Bier schmeckt auch ohne Trend
Autor: Andreas Schmitt
LKR Lichtenfels, Dienstag, 29. März 2016
"Craft beer" ist in. Brauer im östlichen Kreis setzen aber nicht auf diesen Trend. Sie produzieren schon immer handwerklich und in kleinen Mengen.
India Pale Ale, Chocolate Bock oder Süßholz-Porter. "Craft beer" liegt im Trend. Vor allem größere Brauereien in Bamberg oder Bayreuth, aber auch einige kleinere sind schon auf den Zug aufgesprungen und bewerben ihre Produkte mit wohlklingenden Namen und dem Verweis auf eine leidenschaftliche und handwerkliche Herstellung.
Anders im östlichen Landkreis Lichtenfels: Dort hören Biersorten noch auf traditionelle Bezeichnungen wie Pils, Bock oder Keller. "Craft beer brauen wir trotzdem", betont Bernd Struntz von der Weismainer Püls-Bräu. "Schon immer."
Definition für US-Markt gemacht
Der Marketingleiter des seit 1798 in Privatbesitz befindlichen Unternehmens bezieht sich dabei auf die aus den USA stammende Definition, wonach "craft beer" (wörtlich aus dem Englischen übersetzt: "handwerkliches Bier"), in kleinen Mengen, unabhängig von Konzernen und auf traditionelle Weise gebraut wird. Die US-Brauervereinigung grenzt sich damit vom Gerstensaft der dortigen Großkonzerne ab. "Diese Definition ist aber nicht so einfach auf den deutschen Biermarkt anzuwenden", gibt Bernd Struntz zu bedenken. Denn was in den USA klein ist, wäre für fränkische Verhältnisse schon gigantisch. Während eine Brauerei in den Vereinigten Staaten bis zu 9,5 Millionen Hektoliter Ausstoßmenge produzieren dürfe, um noch als klein zu gelten, liegen alle oberfränkischen Brauereien weit unter dieser Marke. Laut deutschem Brauerbund produziert die Hälfte der deutschen Betriebe weniger als 1000 Hektoliter.
Selbstverständlichkeiten sind für fränkische Privatbetriebe auch die weiteren Vorgaben der US-Definition. Höchstens 25 Prozent einer Brauerei dürfen einem Konzern gehören, um als unabhängig zu gelten. Außerdem muss das Bier weitestgehend aus den klassischen Zutaten Wasser, Malz, Hopfen und Hefe bestehen, was hierzulande mindestens schon seit Inkrafttreten des Bayerischen Reinheitsgebotes vor 500 Jahren Anwendung findet.
Doch Bernd Struntz denkt nicht nur an die amerikanische Begriffsdefinition, wenn er das Püls-Bier als "craft beer" bezeichnet. Auch das, wofür "craft beer" im Bewusstsein von Bierfreunden stehe, habe man im Sortiment: Biere, die sich von anderen aufgrund ihres eigenen Charakters unterscheiden.
"Die individuelle Verkostung hat für uns einen großen Stellenwert", sagt Thomas Gommelt. Der Diplom-Ingenieur für Brauwesen und Getränketechnologie arbeitet seit 1994 in Weismain und legt großen Wert auf den Geschmack der Bierfreunde aus der Region. "Früher hat man lieber Export oder Märzen getrunken, dann ging der Trend zum Pils mit vielen Bitterstoffen und heutzutage sind wieder helle oder Landbiere beliebt", weiß der 54-Jährige aus Gesprächen in Wirtshäusern und an Stammtischen. "Wir überlegen dann, wie wir die Wünsche umsetzen."
Für jeden Geschmack etwas dabei
Mit einer einzigen Sorte ist es dabei nicht getan. Vom Krone-Pils nach altem Rezept bis zum recht neuen Hopfengold brauen Thomas Gommelt und seine beiden Braumeisterkollegen 14 Sorten mit Liebe zum Detail und handwerklichen Elementen. Anglizistisch als "craft-beer" bezeichnen wollen sie die Biere aber nicht.Eine Herangehensweise, die auch in den Braustätten der Nachbarorte so angewandt wird. Die Brauerei Leikeim in Altenkunstadt hat ebenfalls keine typischen "Craft Beer"-Namen, aber jede Menge Biervielfalt im Programm. "Das ist uns sehr wichtig", betont Geschäftsführer Andreas Leikeim. Das Steinbier, das nach einem der ältesten Bierbrauverfahren hergestellt wird, ragt dabei aus der zehn Sorten umfassenden Angebotspalette der 1887 gegründeten Brauerei in puncto Besonderheit heraus. "Es besitzt eine große Aromenvielfalt. Und das Jahre vor der Craftbier-Welle", sagt Andreas Leikeim, dem es nicht so wichtig ist, ob sein Bier einen trendigen Namen besitzt - Hauptsache, es schmeckt.
Bier soll nach Franken schmecken
Ähnlich sieht das Irene Günther, Diplom-Braumeisterin bei der Günther-Bräu Burgkunstadt. "Wir brauchen keine englischen Namen. Wir sind fränkisch und so klingt und schmeckt unser Bier." Bernstein, Schwarz- oder Jubiläumsbier sind drei der sieben Sorten der 176 Jahre alten Brauerei.
Und wie bekommt man den fränkischen Geschmack? "Das Wichtigste sind die Zutaten", sagt Thomas Gommelt, der wie seine Braumeisterkollegen stets weiß, woher die Produkte stammen. Der Hopfen zum Beispiel aus dem Fränkischen Seenland oder vom Bodensee, das Malz aus Kulmbach oder Bamberg. Den kürzesten Transportweg hat das Wasser. Bei Günther-Bräu aus dem städtischen, bei Leikeim und Püls-Braü aus dem 70 bzw. 165 Meter tiefen, firmeneigenen Brunnen.