Blühendes Leben im Mehrgenerationenhaus Michelau
Autor: Ramona Popp
Michelau, Dienstag, 02. Dezember 2014
Asylbewerber lernen miteinander, Kinder und Alte werden betreut. Haupt- und Ehrenamtliche arbeiten zusammen. Und auch die Finanzierung des Mehrgenerationenhauses in Michelau bleibt auf mehreren Schultern verteilt.
Der Antrag geht noch diese Woche raus. Es ist der dritte, den Frank Gerstner als Leiter des vor sechs Jahren in Michelau eröffneten Mehrgenerationenhauses auf den Weg bringen muss, damit die Einrichtung bestehen kann. Der Bundestag hat zwar die Weichen für eine dauerhafte Finanzierung der 450 Mehrgenerationenhäuser gestellt - um den Mitarbeitern Planungssicherheit zu geben, und weil man den Wert der Leistungen dieser Häuser erkannt hat: Bei einem vergleichsweise niedrigen Anteil hauptamtlicher Kräfte engagieren sich dort nämlich viele Menschen ohne jegliche Bezahlung oder gegen eine geringe Aufwandsentschädigung für andere.
Doch über das Jahr 2015 gibt es noch keine konkrete Finanzierungsregelung. Es könne sein, dass es nochmals eine Übergangslösung geben wird, meint Frank Gerstner. Dann müsste das Rote Kreuz als Träger wohl erneut wegen einer Kofinanzierung an Gemeinde und Landkreis herantreten.
Anbaupläne
Der Platz für den nötigen Pflege- und Ruhebereich soll im Frühjahr mit dem geplanten Neubau für die Katastrophenschutzfahrzeuge von BRK und Wasserwacht auf dem Gelände in Michelau geschaffen werden. Damit würde die am MGH angebaute Garage frei und könnte als rund 20 Quadratmeter großer Raum angegliedert werden.
Seit zirka vier Wochen sind auch die 20 in der benachbarten ehemaligen Gaststätte untergebrachten Asylbewerber aus Syrien, der Ukraine und Serbien regelmäßige Besucher des MGHs. Sie nutzen den Internetzugang, um zu erfahren, was in ihrer Heimat los ist. Viermal die Woche werden zudem Übungsstunden angeboten, um Kenntnisse der deutschen Sprache zu erwerben. Es sind keine qualifizierten Sprachkurse, die kann das MGH nicht anbieten, wie Gerstner erklärt. Erst mit der offiziellen Asylanerkennung - was Monate dauern kann - ist der Zugang zu Integrationskursen frei. Die durch Ehrenamtliche oder Minijobber angebotenen Deutschstunden sind eine hilfreiche Überbrückung. "Die wollen, die machen mit und strengen sich an", sagt Maria Bram, die einer Gruppe Syrer Sprachkenntnisse vermittelt. Die pensionierte Lehrerin aus Bad Staffelstein arbeitet dabei mit Bildern und einfachen Sätzen. Fragen müssen auf Englisch geklärt werden, einer der Asylbewerber übersetzt das dann den anderen in die Muttersprache.
Als Frank Gerstner gestern morgen aufgesperrt hat, haben ihn zwei Syrer mit "Guten Morgen" gegrüßt. Darüber hat er sich gefreut. Wirkliche Betreuungsarbeit zu leisten, ist dem Sozialpädagogen nicht möglich, da muss er an die Diakonie Kronach verweisen, die regelmäßig eine Fachkraft nach Michelau schickt. Der Leiter des Mehrgenerationenhauses steht der Einrichtung gemäß seinem Arbeitsvertrag nur rund 14 Stunden in der Woche zur Verfügung, die restliche Zeit ist er beim BRK in Coburg tätig. Zudem wurde ihm Verantwortung für das neue Schülerwohnheim in Lichtenfels übertragen.
Ob sich das Mehrgenerationenhaus eines Tages einmal eine Ganztagesstelle in der Leitung leisten kann? Noch ist das nicht der Fall. "Ohne die 40.000 Euro Förderung würde es sehr eng werden", sagt Gerstner. Ohne die rund 50 Ehrenamtlichen, die Aufgaben von der Kursleitung bis zum Rasenmähen übernehmen, auch. Das MGH ist tatsächlich für viele aus dem Landkreis zu einem "unersetzlichen Begegnungsort" geworden, wie es die oberfränkische Bundestagsabgeordnete Anette Kramme (SPD) jüngst ausdrückte. Sein Bestand scheint nun gesichert. Vielleicht ist es aber noch nicht der letzte Antrag, den der Einrichtungsleiter dieser Tage auf den Weg bringen muss.