Corona-Hotspot Lichtenfels - und nun?
Autor: Cindy Dötschel,Jann Weckel
Marktgraitz, Dienstag, 26. Mai 2020
Durch den Corona-Ausbruch in einem Marktgraitzer Pflegeheim ist der Landkreis Lichtenfels in den Fokus gerückt. Während im Heim alles getan wird, um weitere Todesfälle zu vermeiden, wird sich für die Bürger im Kreis vorerst nichts ändern.
MarktgraitzAnfang des Monats hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel die Verantwortung für Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus endgültig in die Hände der Länderchefs gelegt. Während in Thüringen die Abschaffung der Maskenpflicht ein Thema ist , fährt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) weiterhin einen härteren Kurs: Bundesweit liegt der kritische Wert der so genannten Sieben-Tage-Inzidenz, also der Neuinfektionen innerhalb einer Woche, bei 50 Erkrankungen auf 100 000 Einwohner gerechnet, doch in Bayern wurde die Grenze auf 35 festgelegt. Das bedeutet: Wird dieser Wert überschritten, müssen lokale Maßnahmen zur Eindämmung her. In Lichtenfels ist das momentan der Fall.
Grund für den deutlichen Anstieg in den letzten Tagen ist der Ausbruch des Virus im Marktgraitzer Pflegeheim "Am Eichberg". Dort haben sich mittlerweile ein erheblicher Teil der Bewohner sowie einige Mitarbeiter infiziert. Acht Menschen sind infolge der Erkrankung gestorben.
"War ein riesen Schock"
"Jeder Bewohner, der verstirbt, ist einer zu viel - und man kann nichts dagegen tun, weil es keinen Impfstoff und kein Medikament gegen die Krankheit gibt", teilte die Heimleitung auf Anfrage des Fränkischen Tags mit.
Ein Bewohner, der an einer chronischen Lungenkrankheit litt, hatte regelmäßig Erkältungserscheinungen. Der Hausarzt hatte ihm daher Antibiotika verabreicht. Nachdem der Bewohner verstorben war, bekam sein Zimmernachbar Fieber. "Dem Bewohner wurde post mortem noch ein Abstrich entnommen", berichtet der Heimleiter. Der Abstrich und auch der des Zimmernachbarn fielen positiv aus. "Für uns war das Ergebnis ein riesen Schock. Wir haben umgehend das Gesundheitsamt informiert und Quarantänemaßnahmen eingeleitet."
Seitdem herrscht im Pflegeheim eine absolute Ausnahmesituation. In dieser schwierigen Phase sei es kaum möglich, die richtigen Worte zu finden. Von den insgesamt 21 infizierten Bewohnern sind mittlerweile acht an den Folgen der Coronainfektion verstorben. "Bei den verstorbenen Bewohnern ist die Infektion besonders schwer verlaufen. Alle anderen Infizierten zeigen bisher keine Symptome - weder Fieber noch Atemwegserkrankungen."
Wie es dazu kommen konnte, dass das Coronavirus im Pflegeheim "Am Eichberg" ausgebrochen ist, kann sich der Heimleiter nicht erklären: "Darüber können wir nur mutmaßen. Vermutlich wurde das Virus durch einen symptomlosen Mitarbeiter übertragen." Dass der Ausbruch direkt mit der Lockerung der Besuchsregeln zusammenhängt, gilt als unwahrscheinlich. Zu dem Zeitpunkt, als sich der erste Bewohner angesteckt hat, war das Heim noch nicht wieder für Besucher geöffnet.
Um zu verhindern, dass sich noch weitere Bewohner anstecken, wurden im Pflegeheim "Am Eichberg" zwei Stationen eingerichtet. In einer Station sind alle mit Covid-19 infizierten Bewohner untergebracht, in der anderen Station die gesunden Bewohner. "Nicht nur die Bewohner, sondern auch die Mitarbeiter werden voneinander abgeschottet. So soll verhindert werden, dass das Virus übergreift", berichtet der Heimleiter. Die Mitarbeiter betreten das Haus außerdem über zwei separate Eingänge. So können sie in die einzelnen Stationen gelangen, ohne dabei mit anderen Bereichen des Hauses in Berührung zu kommen.