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Baur-Biografie: Buchvorstellung ohne Autor


Autor: Ramona Popp

Burgkunstadt, Montag, 11. Mai 2015

Zum 125. Geburtstag des Firmengründers Friedrich Baur sollte ein mit hohem Aufwand recherchiertes Werk erscheinen. Doch der hierzu in Burgkunstadt erwartete Wissenschaftler fehlte. Schuld war nicht allein der Bahnstreik.
Blick ins Nachlasszimmer in der Alten Vogtei, das am Samstag und Sonntag von 13 bis 16 Uhr sowie am Dienstag und Mittwoch (12./13. Mai) für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Foto: R. Popp


Die morgendliche Pressekonferenz begann mit einem Paukenschlag. Literaturwissenschaftler Ralf Georg Czapla, der über drei Jahre an der mit Spannung erwarteten Doppelbiografie des Burgkunstadter Unternehmers und seiner Schwester gearbeitet hatte, war nicht da. In der Alten Vogtei waren bereits die Stehtische für den Empfang zur Buchvorstellung mit geladenen Gästen am Mittag gerichtet. Rund 115 hatten zugesagt. Sie erwarteten sich interessante Einblicke in das von vielen mit Spannung erwartete Werk und einen Austausch mit dem Autor. Am Abend sollte dieser Termin für die breite Öffentlichkeit wiederholt werden. Da keine Zeit mehr zum Absagen oder Umdisponieren blieb, mussten die Vertreter der Friedrich-Baur-GmbH und der -Stiftung das Programm am 125. Geburtstag des angesehenen Firmengründers alleine bestreiten. "Herr Czapla ist leider verhindert", verkündete Kuratoriums-Vorsitzender Georg Freiherr von Waldenfels eingangs in kleiner Runde. Ein Opfer des Bahnstreikes, hatte Geschäftsführer Bernhard Betz zuvor wissen lassen. Dabei ließ er durchblicken, dass der Autor es erwartet habe, dass man ihn von seinem Wohnort in Sankt Augustin im Großraum Bonn abhole. Schließlich habe jener keine andere Möglichkeit mehr gesehen, zu kommen, so von Waldenfels.

Respekt vor der Arbeit Czaplas

Dies nehme jedoch nichts von der wissenschaftlichen Wertigkeit der von ihm erstellten Doppelbiografie, würdigte der Vorsitzende. Zu den Kosten für dieses Werk wollte man sich nicht äußern; sie seien in Anbetracht des hohen Aufwandes vertretbar und sehr angemessen. Herausgekommen sei ein sehr gelungenes Buch. Besonders angetan zeigte sich der Redner von der Schilderung der Erfahrungen Friedrich Baurs im Ersten Weltkrieg, von seiner Entwicklung als Unternehmer und den Rückschritten, die er hinnehmen musste, von dem Miteinander mit seiner Frau Kathi und vielen weiteren Aspekten, die ihm bislang nicht bekannt waren. Claire Bauroff, wie sich Baurs Schwester mit Künstlernamen nannte, werde ebenfalls als starker Charakter dargestellt. Gleichzeitig sei die avantgardistische Tänzerin der totale Gegenpol zu dem bodenständigen Unternehmer. Mit ihren sehr ästhetischen Nacktauftritten verkörperte sie in den 20er Jahren ein neues Frauenbild.

Spannend und lesenswert

Auf diese besondere Frau in der Familie des bekannten Versandunternehmers war die Stiftung von Professor Dieter Borchmeyer aufmerksam gemacht worden, der einer der Kuratoren und Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste war. Durch seine Anregung sei es, so von Waldenfels, zu der Zusammenarbeit mit Czapla gekommen.

Von dem über 70 Seiten umfassenden Quellennachweis solle man sich nicht abschrecken lassen. Czapla habe wissenschaftlich gearbeitet, doch sein Schreibstil sei sehr flüssig und leserfreundlich, merkte Landrat Christian Meißner (CSU) an. "Absolut spannend" fand auch Gerti Moll-Möhrstedt den Lesestoff. Die Unternehmerin, die dem Kuratorium der Stiftung angehört, hatte beim vorausgegangenen Smalltalk erwähnt, dass sie am Sonntag den Weg von Frankfurt an den Obermain gefahren war. Sie hätte also eigentlich den Autor ein Stück mitnehmen können, hätte sie nur von der Misere gewusst.

Doch mit der Kommunikation und mit dem Bemühen um eine Lösung stand es in dieser Angelegenheit offenbar nicht zum Besten. Ralf Georg Czapla sagte nämlich unserer Zeitung gegenüber, er habe die Verantwortlichen der Stiftung bereits am Samstag darüber informiert, dass er auf die Bahn angewiesen sei und im Ballungsraum Bonn auch am Tag nach dem Streik ein Notfahrplan gelte und eine Streckensperrung bestehe. Man sei weder bereit gewesen, ihn abzuholen, noch die Kosten (700 Euro) für einen Fahrdienst zu übernehmen. Dies hätte er erwartet, nachdem er im Gegenzug auf ein Honorar für die Veranstaltung verzichtet hatte. Auch seine Hotelübernachtung habe er selbst reserviert - und schließlich mangels einer zumutbaren Anreisemöglichkeit storniert. Czapla bedauerte dies, denn er habe sich auf ein Wiedersehen mit Menschen gefreut, mit denen er im Zusammenhang mit seiner Arbeit zu tun hatte. Schließlich merkte er an, er habe das Gefühl gehabt, dass man ihn bei der Buchvorstellung gar nicht so gern dabei haben wollte. "Die Angst, ich könnte ein paar kritische Worte sagen, war, glaube ich, sehr groß", so seine Einschätzung. Im Vorfeld der Veröffentlichung war bekannt geworden, dass die Stiftung bei einigen Kapiteln Einfluss auf das Werk genommen hatte - beispielsweise den Bereich Testamentsvollstreckung und die Rolle des früheren Ministerpräsidenten Strauß dabei betreffend. Dass er, Cazapla, mit Wolf Streifeneder in Kontakt stand, Patenkind Friedrich Baurs und vormals einer der Geschäftsführer im Versandhaus, sei wohl nicht in deren Sinne gewesen, nachdem sich jener in einer eigenen Veröffentlichung über die "Zerschlagung" des Unternehmens sehr kritisch zu Wort gemeldet hatte. - Lesen Sie ein Interview mit Ralf Georg Czapla zu seinem Buch auf  Seite 13 .