Tor der Keltenstadt am Staffelberg soll rekonstruiert werden
Autor: Matthias Einwag
Bad Staffelstein, Montag, 26. Sept. 2016
Das Zangentor der keltischen Stadt Menosgada auf dem Staffelberg aus der Zeit um 130 bis 50 v. Chr. soll am historischen Standort rekonstruiert werden.
Das Zangentor einer Keltenstadt ist ein beeindruckender Bau. Jenes am Staffelberg war bewusst so angelegt, dass es die Macht des Fürsten symbolisierte. Zunächst jedoch ist ein Zangentor eine Befestigungsanlage. Der doppelflügelige Torbau ist in zwei nach innen schwenkende Außenmauern eingebettet. Wer sich dem Tor nähert, der muss durch eine hohle Gasse gehen und kann von den Verteidigern beidseitig von den Mauern herab bekämpft werden - Feinde werden in die Zange genommen.
Die Lage des Zangentors am Staffelberg ist bekannt. Doch von der Anlage, die in der Spätlatènezeit (130 bis 50 v. Chr.) existiert haben muss, ist heute nichts mehr zu sehen. Das soll sich nun ändern. Auf Initiative von Landrat Christian Meißner (CSU) wird überlegt, ob und wie eine Rekonstruktion des hölzernen Torbaus an der historisch verbürgten Stelle vor dem einstigen keltischen Oppidum Menosgada entstehen kann. Der Zeitplan ist ehrgeizig: "In zwei Jahren könnte es stehen", sagt Hobbyarchäologe Bernhard Christoph, der federführend mit der Planung betraut ist.
Einzigartige topographische Lage
So etwas gibt es in Deutschland noch nicht. Zwar sind in Europa rund 170 Oppida (große keltische Siedlungen) bekannt, doch keines ist, was die Topographie betrifft, so imposant wie der Staffelberg. Dieses Alleinstellungsmerkmal soll nun genutzt werden. Eine Steuerungsgruppe wurde ins Leben gerufen, der Historiker, Archäologen und Fachleute aus der Landkreisverwaltung angehören. "Die Planungen sind noch nicht abgeschlossen", sagt Bernhard Christoph, doch eine Projektbeschreibung und die Kostenermittlung habe er bereits erstellt. Das Zangentor soll mit EU-Mitteln (Leader-Programm) finanziert werden, denn ohne diese Förderung könnte der Landkreis das Projekt nicht schultern.
"Wir möchten den Staffelberg zu einem Lehrbeispiel für solche Oppida machen", fährt Bernhard Christoph fort, "das diese Epoche, die im gesamten südwestdeutschen Raum und darüber hinaus in weiten Teilen Europas existierte, beispielhaft verkörpert". Das Nordwesttor zur Keltenstadt soll in seiner ursprünglichen Form wiederhergestellt werden, weil es "in keinem Oppidum auf deutschem Boden eine dreidimensionale, ortsbezogene und im Maßstab 1:1 errichtete Rekonstruktion eines klassischen spätkeltischen Zangentores gibt". Die Holzkonstruktion werde sich trotz ihrer Größe gut in die Landschaft einfügen.
Lehrgrabung wird angestrebt
Bernhard Christoph hofft darauf, dass "irgendwann nochmal eine Flächengrabung" auf der Siedlungshochfläche erfolgen könne. "Wir müssen den Staffelberg zum Lehrbeispiel für solche Oppida machen" sagt er - zu einem Ort, wo die keltische Lebenswelt erfahrbar wird. Eine Grabung sei angestrebt, wofür Universitäten gewonnen werden sollen. Wert legt er darauf, dass alles unter wissenschaftlicher Kontrolle erfolgt. "Wir wollen uns touristisch weiterentwickeln", resümiert er. Zur Zielgruppe des Lehrbeispiels Staffelberg zählt er aber auch Wissenschaftler aus ganz Europa sowie Familien. Für Kinder werde eigens ein Büchlein verfasst, das ihnen die Welt der Kelten näherbringt.
Wie sehen Landrat Meißner und Bürgermeister Kohmann dieses Projekt?
Landrat Christian Meißner (CSU): Keltisches Leben sichtbar zu machen ist für uns am Obermain eine Riesenchance. Wir müssen nicht künstlich ein Thema schaffen, wir haben es und es ist über 1000 Jahre alt! Das keltische Oppidum auf dem Staffelberg ist nicht nur von historischer Bedeutung, es hat für denjenigen, der Kultur mit Naturgenuss verbinden will, eine phantastische Lage.
Wenn es uns gelänge, diese imposante Verteidigungsstruktur, die es ja war, im Maßstab 1:1 - nicht als Modell, nicht im Museum, sondern greifbar und erlebbar - darzustellen, haben wir tatsächlich ein Alleinstellungsmerkmal. In ganz Deutschland gibt es nichts Vergleichbares an direkter historischer Stelle, an einem Bergzugang, der gleichermaßen die Macht unserer Vorfahren am Obermain ausdrückt und die weit entwickelte Baukultur einer in weiten Teilen unbekannten Kultur zeigt.
Der Autor Helmut Vorndran hat mich im Vorfeld zu seinem neuen Roman auf das Keltentor angesprochen. Mich hat diese Idee von Anfang an fasziniert und mir wurde schnell klar, dass mit dem Zangentor eine großartige Chance auf uns wartet, keltisches Leben am Obermain erlebbar zu machen. Gemeinsam mit Bernhard Christoph, dem "Vater der Keltenwege", haben wir uns also auf dem Weg gemacht, das keltische Zangentor wieder aufzubauen - und ich hoffe mit Erfolg. Bis es allerdings soweit ist, müssen noch viele Gespräche geführt werden.
Um den Landkreis weiter zu entwickeln, reicht es in meinen Augen allerdings nicht, "nur" ein Tor hinzustellen. Das muss in einen größeren Zusammenhang gebracht werden. Die Menschen müssen eintauchen können in das keltische Leben hier. Dazu gehören Führungen von Fachleuten und die Möglichkeit, auf eigene Faust den "Kelten-Berg" und seine Geschichte zu erkunden. Die virtuelle Darstellung von Siedlung und Leben spielt dabei eine große Rolle. Mit den Keltenwegen, die bereits jetzt die Umgebung großräumig erschließen, haben wir den ersten Schritt gemacht. An dem Interesse für die Wanderungen sieht man auch, dass das Thema die Menschen wirklich interessiert. Das Thema "Kelten" ist ein Thema für den gesamten Landkreis, nicht nur für den Staffelberg.
Der Staffelberg als "Highlight" sollte aber der Anfang sein. Keltische Besiedlung gab es im ganzen Mainbogen, am Graat zer Bergla genauso wie am Dornig oder am Kordigast. Wenn wir es schaffen würden, keltisches Leben auf unterschiedliche Art an mehreren Stellen des Landkreises zu präsentieren, hätten wir einen Anziehungspunkt der seinesgleichen sucht. Ich gehe davon aus, dass die Grabungen und die Rekonstruktion weit über den Landkreis hinaus strahlen und interessierte Menschen in die Region holen.
Bürgermeister Jürgen Kohmann (CSU): Mit dem Projekt erweitern die Stadt Bad Staffelstein und der Landkreis Lichtenfels ihr Angebot für Gäste und regen diese an, länger hier zu bleiben. Zusätzlich wird die Region für Gruppenreisen interessanter. Von dieser Anziehungskraft profitieren alle und das Projekt ist selbstverständlich eine herausragende Ergänzung im kulturellen wie auch im touristischen Bereich. Bereits zu Beginn soll der Gedanke des Lehrens mit der wissenschaftlichen Grabung am Zangentor umgesetzt werden. Dies wird über den normalen Tourismus hinaus auch Wissenschaftler und Fachleute anziehen.