Briefe beleuchten Lebenslauf von Maler Fritz Lamprecht
Autor: Matthias Einwag
Kloster Banz, Mittwoch, 20. November 2013
Die Wissenschaftlerin Isabel Grimm-Stadelmann recherchierte neue Fakten zum Leben des Arztes und Malers Fritz Lamprecht. Seine Bilder sind in Kloster Banz zu sehen, sein Nachlass befindet sich im Archiv der Hanns-Seidel-Stiftung.
"Au weia, das ist alles ziemlich eng", wunderte sich Isabell Grimm-Stadelmann, nachdem sie 2012 die Fakten gesichtet hatte. Die Lehrbeauftragte am Institut für Ethik, Theorie und Geschichte der Medizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München hatte der Hanns-Seidel-Stiftung zugesagt, einen Vortrag über das Leben des Arztes und Malers Fritz Lamprecht zu halten. Die militärhistorischen Quellen waren jedoch sehr dünn. Dann kam ihr aber der Zufall zu Hilfe.
Renate Höpfinger, die Leiterin des Archivs der Hanns-Seidel-Stiftung, die den Lamprecht-Nachlass verwaltet, hatte über die oberfränkische Presse an Zeitzeugen appelliert, sich zu melden. Dieser Aufruf gelangte durch eine glückliche Fügung an einen Briefmarkensammler in Leipzig, der tatsächlich rund 60 Briefe Fritz Lamprechts besaß. Sie sei "mehr als elektrisiert" gewesen, als sie von diesen Briefen erfuhr, sagt Renate Höpfinger.
Als "superspannend" beschreibt die Wissenschaftlerin die nun hinter ihr liegende Aufgabe. Die Briefe seien mit relativ schöner Schrift verfasst, Fritz Lamprecht habe aber kein reines Sütterlin geschrieben. Das Schriftbild der älteren Briefe sei ebenmäßiger, später führte er die Feder etwas fahriger, die Schrift werde krakeliger.
Köstliche Stellen und viele Details
Die ersten Brief stammen aus den Jahren 1919 und 1920. Isabel Grimm-Stadelmann lernte bei der Lektüre Details über die Studienzeit Fritz Lamprechts kennen. Er äußert sich über seine Studentenverbindung Vandalia und er schreibt an seine Freundin und spätere Frau Karolina. "Da sind einige ganz köstliche Stellen dabei", sagt Isabel Grimm-Stadelmann; an der Ironie erkenne man den Mediziner.
Doch nicht allein auf die Auswertung der Briefe stützte sich Isabel Grimm-Stadelmann für ihren Vortrag am Mittwoch in Kloster Banz. Neben der Auswertung der Nachlassschenkung recherchierte sie im Archiv für Medizingeschichte und holte mündlich Auskünfte bei Mitgliedern der Studentenverbindung Vandalia ein. Auch etliche Fedlpostbriefe von Fritz Lamprecht aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs flossen in die Arbeit der Wissenschaftlerin ein.
Als Militärarzt - zuletzt im Rang eines Oberst arztes - war Fritz Lamprecht in Polen, Frankreich, Griechenland, Norwegen, Nordafrika, Finnland, Russland und zuletzt in Italien eingesetzt. Er schreibt über private, familiäre Dinge, erzählt von dienstlichen Erlebnissen und sorgt sich aus der Ferne um die Gesundheit seiner Frau und seiner Tochter. Sich selbst bezeichnet er in derber Sprache als "soldatischen Feldscher". Einmal schreibt er an seine Frau Karolina, nachdem er eine neue Verwendung als Armeearzt gefunden hatte: "Jetzt bin ich endlich wieder Frontsoldat." Isabell Grimm-Stadelmann folgert aus der Lektüre dieser Briefe: "Er war Soldat mit Leib und Seele." Vielleicht, ergänzt sie, sei er ja als Landarzt in Berneck in den 1930er-Jahren gerade deshalb so beliebt gewesen, weil er kein Blatt vor den Mund genommen hat.
Ein plastisches Lebensbild
Nach und nach konnte Isabel Grimm-Stadelmann ein relativ plastisches Bild von dem Menschen formen, von dem sie anfangs nur eine ganz vage Vorstellung hatte. Die Briefe als Quellen ermöglichten es ihr, in Kloster Banz einen Vortrag über das Wirken von Fritz Lamprecht als Arzt und Künstler zu halten, der inhaltlich dicht gewebt war. Sie zeichnete ein Bild vom Wirken eines Mannes in seiner Zeit und ließ ihn selbst zu Wort kommen. Nun hat sie vor, das Projekt weiter zu verfolgen, um das Leben dieses Mannes vor dem Vergessenwerden zu bewahren.
Denkbar sei aber auch, Lamprechts Lebenslauf in einen historischen Kontext einzubetten, die medizin- und kriegsgeschichtlichen Ereignisse kommentierend aufzubereiten, denen er ausgesetzt sein muss. In den Briefen finden sich dafür genügend Anknüpfungspunkte. Immerhin zählten viele namhafte Mediziner zu seinen Lehrern. Den Zusammenbruch der Räterepublik kommentiert er ebenso wie dieses und jenes Ereignis in den Lazaretten die er leitete und den Etappenstäben, denen er angehörte.
Fritz Lamprecht starb am 5. Mai 1945 in einem Lazarett in Österreich an Herzschlag. Er wurde 53 Jahre alt.
Ein Arzt in seiner Zeit
Hintergrund: Die Hanns-Seidel-Stiftung erfüllt das Vermächtnis von Inge Müller-Lamprecht und zeigt den künstlerischen Nachlass ihres Vaters, des Arztes und Malers Fritz Lamprecht (1892 bis 1945) . Die rund 60 Bilder sind nach Jahrzehnten im Privatbesitz seit 2009 in Kloster Banz der Öffentlichkeit zugänglich. Inge Müller-Lamprecht, die 2007 im Alter von 84 Jahren gestorben ist, hat keine Nachkommen. Auf Kloster Banz war sie gekommen, nachdem sie eine Fernsehsendung über das Bildungszentrum gesehen hatte. Spontan fasste sie den Entschluss: Das soll der Ort sein, an dem die Bilder ihres Vaters bleiben sollen.
Gemälde: Die in Banz ausgestellten Gemälde belegen die große malerische Begabung von Fritz Lamprecht. Er war reiner Autodidakt, der seiner Leidenschaft, der Malerei, immer nur nebenbei nachging - neben dem Medizinstudium, neben seiner Tätigkeit als Landarzt oder seinem Dienst als Soldat. Er zeichnete und malte in Öl und Aquarell vielfältige Motive - Landschaften, Tiere, Porträts.