Bürgermeisterwahl: die Sensation von Lichtenfels
Autor: Ramona Popp
Lichtenfels, Sonntag, 16. März 2014
Andreas Hügerich (SPD) schafft auf Anhieb den Sieg in der Kreisstadt. Damit hatte in Lichtenfels kaum jemand gerechnet. Auch der vor Freude überwältigte Wahlgewinner nicht.
Kurz nach 18 Uhr wurde im Rathausfoyer das erste Zwischenergebnis an die Wand projiziert. Ungläubiges Staunen. Sogar von draußen, durchs Fenster, konnte man ihn sehen, den langen, roten Balken. "Das wär' ja der Wahnsinn!", meinte einer der Wartenden. Aber zu diesem Zeitpunkt herrschten noch Zweifel vor. Es waren ja noch nicht einmal die Hälfte der 44 Stimmbezirke ausgezählt. Und vor allem nicht die Stimmen der Briefwähler, die mit 5617 einen so großen Anteil wie noch nie ausmachten. Zügig wurde eine Auszählung nach der anderen in die Berechnung eingefügt, der rote Balken aber blieb weit ausgestreckt in Führung. Mittlerweile glaubte schon niemand mehr an das, was die meisten - und auch alle vier Kandidaten - für wahrscheinlich gehalten hatten: eine Stichwahl.
"Das wär' ja eine Sensation!", meinte eine Lichtenfelserin, und bald schon musste sie sich korrigieren: Es ist eine Sensation, "das rote Wunder von Lichtenfels". Eine andere sagte, jetzt freue sie sich richtig, Lichtenfelserin zu sein; ein solches Ergebnis hätte sie den Leuten hier gar nicht zugetraut. "Frisches Blut muss her!" kommentierte jemand in der Menge.
Statement von Andreas Hügerich (SPD) zur Bürgermeisterwahl in Lichtenfels by Infranken.de
Statement von Günter Dippold zur Bürgermeisterwahl in Lichtenfels by Infranken.de
Als der Ausgang dieser Bürgermeisterwahl klar war, warteten alle auf den Sieger. Der hatte den Abend mit Freunden und Angehörigen gegen 17 Uhr im "Irish Pub" begonnen. Ganz entspannt übrigens. Den aufgeregten Mitstreitern klopfte er dort beruhigend auf die Schultern: "Was soll denn schon passieren?" Und stellte im Brustton der Überzeugung fest, egal, wie das Ergebnis auch lauten werde, er könne für sich persönlich nur gewonnen haben. "Es war eine schöne, erfahrungsreiche und wertvolle Zeit. Ich habe alles gegeben.
Ich bin mit mir im Reinen."
27-Kilometer-Lauf am Morgen
Knapp zwei Stunden später sollte dann aber auch die Gelassenheit des Marathonläufers, der am Morgen mit einem 27-Kilometer-Lauf in diesen Sonntag gestartet war, etwas schwinden. Zu beeindruckend wohl die Deutlichkeit des Ergebnisses. Als er auf dem Marktplatz erschien und der Jubel aufbrandete, standen dem designierten Bürgermeister Tränen in den Augen. Es dauerte etwa eine halbe Stunde, bis er sich den Weg ins Rathaus gebahnt hatte. Man sah viele glückliche Gesichter, viele Hände, die der Wahlsieger schüttelte. Sektkorken knallten und ein paar Kästen Bier wurden eilig herbeigeschafft.
Einige blickten aber auch alles andere als froh drein.
CSU-Fraktionsvorsitzender Robert Gack zum Beispiel verfolgte mit ernster Miene den erdrutschartigen Verlust seiner Partei, hatte doch Bianca Fischer bei der Wahl vor sechs Jahren 54,25 Prozent der Stimmen geholt. Auch als parteilose Kandidatin für die CSU. Nun sollte es für Günter Dippold, einen bekannten und geschätzten Lichtenfelser, Professor und Bezirksheimatpfleger, zu nicht einmal 25 Prozent gereicht haben.
Dippold selbst zog ein klares Fazit aus diesem Votum: "Die Stadt hat Erneuerung gewählt. Sie hat sie in einer sehr radikalen Weise gewählt." Das deutliche Ergebnis sei ein Vertrauensbeweis für Andreas Hügerich. Froh zeigte er sich darüber, dass "uns die Quälerei eines 14-tägigen Stichwahlkampfs erspart bleibt". Dem künftigen Bürgermeister gegenüber zeigte er sich mehr als fair, denn er signalisierte diesem Unterstützung: "Ich gratuliere Andreas Hügerich ganz herzlich; er
weiß auch, dass er in Bayreuth jemanden hat, der ihn in seiner Arbeit und bei seinen Aufgaben helfen wird." Günter Dippold betonte, er bereue seine Kandidatur und die Zeit des Wahlkampfs nicht. Er wolle diese Zeit in seinem Leben nicht missen. Er merkte auch an, dass diejenige Partei gewonnen habe, die ihren Kandidaten zu hundert Prozent unterstützt hat. Die CSU habe ihn zu einem Großteil unterstützt, einzelne Kräfte seien aber ausgeschert, was er bedauere.
Gernot Brand (Freie Wähler) gehörte ebenfalls zu den ersten Gratulanten des designierten Bürgermeisters. Seine Analyse lautete: "Die Lichtenfelser haben auf Jugend gesetzt." Sein persönliches Ergebnis bewertete er als "desaströs". Sechs Jahre harte Stadtratsarbeit seien vom Wähler nicht honoriert worden.
Er erwähnte aber auch, dass die Kandidaten viele gleiche Ziele formuliert hätten.
Mathias Söllner (Grüne) schüttelte ebenfalls dem Gewählten die Hand und betonte, er freue sich darauf, im Stadtrat mitwirken zu können.
Andreas Hügerich schrieb sich den Erfolg nicht allein auf die Fahnen. Sein Team und die Menschen in Lichtenfels hätten das geschafft, denen gelte sein herzlichster Dank und die Bitte, ihm zu helfen, "dass wir gemeinsam unsere Stadt voranbringen." Im Rathausfoyer bedankte er sich bei allen für dieses Miteinander, für ihre Ideen und Impulse. Er dankte auch seinen Arbeitskollegen im Rathaus, denen der Standesbeamte einen respektvollen Umgang miteinander attestierte, und unter Applaus der Menge seinen Eltern, die in diesem Moment sichtlich gerührt an seiner Seite standen. An diesem Abend sollte im "Irish Pub" noch lange gefeiert werden.