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Bus mit Geschichte sucht Anschluss


Autor: Ramona Popp

LKR Lichtenfels, Sonntag, 12. März 2017

Vor zehn Jahren ein Vorzeigeprojekt, heute droht dem Oldtimer die Verschrottung.
Ob für ihn noch einmal bessere Zeiten kommen? - Ohne Nummernschild steht der Bus aus dem Lichtenfelser Qualifizierungsprojekt auf einem Betriebsgelände in Sonneberg.  Foto: privat


Im Jahr 1974 wurde er bei den einstigen Kässbohrer-Fahrzeugwerken auf die Räder gesetzt. Er war ein Reisebus und erlebte Höhen und Tiefen nicht nur in geographischer Hinsicht. In das neue Jahrtausend rollte er nur noch mit wenig Elan hinein und war schon zur alten Rostlaube geworden, als ihm junge Leute eine bemerkenswerte Auffrischungskur angedeihen ließen. Motor, Karosserie, Einrichtung - alles wurde von Grund auf überholt. Und als sie fertig waren, gab es eine große Einweihungsfeier. Er wurde als modern ausgestattetes Mobiles Multimedia-Center wieder auf die Reise geschickt. Doch diese war vergleichsweise kurz. Mangels Interessenten für eine weitere Nutzung geriet er aufs Abstellgleis.


Junge Leute in Arbeit gebracht

Wir haben das einstige Vorzeigeobjekt, das Ende 2006 im Landkreis Lichtenfels und darüber hinaus für Schlagzeilen sorgte, auf einem Betriebsgelände in Sonneberg (Thüringen) aufgespürt. Der Eigentümer Martin Peschke ist überrascht, gleichzeitig aber auch erfreut über unsere Anfrage. Peschke war bis vor wenigen Jahren Geschäftsführer der Firma "P&S Praxis und Seminare" , die am Standort Lichtenfels-Schney in Zusammenarbeit mit dem Jobcenter Qualifizierungsmaßnahmen für Jugendliche anbot. Mit dem Bus hatten sich vielfältige Möglichkeiten eröffnet, die Teilnehmer konnten sich in verschiedenen Berufsfeldern vom technisch-mechanischen bis zum Marketing-Bereich erproben. 200 junge Leute beschäftigten sich insgesamt rund 2880 Arbeitsstunden mit diesem Projekt. Ein Drittel etwa kam auf diese Weise direkt an einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz. Die Anerkennung blieb nicht aus: In einem vom Bundeswirtschaftsministerium initiierten Wettbewerb "Jugend in Arbeit" gab es den Sonderpreis für Innovation.

"Es war ein Riesenaufwand", erinnert sich Martin Peschke. Der heute 60-Jährige hat sein Unternehmen inzwischen an eine Mitarbeiterin verkauft, ist aber für "P&S" noch freiberuflich tätig. Das Betriebsgelände der Zentrale in Sonneberg gehört ihm. "Eigentlich steht mir der Bus im Weg rum", sagt Peschke.


Vor Jahren stillgelegt

Seit mindestens fünf Jahren habe sich da nichts mehr getan. Damals, nach der Präsentation in Lichtenfels, sei er nur noch wenige Male im Einsatz gewesen, darunter beim Welt-Aids-Tag, als in Lichtenfels darin für Schulklassen Präventionsarbeit geleistet wurde. "Später war er noch ein bis zwei Jahre für Jugendliche in Kronach eingesetzt", berichtet Peschke. Dort nutzte das Berufliche Fortbildungszentrum bfz den Bus. Der rote Aufkleber "Unser ABH-Bus" rührt von einer Verwendung auf dem Gebiet der ausbildungsbegleitenden Hilfen (=ABH) noch bei "P&S".
Mittlerweile ist nicht nur die Computertechnik veraltet. Die letzte TÜV-Prüfung liegt lange zurück. Der ganze Bus müsste nach Einschätzung des Eigentümers wieder renoviert werden. "Innen ist die Decke kaputt und es dringt Feuchtigkeit ein." Sinn würde eine Reparatur aus seiner Sicht aber nur machen, wenn auch die Idee einer Anschlussnutzung dahinter stünde. Das Mobile Multimedia-Center könnte als Infobus einer Kommune, vielleicht zur Tourismuswerbung, unterwegs sein, hat sich Peschke überlegt. Besser wäre es aber, meint er, wenn sich ein Träger fände, der mit einer Zielgruppe daran auf eine spätere Verwendung hin arbeiten würde. "Das wäre schön." Ansonsten droht dem Bus trotz seiner interessanten Geschichte die Verschrottung.