Courage ist kinderleicht oder die Kunst des Helfens
Autor: Stephan Großmann
Lichtenfels, Dienstag, 16. Juli 2019
Eine Achtjährige Lichtenfelserin wird zur Lebensretterin, eine Familie aus Stadtlauringen stellte sich gegen das NS-Regime: Zwei Geschichten von heute und damals zeigen, wie wichtig Mut und Courage für unsere Gesellschaft sind.
Heute Johanna, die kleine Heldin - Johanna Peralta aus Lichtenfels
Es ist ein warmer Sommertag, vor allem in der Mittagszeit klettern die Temperaturen weit nach oben. Johanna Peralta steigt an diesem Dienstag, den 24. Juli 2018, wie gewohnt in die Linie 3, um von der Grundschule nach Hause zu fahren. Doch dieser Tag verläuft anders, als es sich die damals Achtjährige wohl jemals hätte vorstellen können. An diesem Tag wird das Mädchen zur Heldin. Weil es etwas tut, das selbst für Erwachsene nicht selbstverständlich ist. Das bei einem Kind nicht nur deshalb umso bemerkenswerter ist. Sie zeigt Zivilcourage.
Es ist beinahe 12.30 Uhr, Busfahrer Jürgen Scholz wird gleich losfahren. Johanna sitzt mit zwei Mitschülern zusammen auf ihren Plätzen, sie schauen Handyvideos. Eine ältere Dame, alle nennen sie hier nur liebevoll "die Oma", taucht am Bussteig auf, will einsteigen. Etwas scheint nicht zu stimmen, sie wirkt schwächer als sonst. Johanna eilt hinaus und hilft ihr beim Einsteigen und verstaut den Rollator.
Die ältere Frau ist stiller als üblich, Johanna holt ihr aber wie gewohnt das Ticket. Als die Drittklässlerin zum Platz zurückkommt, liegt die ältere Dame schon am Boden des Busses. Johanna zögert nicht lange und eilt zu Busfahrer Jürgen. Der setzt sofort einen Notruf ab, Johanna bleibt so lange bei der am Boden liegenden Frau, beruhigt sie, ist für sie da. Bereits kurze Zeit später ist der Rettungsdienst vor Ort. Es geht gut aus, der Frau geht es mittlerweile wieder gut.
"Ich war furchtbar aufgeregt. Aber ich wusste sofort, dass ich helfen muss", erzählt Johanna. Noch heute muss sie hin und wieder an jenen Tag denken. "Kurz vorher hatten wir Erste Hilfe in der Schule durchgenommen", meint Johanna. "Da wusste ich, was ich tun muss." Als Heldin sieht sie sich aber nicht. "Warum denn? Das ist doch normal, dass man anderen Menschen hilft."
Der 43-jährige Jürgen Scholz kennt das auch anders. Seit neun Jahren ist er Busfahrer am Obermain, da hat er schon einiges erlebt. "Der Bus war ziemlich voll, auch andere Kinder waren an Bord. Von denen hat keiner reagiert. Die Johanna ist etwas Besonderes." Wie sich später herausstellt, war es zum Glück "nur" ein Schwächeanfall, der Frau geht es schnell wieder gut. "Sie hat sich tausendmal bedankt", erzählt Scholz. "Manchmal gibt es eben auch ein Happy End."
Schon oft mussten Klaus Wallenfels und Ana Peralta die Geschichte ihrer Tochter erzählen. Auch sie können ihren Stolz kaum unterdrücken. "Hilfsbereit ist Johanna schon immer gewesen", sagt Papa Wallenfels, sie hat immer ihre Mitmenschen im Blick. Für ihren Einsatz im Bus hat Johanna kürzlich die Bayerische Rettungsmedaille überreicht bekommen. "Da war ich auch sehr aufgeregt." Kein Wunder, wie oft wird man als Neunjährige schon von Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder geehrt? Als "Vorbilder an Mitmenschlichkeit und Hilfsbereitschaft" bezeichnete der insgesamt 43 Retter aus Bayern - auch Johanna.