabei sind. Ein anderer glaubt, dass es dieses Ritual schon seit 25 Jahren geben mag. Alljährlich zum Zweiten Weihnachtsfeiertag gilt diese Verabredung, bei der heute der Sonnenaufgang eingefangen werden soll.

Karl-Heinz Müller fotografiert kaum. Was das angeht, so wähnt sich der Mann mit der Vorliebe für analoge Fotografie technisch noch in der "Steinzeit". Seine Rolle ist vielmehr die eines Erzählers und eines Mundschenks für Minimalportionen.

Jeder bekommt von ihm nur ein kleines Schlückchen Whisky zur Begrüßung und Aufwärmung verabreicht, aber eines mit Hintersinn. Ausgerechnet "Jura", so heißt der Trank, und er kommt von den Inneren Hebriden Schottlands. Da sind Kelten gewesen, so wie am Staffelberg auch.

Ein launiger Kreis schließt sich, die Sonne sollte ab nun auch nicht mehr lange auf sich warten lassen. Doch der Himmel im Osten ist noch teils verhangen. Zeit genug, Müller bei seinen beliebten Ausführungen zur Keltensiedlung am Staffelberg zu lauschen. Heimat- und Sachkunde bei Bewegung und in Geselligkeit, oder "Platz schaffen, für die zweite Gans", wie es Mario Kern ausdrückt. Der Leiter der Foto-Sektion der Kultur- und Freizeitfreunde war schon häufig hier oben und weiß, dass das Wetter das Motiv bereitstellt. "Frost auf übrig gebliebenen Hagebuttenfrüchten, Schnee... Wir hatten auch schon furchtbares Wetter, dann sind wir eben nur gesellig." Aber heute soll es der Sonnenaufgang sein. Irgendwann tut sich was im Osten, hinter und zwischen den Wolken. Doch was hier noch nicht ganz durchkommt, beglänzt im Thüringer Land hinter Coburg die Wälder. Dort liegt auch Schnee.

"Es ist der heilige Berg der Franken - er versprüht eigenen Charme durch das Oppidum", erklärt Kern. Von hier aus sollte ein besonders schöner Sonnenaufgang gelingen, hofft er. Mit dem Zuspruch ist er zufrieden. "Sehr" sogar, denn "was über zehn Leute ist, ist recht guter Erfolg", befindet Kern. Nur einmal habe es mehr Teilnehmer gegeben. Und so ein klein bisschen klingt es nach Koketterie bei den Teilnehmern, wenn Kern erzählt, dass die wandernden Fotofreunde auf Facebook ihre Bilder stolz mit dem Zusatz "Ich war dabei" posten.
Ganz und frei von Wolken lässt sich die Sonne an diesem Tag kaum einfangen. Auch gut, besser sogar aus künstlerischer Sicht, denn nun gilt es, das Motiv zu finden, bei dem der Sonne etwas beigestellt werden darf. Bäume, Äste, Wolken zwischen Ästen. Geistige Entwürfe entstehen, ein leiser Fingerdruck wird sie knipsen. Zu den Gruppenabenden wird man sich untereinander über das Eingefangene austauschen. Für manch einen beginnt die Arbeit erst beim Aufwerten der Fotos durch die Bildbearbeitung am Computer. So wie bei Dietmar Theile aus Neustadt bei Coburg. "Wenn´s zeitlich passt", sagt er, wolle er am nächsten Zweiten Weihnachtsfeiertag auch wieder dabei sein. Heute war er noch Debütant.