Druckartikel: Auf dem Feld der Archäologie noch viel zu tun

Auf dem Feld der Archäologie noch viel zu tun


Autor: Matthias Einwag

Klosterlangheim, Mittwoch, 29. Januar 2020

Bernhard Christoph, der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kreistag, kandidiert bei den Kommunalwahlen im März nicht mehr. Andere Aufgaben ersetzen die Politik: Der 65-Jährige möchte sich stärker der Archäologie und seiner Familie widmen.
Bernhard Christoph wird dem nächsten Lichtenfelser Stadtrat und dem  Kreistag nicht mehr angehören. Vor ihm liegen symbolisch eine "Opa"-Krone, denn er möchte sich künftig mehr seiner Familie widmen, und die Fundstücke eines Feldes bei Lahm, wo ein steinzeitliches Dorf stand und seine Frau Rosi  am Dreikönigstag   den Bronze-Armreif fand, den er in Händen hält. Foto: Matthias Einwag


Am Dreikönigstag suchten Rosi und Bernhard Christoph einen unscheinbaren Acker am Ortsrand von Lahm auf der Jura-Hochebene auf. Hier hatten sie Anfang der 1980er Jahre eine Siedlung aus bandkeramischer Zeit entdeckt. An diesem Januartag fand das Ehepaar aus Kosterlangheim beim Absuchen relativ schnell Tonscherben und Steinklingen, was eben nach ein paar Tausend Jahren so übrig geblieben ist von einem Steinzeitdorf. Doch dann entdeckte Rosi Christoph etwas Besonderes, einen kleinen Armreif aus Bronze. Offenbar eine Grabbeigabe aus einer Einzelbestattung.

Solche Funde sind selbst für so versierte Kenner der Geschichte und Topographie nicht alltäglich. 30 bis 40 Steinbeile haben die beiden bei ihren Exkursionen in den vergangenen Jahrzehnten entdeckt und Hunderte Zeugnisse früherer Kulturen. "Interessant ist der Beleg, dass so etwas an einem bestimmten Ort gefunden wurde, nicht das Teil an sich", sagt Bernhard Christoph.

Was steckt im Boden?

Als ehrenamtlicher Mitarbeiter des Landesamts für Denkmalpflege ist er so etwas wie der verlängerte Arm dieser Behörde. Begonnen hat das 1978. Als Student hatte Bernhard Christoph im Fränkischen Tag gelesen, dass in Prächting archäologische Ausgrabungen stattfinden. Weil er Semesterferien hatte und neugierig war, fuhr er hin, um zuzusehen. Den Neckereien der Ausgräber konnte er nicht lange widerstehen: "Es hat nicht lang gedauert, da war ich in dem Loch drin und hab mitgemacht", erinnert er sich.

Die Funde und seine Erfahrung aus über 40 Jahren ehrenamtlicher Arbeit fürs Landesamt möchte Bernhard Christoph nun zu Papier bringen. "Ich muss dringend viel mehr schreiben", sagt er. Die Topographie der alten Verbindungen zwischen den Dörfern müsse festgehalten werden; im Denkmalatlas seien falsch kartierte Kleindenkmale (Grenzsteine, Martern) zu korrigieren; einige sind noch nicht einmal in die Denkmalliste aufgenommen, was jedoch erforderlich sei, denn nur wenn es in dieser Liste stehe genieße ein Denkmal staatlichen Schutz. Überall im Landkreis gebe es Baustellen, die archäologisch begleitet werden müssen - und vielerorts finde unbeobachtete Zerstörung statt, meist unabsichtlich, denn "die Leute wissen's nicht".

Manchmal gilt es auch, ein Flurdenkmal davor zu retten, von der Vegetation überwuchert zu werden oder einen umgefallenen Kreuzstein wieder aufzustellen, bevor er im Boden verschwindet. "Wir müssen wissen, wie es war, weil wir sonst unser Gesicht verlieren."

Und dann ist da noch die "Sammlung Werner", die derzeit ungeordnet im Depot liegt - ein ungemein wertvolles Sammelsurium bedeutender vorgeschichtlicher Relikte, die von Andreas Werner in den 1980er Jahren am Schneyer Berg zusammengetragen wurden. Die Datierung dieser Artefakte "huscht über die Zeiten hinweg", sagt Bernhard Christoph, weshalb es eminent wichtig wäre, diesen Schatz zu ordnen, damit er für wissenschaftliche Forschungen zur Verfügung steht.

All diese Projekte möchte der 65-jährige Diplom-Ingenieur nun anpacken, der in einigen Monaten als Fachbeauftragter für Tunnel und Erdbauwerke der Deutschen Bahn Netz AG pensioniert wird. "Ich habe in den vergangenen Jahren immer unter Druck gearbeitet, das muss nun anders werden", erklärt er seinen Entschluss, sich aus der aktiven Lokalpolitik zurückzuziehen. "Ich möchte mich künftig mehr um meine Frau Rosi, meine Kinder und unsere beiden Enkel kümmern", fügt er hinzu.

Seit 1988 gehört Bernhard Christoph der Partei der Grünen an, seit 1996 hat er einen Sitz im Lichtenfelser Stadtrat, war von 2008 bis 2014 Dritter Bürgermeister und ist seit 2008 im Kreistag, in den vergangenen Jahren als Grünen-Fraktionsvorsitzender.

Mehr Bäume pflanzen!

Leicht fällt es ihm nicht, sich aus der Politik zurückzuziehen. "Wir wollen, dass die Frauen auf den Listen nach vorne kommen - und dass sie hineingewählt werden in die Kommunalparlamente und in den Kreistag", sagt er, "und das ist ein weiterer Grund, warum ich aufhöre." Seinen Nachfolgerinnen und Nachfolgern wird es nicht an Betätigungsfeldern fehlen, das weiß er. Vom Logistikhallenbau im Maintal bis zu den Herausforderungen des Klimawandels reicht die Palette. "Wir haben einen der schönsten Landkreise - und wir sind dabei, ihn zu zerstören", mahnt er. "Was wir erleben: Uns fehlen Bäume, Bäume, Bäume!" Einen besseren klimatischen Ausgleich als jenen, den Bäume bieten, gebe es nicht. Und doch würden noch immer Radwege angelegt, die von keinem einzigen Baum flankiert werden. Eine rühmliche Ausnahme biete der 3D-Campus von Concept Laser in Lichtenfels: "Hier ist es gelungen, die pflanzen Bäume."

Den Staffelberg als Ganzes sehen

Seit 1978 ist Bernhard Christoph in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege damit beschäftigt, Licht in die Geschichte der Keltensiedlung auf dem Staffelberg zu bringen. Über das Projekt, am Staffelberg ein keltisches Zangentor zu rekonstruieren, sagt er: "Wir sollten das entzerren, uns nicht auf einen einzigen Punkt, das Zangentor, fokussieren." Die tatsächliche Dimension des Tores habe sich im Lauf der Grabungen der vergangenen beiden Jahre erst herausgestellt. Bei einer Rekonstruktion gehen die Statiker nun auf Nummer Sicher, weil sie ein solches Bauwerk nicht kennen. Die Fundamente werden auch deshalb entsprechend opulent, sagt er. Zu keltischer Zeit war Naturschutz keine Frage, da baute man etwas Wuchtiges hin - zumal das Torhaus die imposante Pforte des Fürstensitzes war, fährt er fort, "Es sollte uns um den gesamten Staffelberg gehen, statt alles auf ein Einzelprojekt zu packen", ergänzt er. Es komme darauf an, das Umfeld des Bergs einzubeziehen und all das herauszuheben, was am Staffelberg erkennbar ist. "Wir sollten alle wichtigen Elemente des keltischen Oppidums in Szene setzen, anstatt isoliert ein einziges großes Bauwerk als Zangentor zu errichten: Wo standen Häuser, wo verliefen Wege und wo ist der Himmelsteich?"