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Aufhören, wenn's am schönsten ist


Autor: Ramona Popp

Lichtenfels, Montag, 06. Januar 2014

Gertraud Dorsch hat mit den Musik-Abenden im Bahnhofsbistro das kulturelle Leben in Lichtenfels bereichert. Jetzt wird sie die Reihe beenden. Die letzten vier Konzerte stehen an.
Gertraud Dorsch in dem von ihr betriebenen Bahnhofsbistro. Kaffeetrinken im Jugendstil-Ambiente wird dort auch weiterhin möglich sein - allerdings nicht mehr am Abend bei Live-Musik. Foto: Ramona Popp


Wenn Gertraud Dorsch zu Live-Musik ins Lichtenfelser Bahnhofsbistro eingeladen hat, war die Bude voll. Da kamen schon mal an die 200 Leute. Mehr als das, was sie sich bestellten, brauchten sie nicht zu bezahlen, denn der Eintritt war immer frei. Die Abende, vor zehn Jahren zum ersten Mal angeboten, wurden Kult, und auch Gertraud Dorsch fühlte sich wohl in dieser "netten Fan-Familie", wie sie das Publikum beschreibt. Nun soll Schluss damit sein, wie die Pächterin kundtut.

Im Gespräch merkt man ihr an, dass sie nicht auf ihr Bauchgefühl gehört hat, als sie diese Entscheidung getroffen hat. Aber alles ist wohlüberlegt. Sie sagt, sie habe es sich nicht leicht gemacht, mit den Bands gesprochen, die über all die Jahre immer gern im Bahnhof aufgetreten sind. "Aufhören, wenn es am schönsten ist", soll die Devise sein, damit man diese Konzerte in guter Erinnerung behält. "Ich wollte vermeiden, dass es sich totläuft", betont sie.

Nach zehn Jahren sah sie den richtigen Moment gekommen.

"Ich werde auch älter", argumentiert die Lichtenfelserin, deren Tage um 3.45 Uhr beginnen. Das Café im Bahnhof öffnet um 5.30 Uhr und Gertraud Dorsch schließt auf. Seit 44 Jahren ist sie im Bahnhof, zuerst führte sie mit ihrem Mann die Buchhandlung, seit zehn Jahren ist sie Pächterin des Bistros. Die Musik-Abende sollten eine Werbung für das Lokal sei, erzählt sie, denn das Image "Bahnhof = schmuddelig" war und sei häufig immer noch in den Köpfen der Leute. Sie wollte und will vom Gegenteil überzeugen, eine angenehme Atmosphäre bieten. Eine ordentliche öffentliche Bahnhofstoilette war ebenfalls ein Anliegen, für das sie eintrat. Die Umsetzung lag indes nicht in ihren Händen...

Nebenbei hat Gertraud Dorsch dafür gesorgt, dass der Lichtenfelser Bahnhof das Prädikat "der wahrscheinlich musikalischste Bahnhof Deutschlands" bekam. Die Musik-Abende sieht die Pächterin, die übrigens entgegen anderer Behauptungen nicht beabsichtigt, auch das Bistro aufzugeben, als ein soziales Engagement an. Denn auch wenn die Live-Auftritte für sie "die schönste Nebensache" gewesen seien, stelle deren Organisation einen Kraftakt dar. Und: "Reich wird man davon nicht", denn die Bands spielen nicht umsonst, auch wenn man gratis zuhören kann.

Vier Konzerte werden nun bis zum April noch stattfinden. Den Anfang dieser Abschiedsserie macht das Duo "Swinging' Easy" mit Axel Keilhack und Harald Fischer. Mit den beiden Lichtenfelsern hatte Gertraud Dorsch die Reihe vor zehn Jahren gestartet. Dazu gibt es eine historische Bilderreise durch die Stadt. "Vielleicht werden dabei ja auch neue Träume wahr", spekuliert die Initiatorin.

Auch für die Rekrutierung der weiteren Bands der erfolgreichen Reihe hatte sie persönliche Bekanntschaften genutzt; auch bei der "Revival-Band" oder bei "MoJo" sind Lichtenfelser tonangebend. Gerd Löffler, einer der Musiker, glaubt sogar, ohne das Bistro als Sprungbrett wäre die Revival-Band nicht das geworden, was sie jetzt ist. Der Schluss-Akkord im April wird von ihr stammen. Und der Wirtin sagt Löffler für die unvergesslichen Abende schon jetzt "Danke, Gerti."

Die letzten Konzerttermine (donnerstags, ab 20 Uhr, im Bistro-Café Dorsch im Lichtenfelser Bahnhof, Eintritt frei):

16. Januar Swingin' Easy - Pop, Blues, Boogie und Swing. Dazu gibt es eine Bilderreise in die Lichtenfelser Vergangenheit.

6. Februar MoJo - die Kultband mit Rock, Swing und Blues

13. März Orange Shakers - Blues, Rock, Soul und Funk.

3. April Revival Band - Die Band hat sich dem Sound der 60er und 70er Jahre verschrieben.