Das Live-Streaming der Debatten im Lichtenfelser Stadtrat ist vom Tisch
Autor: Andreas Schmitt
Lichtenfels, Dienstag, 16. Februar 2016
Der Antrag der Freien Wähler, die Stadtratssitzungen online zu übertragen, wurde abgelehnt. Die Kosten seien zu hoch, die Datenschutzbedenken zu groß.
Wer die Debatten des Lichtenfelser Stadtrats live verfolgen möchte, muss auch in Zukunft den Weg ins Rathaus auf sich nehmen. Ein Vorschlag der Fraktion der Freien Wähler/Freien Bürger, die Sitzungen des Rates und der Ausschüsse zu filmen und ins Internet zu übertragen, wurde am Montagabend vom Stadtrat abgelehnt.
"Es ist eine große Chance, die junge Generation aus der Politikverdrossenheit herauszuholen und die Transparenz zu erhöhen", warb FW-Fraktionssprecher Stefan Hofmann. Seine Fraktion hatte im Januar beantragt, die Voraussetzungen und eventuellen Kosten einer Übertragung zu prüfen und dem Stadtrat zeitnah vorzulegen.
Datenschutzrechtliche Bedenken
Manfred Diller präsentierte die Antwort der Stadtverwaltung, die eine Übertragung sowohl aus datenschutzrechtlichen als auch aus finanziellen Gründen ablehnt. Unter Verweis auf den Bayerischen Landesdatenschutzbeauftragten argumentierte er: "Livestreaming tangiert das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts." Ausnahmslos alle Stadtratsmitglieder hätten somit einer Übertragung zustimmen müssen, und die Zuschauer hätten nicht gezeigt werden dürfen.Die Kosten der Installation schätzte Manfred Diller auf etwa 15.000 Euro, wobei er auf die Sondersituation in Lichtenfels hinwies, wo Rats- und Ausschusssitzungen in drei verschiedenen Sitzungssälen stattfinden können.
Stefan Hofmann kritisierte die Recherche der Stadtverwaltung ("Nur den Datenschutzbeauftragten zu befragen, ist mir zu einseitig") und betonte, dass man dem Recht auf Selbstbestimmung auch durch eine aktive Zustimmung gerecht werden könne.
Plenum will sofort abstimmen
In der anschließenden Diskussion bekam Hofmann allerdings Gegenwind. "Es steht allen Bürgern frei, die extra auf 17 Uhr nach hinten verlegten Sitzungen live zu besuchen", sagte CSU-Fraktionsvorsitzender Frank Rubner, der darauf hinwies, dass seine Partei und die ihr nahestehenden Jungen Bürger die fünf jüngsten Stadträte hätten. Im Schnitt, so Rubner weiter, kämen gerade einmal zehn Besucher. "Das Interesse ist nicht groß genug, um diese Kosten einzusetzen." Roland Lowig (Wählervereinigung Leuchsental-Jura) stimmte ihm zu und betonte, dass die örtliche Presse ausführlich über die Stadtratssitzungen berichte. Bürgermeister Andreas Hügerich, der sich Mitte Januar sehr offen für eine Prüfung des FW-Vorschlags gezeigt hatte, betonte, dass die Bürger auch ohne Live-Übertragung Anteil an der Lokalpolitik nehmen könnten. "Wir nehmen jede Anfrage Ernst und gehen ja auch raus", sagte er unter Hinweis auf 17 Bürgerversammlungen, die seit 2014 stattgefunden hätten.
Ursprünglich sah der Plan des Stadtoberhauptes vor, das Thema zur Beratung noch einmal in die Fraktionen zu geben. Da sich aber mit Ausnahme von Stefan Hofmann alle Fraktionsvorsitzenden für ein Votum aussprachen, stimmte der Stadtrat sofort ab und lehnte den Vorschlag mit nur einer Gegenstimme (Hofmann selbst) geschlossen ab.
Weiteres Thema im Stadtrat: Der Lichtenfelser Stadtwald
Zählt die Pflege von Wald zu den Kernaufgaben einer Stadtverwaltung? Über diese Frage - gestellt von Bernhard Christoph (Bündnis 90/Grüne) - entwickelte sich im Stadtrat eine umfangreiche Diskussion.
Revierförster Wolfgang Tschödrich hatte den Forstbetriebsplan der Korbstadt vorgestellt. Die wichtigsten Zahlen: Der Lichtenfelser Stadtwald erstreckt sich auf einer Fläche von 130 Hektar, von denen rund 70 wirtschaftlich nutzbar sind. "Unsere Flächen sind stark zersplittert und oft schwer zu bewirtschaften", erklärte Tschödrich. Neben dem sogenannten "schlagweisen Hochwald" gebe es Steilhänge und Felsgebiete.
Bernhard Christoph nahm dies zum Anlass, den Sinn der Waldbewirtschaftung durch die Stadt prinzipiell zu hinterfragen. "Schon vor zehn Jahren habe ich darauf hingewiesen, dass der Wald defizitär ist", sagte der Fraktionsvorsitzende der Grünen. Seiner Meinung nach gehöre die Forstwirtschaft nicht zu den Kernaufgaben städtischer Verwaltung. "Hier geht Manpower verloren", brachte Christoph, der gleichzeitig anregte, mehr Bäume auf offenen Flächen zu pflanzen, den Verkauf oder die Verpachtung ins Spiel.
Ein Vorschlag, der auf Ablehnung stieß. SPD-Fraktionsvorsitzender Winfred Bogdahn sagte: "Dass ausgerechnet ein Grüner darüber nachdenkt, den Wald zu verkaufen, ist schon bemerkenswert." Und Parteikollege Helmar Zipp betonte: "Wir können und wir wollen uns den Wald leisten. Das sind wir der nächsten Generation schuldig."
Robert Gack (CSU) meinte, man habe unter Berücksichtigung des emotionalen und des Grundstückswertes mehr vom Besitz des Waldes als vom Verkauf. " Bürgermeister Hügerich äußerte sich ähnlich, stellte aber in Aussicht, in einer nichtöffentlichen Sitzung darüber zu beraten, ob und wie man die Kosten minimieren könne.