Badekur im Blättermeer
Autor: Matthias Einwag
Vierzehnheiligen, Donnerstag, 14. Februar 2019
Die Lichtenfelser Heilpraktikerin Margit Schreppel führt durch den Forst rund um Vierzehnheiligen. "Waldbaden" nennt sie diese Exkursionen. Das Entschleunigen unseres Alltags ist ihrer Meinung nach wichtig, um gesund zu bleiben.
Die Kelten bauten Wallanlagen mit mächtigen Holzpalisaden und Zangentoren, um Feinde abzuwehren. Freunde fanden sie in den Naturgottheiten rund um ihre Siedlungen. Sie verehrten Bäume und Seen, in denen sie diese Götter vermuteten. Besonders schöne Wälder waren als heilige Haine herausragende Orte ihrer Naturreligion.
Intensives Naturerleben ist heute für die meisten Menschen eine Ausnahme. Das Leben spielt sich in Räumen, vor dem Fernseher und Computer ab. Entsprechend unausgeglichen sind die Menschen.
Das möchte die Lichtenfelser Heilpraktikerin Margit Schreppel ändern. "Stress ist die Epidemie des 21. Jahrhunderts", sagt sie. Seit einigen Jahren bietet sie Entspannungstouren durch den Wald bei Vierzehnheiligen an, aber auch bei Isling und am Kordigast. "Waldbaden - die Heilkraft des Waldes nutzen" lautet der Titel dieser vierstündigen Ausflüge, an denen sich jeweils bis zu 15 Personen beteiligen können. Es geht ums Entschleunigen, Ruhefinden, Meditieren und ums bewusste Wahrnehmen der Umwelt. "Die größte Kunst in der heutigen Zeit ist das Nichtstun", sagt die 52-Jährige.
Durch den Wald schlendern
Beim "Waldbaden" geht es nicht darum, weite Strecken zurückzulegen. Etwa fünf Kilometer lang sind die Touren. "Klassisches Waldbaden ist eine Kombination aus Gesundheitsprophylaxe, Entspannung, Achtsamkeit, Naturverbundenheit und Stressminderung", erklärt sie. Die Teilnehmer sollen dabei den Wald mit allen Sinnen wahrnehmen. Den Duft des Waldes an einem Sommertag wahrnehmen - oder nach einem ergiebigen Regen. Auf feine Geräusche lauschen. Atemübungen machen, um die Waldluft aufzunehmen. Die Rinde eines Baumes betrachten, um anschließend in die Ferne zu blicken. In den Himmel und in die Baumkronen schauen.
All das sind Inhalte des "Waldbadens", wie es Margit Schreppel anbietet. "Der Baum symbolisiert von jeher unseren Lebenswandel, das Werden - Sein - Vergehen", sagt sie, "das versuche ich nahezubringen und bewusst zu machen."
Kaum eine Generation, fährt sie fort, habe sich so weit von der Natur entfernt wie unsere heutige, "keine Generation hat so viel Zeit in viereckigen Räumen verbracht." Die Heilpraktikerin, die zudem examinierte Krankenschwester ist, fügt hinzu: "Je weiter sich der Mensch von der Natur entfernt, desto weiter entfernt er sich von der Gesundheit." Beim "Waldbaden", verändere sich der Blickwinkel aufs Leben, die Pulsfrequenz normalisiere sich, die Atmung werde besser. "Die Zeit bekommt eine andere Dimension - man vergisst Ort und Zeit."
Sich hinsetzen und nichts tun
Sich einfach im Wald hinsetzen und nichts tun - auf diese Formel lässt sich das "Waldbaden" bringen. Langsames Gehen und meditative Einheiten seien wichtige Elemente, denn die Teilnehmer sollen herunterfahren, den Stress und die Hektik des Alltags vergessen. Das sei anders als beim Wandern, Joggen oder Biken. Sie habe schon Menschen gesehen, die hätten sich an einen Baum gelehnt und seien dort eingeschlafen - ganz im Einklang mit der Natur.