Druckartikel: "Das Tolle am Fasten ist die Energie"

"Das Tolle am Fasten ist die Energie"


Autor: Ramona Popp

Bad Staffelstein, Freitag, 07. April 2017

Pfarrer Bautz hat sich vor 26 Jahren zum ersten Mal ans Fasten gewagt. Was durch das Nicht-Essen mit Körper und Geist geschieht, fasziniert ihn noch heute.
"Man trifft sich am Wasserkocher mit dem Teebeutelchen": Pfarrer Helmuth Bautz leitet die Fastengruppe in Bad Staffelstein.  Foto: Popp


1991 wagte sich Pfarrer Helmuth Bautz zum ersten Mal ans Fasten. Er war damals noch Student, Mitte 20, und einfach neugierig, nachdem er eine Fernsehsendung zu dem Thema gesehen hatte. In den folgenden Jahren legte er fast immer eine Fastenwoche ein und teilt seine Erfahrungen gerne mit einer Gruppe. Man trifft sich täglich zum abendlichen Austausch beim Tee. Am Samstag, 8.4., startet die Fastenwoche. Wir sprachen mit Pfarrer Bautz darüber, was Nicht-Essen mit einem macht.

Wie war das erste Fasten?
Ich war selber total überrascht, denn ich konnte es mir nicht vorstellen, dass man wirklich keinen Hunger hat.

Seither ziehen Sie Jahr für Jahr immer eine Woche durch?
In dieser langen Zeit ist das Fasten mal als körperlich schädlich verteufelt und dann wieder empfohlen worden. Der neueste Trend geht dahin, dass auch einzelne Fastentage öfters unterm Jahr angeraten werden. Ich blieb immer recht stur bei der einen Woche. Das ist überschaubar und, wie ich finde, genau das richtige Maß.

Wer macht in der Gruppe mit?
Die Teilnehmerzahl ist in den letzten drei Jahren kontinuierlich gewachsen. Vor vier Jahren waren wir zu dritt - zwei weitere Männer und ich. Jetzt sind wir 15 Leute. Etwa die Hälfte war schon mal dabei, einige machen das fünfte oder sechste Mal mit. Es sind ganz unterschiedliche Biografien.

Wie reagieren Außenstehende ?
Man stößt schon recht oft auf Skepsis und auch auf Spott.

Und wie sehen die Mahlzeiten in Ihrer Familie in dieser Woche aus?
Da setze ich mich mit hin und trinke meinen Tee.

Welchen Tee trinken Sie gern?
Gar keinen! (Lacht.) Normalerweise trinke ich nur Kaffee. In der Fastenwoche nehme ich morgens einen Schwarztee, tagsüber milde Kräutertees oder Pfefferminze. Auch ein Löffel Honig drin ist erlaubt. Man darf mehr, als man denkt. Es ist ja keine Nulldiät. Man nimmt keine feste Nahrung zu sich, aber die flüssige Nahrung - Gemüsesäfte oder -brühen und Fruchtsäfte - enthält auch Nährstoffe. Das ist ganz wichtig.

Wie sieht es mit Bier aus?
Bier hat schon sehr viele Kalorien und würde durch den Alkohol Etliches durcheinander bringen. Der Körper soll in diesen Tagen die Chance haben, ein bisschen zu entgiften.

Wie steigt man ein ins Fasten?
Eigentlich hat jeder von uns schon gefastet: in der Nacht. Da ist es kein Problem, acht Stunden nichts zu essen. Das Entscheidende beim Einstieg ins Fasten ist, dass man morgens aufsteht und dem Körper sagt: du musst jetzt nicht aufnehmen, sondern du kannst weiter ausscheiden, und das geht durch eine gründliche Darmentleerung.

Mit schrecklich schmeckenden Abführmitteln?
Gottseidank hat vor einigen Jahren eine Dame ein geschmacksneutrales Mittel mit in die Gruppe gebracht, es heißt Mannitol. Man kriegt es in der Apotheke. Es ist eine Art Zuckeraustauschstoff und ist sehr angenehm. Man trinkt 30 Gramm in Wasser aufgelöst.

Und muss dann den ganzen Tag in der Nähe einer Toilette verbringen?
Man wird drei, vier Mal zur Toilette gehen, aber es ist gut kontrollierbar. Der erste Tag ist wichtig zum Umschalten auf ein anderes Ernährungsprogramm. Man verlebt ihn sehr innerlich, spürt sehr sich selber.

Hat man anfangs noch Hunger?
Nein, ein paar Resthungergefühle kann man durch ausreichendes Trinken ganz gut wegkriegen. Das Problem beim Fasten ist nicht Hunger, sondern das Mentale. Man merkt dann erst, welche große Rolle das Essen in unserem Alltag spielt. Es ist kommunikativ, wenn es in Gemeinschaft stattfindet, es ist ein Stück Lustgewinn, und es strukturiert den Tag. Wenn das alles plötzlich wegfällt, dann muss man sich erst mal neu sortieren.

Da hat man plötzlich mehr Zeit...
Natürlich. Und man empfindet die Zeit deutlich länger. Oft braucht man auch weniger Schlaf. Es ist die Kunst in der Fastenwoche, den Alltag zu gestalten.

Nimmt dann die Spiritualität eine größere Rolle ein?
Ich persönlich habe wenig feste Gebetszeiten, dafür kann es passieren, dass ich während einer Autofahrt im Zwiegespräch mit Gott bin. In der Fastenwoche schaffen sich Themen Raum.

Was ist für Sie die herausragendste Erfahrung?
Das Tolle am Fasten ist die Energie, die die meisten um den dritten Tag herum verspüren. Manche beschreiben das sogar als Euphorie. Der Körper braucht relativ viel Energie, um Nahrung zu verdauen. Diese Kraft steht plötzlich zur Verfügung. Müdigkeitsschübe, wie man sie oft nach dem Essen bekommt, gibt es nicht mehr.

Kann sich das Fasten auch jemand zutrauen, der körperlich arbeiten muss?
Ja, wir haben da auch Leute in der Gruppe. Und ich kann mich noch selbst daran erinnern: Als ich das dritte oder vierte Mal gefastet habe, waren gerade Semesterferien, und da haben wir im elterlichen Wald Holz gemacht. Ich wusste, ich muss da besonnen rangehen, aber ich hab' die Kraft gehabt. Das war ein großartiges Gefühl. Man hat nicht die Energie eines Sprinters, sondern eher die eines Ausdauersportlers.

Machen einem nicht Verführungen zu schaffen - etwa leckeres Essen zu sehen oder zu riechen?
Ich kann den Geruch genießen, ohne eine Entbehrung zu spüren. Die Sinneswahrnehmungen während des Fastens werden sehr geschärft, das Riechen, das Schmecken, auch das Hören - man empfindet Musik deutlicher. Streitgespräche können einem in der Fastenwoche tatsächlich mehr auf die Nerven gehen. Ich würde sagen, man hat ein bisschen weniger Pelz um sich herum.

Wie viel nehmen Sie in dieser Woche ab?
Bis zu sieben, acht Kilo. Aber es geht mir vor allem um mein körperliches Wohlbefinden. Aus dem Hamsterrad herauszusteigen. Ich weiß, dass ich danach wieder im Hamsterrad landen werde, da bin ich mittlerweile auch sehr gnädig zu mir. Trotzdem ist es kein Quatsch, herauszusteigen, sondern immer wieder 'ne Chance. Manchmal hält's länger an, manchmal kürzer.

Wie geht das Fastenbrechen vonstatten?
Ganz langsam, mit mehreren kleinen Mahlzeiten: ein Knäckebrot mit Frischkäse, ein Stück Apfel. Das Geschmackserlebnis nach fünf Tagen fasten ist wirklich phänomenal. Allein dafür lohnt es sich!

Fastengruppe in Bad Staffelstein

Am Samstag, 8.4., beginnt die Fastenwoche der Gruppe um Pfarrer Helmuth Bautz mit mit einem Entlastungstag. Wer den Info-Abend verpasst hat und kurzfristig mitmachen möchte, kann unter Tel. 09573/2227880 nachfragen. An fünf Tagen wird auf feste Nahrung verzichtet, täglich trifft man sich um 19 Uhr für eine halbe Stunde im Gemeindehaus, Balthasar-Neumann-Str. 4 in Bad Staffelstein. Am Karfreitag ist Fastenbrechen, ab Ostersonntag kann wieder normal gegessen werden.